Der unersättliche Spinnenmann
Tank.«
»Einen Tank wie im Krieg? Du malst ein Bild?«
»Nein. Einen Wassertank. Ich schmirgele ihn ein wenig ab, damit ich ihn lackieren kann.«
»Aha.«
Ich will ihr nicht sagen, dass ich genervt bin und aus dem Lot und dass ich Händel höre. Das ist die Wahrheit, auch wenn es gemein klingt. Wir verabschieden uns. Ich höre weiter den »Messias«. Fünf Minuten. Dann wieder das Telefon. Haymé. Eine wunderschöne Schwarze. Na, vielleicht nicht ganz. Mir scheint sie wunderschön. Schlank und groß. Sie lacht immer und über alles. Ist ungeheuer pragmatisch. Wir waren Nachbarn und hatten über zwei, drei Jahre eine erotische Beziehung. Sie wollte etwas Ernsteres. Immer wollen sie etwas Ernsteres. Ich nicht. Und schon gar nicht mit Haymé. Ich bin nicht gern mit ungeheuer pragmatischen Leuten zusammen. Eine solche Frau hat mich mal ziemlich kräftig in den Arsch getreten. Vor Silvia. Das hat gereicht. Haymé ist irgendwann weggezogen. Sie hat eine Beziehung mit einem sehr weißen Typ. Sie wohnen zusammen, und sie hat gerade ein Kind bekommen.
Ohne Zweifel ist der Typ der Vater, denn Haymé ist sehr dunkel, und das Kind ist ein heller Mulatte mit glatten Haaren. Er heißt Yonismí. Er ist schon zwei Monate alt.
»Wo hast du denn den Namen her?«
»Aus einer Fernsehserie.«
»Welche Serie?«
»Eine amerikanische, mit Polizisten.«
»Ist das vielleicht Johnny Smith?«
»Ja, genau der. Johnny Smith.«
»Ahh.«
Wir reden weiter, und ich habe das Gefühl, dass sie Lust zu vögeln hat. Vor vier Monaten haben wir uns gesehen, haben uns zufällig auf der Straße getroffen. Sie sah super aus mit ihrem Riesenbauch, im siebten Monat schwanger, und mit dem Bauchnabel, der sich durch den Kleiderstoff abdrückte, geschwollenen Brüsten, sehr dicken Lippen, dem knackigen Hintern, der so aufsehenerregend daherkam wie der Bauch. Ich schlug ihr vor, ein paar Aktfotos zu machen. Sie war begeistert:
»Bin ich wirklich so schön?«
»Noch schöner. Du siehst aus wie eine afrikanische Königin.«
»Oh.«
Am Ende schaffte sie es nie die Treppe zu meiner Wohnung hinauf, weil es Komplikationen gab; das Kind wollte zu früh kommen. Bei ihr zu Hause konnten wir die Fotos nicht machen. Ihr Mann ist Automechaniker und hat seine Werkstatt nebenan. Schließlich sahen wir uns nicht mehr, und sie bekam ihr Kind. Jetzt taucht sie wieder auf.
»Wann sehen wir uns, Haymé?«
»Wann du willst. Ich bin ganz in deiner Nähe.«
»Wo bist du denn?«
»Bei meiner Mutter.«
»In fünf Minuten bin ich da. Warte an der Tür auf mich.«
Die Mutter wohnt einen Block von mir entfernt. Ich warf mich in mein Herzensbrecher-Outfit: ärmelloses T-Shirt und Baseballmütze. In zwei Minuten war ich da. Ich machte mir schon Hoffnungen. Oft hatten wir dort im Wohnzimmer gevögelt. Ein Stuhl, den ich gegen die Wand stellte, gefiel uns besonders. Sie setzte sich rittlings auf mich. Sie hat sehr lange Beine, und in dieser Position machte sie die tollsten Sachen. Unvergesslich. Sie rief mich an, wenn ihre Mutter zur Arbeit ging, und schon war ich drüben, wie ein Formel-1-Rennwagen: laut und schnell und mit einer Wahnsinnserektion. Jetzt erwartet mich Haymé mit ihrem Kind auf dem Arm. Sie hat riesige, runde, appetitliche Brüste. Viele Leute sind da. Die Mutter sieht mich böse an. Wie sie es immer getan hat. Ich bin weiß und fünfzehn Jahre älter als ihre Tochter. Sie ist eine rassistische Schwarze, die alte Hexe. Einmal hat sie es mir gesagt: »Mich nerven die weißen Bürschchen, die sich wer weiß wie toll finden.« Ich antwortete: »Ich finde mich nicht toll, gnädige Frau. Ich bin immer toll gewesen. So toll, dass die Frauen mich aushalten.« Sie meinte: »Widerliches weißes Bürschchen, ha.« Seit dem Tag grüßen wir uns nicht mehr. Wir ertragen uns gegenseitig nicht. Jetzt läuft die gute Frau ein paar Mal an uns vorbei, und natürlich sehen wir uns nicht an. Sie denkt sicher, dass ich im völlig falschen Moment wieder auf der Bildfläche erscheine. Ich tue so, als käme ich zufällig am Haus vorbei und: Oh, welch eine Überraschung, Haymé und der kleine Johnny Smith! Sie sagt, dass jede Titte jeden Tag zwei bis drei Liter Milch gibt und dass sie ihr wehtun, wenn der Kleine dran saugt, und Yonismí ist immer am Saugen. In allen Einzelheiten erzählt sie mir die Geschichte von der Geburt und dass sie in ein paar Tagen sechsunddreißig Jahre alt wird und sich eigentlich schon zu alt findet, ein Kind zu bekommen. Das Baby ist unruhig und weint
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