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Der Unheimliche

Der Unheimliche

Titel: Der Unheimliche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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Hafen stand vom schräg über den Kittel
geschrieben, ebenfalls in einer kühnen Kurve.
    Da stand sie nun und wartete
geduldig darauf, daß ich mich von meinem Schock erholte. Das kam wohl jedesmal vor, wenn sie einem Mann begegnete, der sie noch
nicht kannte. Sie mußte warten, bis er nach dem betäubenden Schlag wieder zu
sich kam. Danach mußte sie sich mit allen Kräften seiner erwehren.
    »Sie wollten mit mir über Leila
reden?« begann sie.
    »Richtig.« Ich hatte meine
Stimme wiedergefunden. »Wie ich von Mr. Rochnoff hörte,
haben Sie mit ihr zusammengearbeitet?«
    »Ja, stimmt«, sagte sie. Ihre
Stimme war wie das leise Seufzen des Passats, der einen Sarong bläht; der Tonfall wohl der gleiche, dessen sich Eva bediente, als sie Adam den
Apfel anbot.
    Es fiel mir schwer, mich zu
konzentrieren. Ich ließ den Rest meiner Zigarette in eine Vase mit weißen
Lilien fallen und zündete mir eine neue an.
    »Wissen Sie, was ihr zugestoßen
ist?« fragte ich sie.
    Sie nickte. »Mr. Rochnoff hat es mir erzählt. Ich habe sie ja eigentlich
kaum gekannt, aber es trifft einen doch sehr, wenn es sich um jemanden handelt,
den man auch nur flüchtig kannte. Nicht wahr?«
    »Gewiß«, antwortete ich.
    Jedesmal wenn sie ein- und ausatmete,
veränderte sich ihr Kittel erheblich. Das war aufregend.
    »Hat sie viel mit Ihnen
gesprochen?«
    Sie schüttelte leicht den Kopf.
»Nein. Sie war zwar freundlich, hielt sich jedoch ganz für sich.«
    »Hat sie etwas davon gesagt, wo
sie gelebt hat, bevor sie nach Pine City kam? Wo sie
früher gearbeitet hat oder irgend etwas dergleichen?«
    »Nein. Leider nicht.«
    »Hat sie vielleicht einmal
irgendwelche Verwandten erwähnt? Eltern, Mann, Geschwister?«
    »Nein.«
    Ich nahm einen tiefen Zug.
»Innerhalb von drei Wochen muß sie doch einmal etwas gesagt haben?«
    »Unsere Arbeit erfordert große
Konzentration, Lieutenant.« Drusilla lächelte mitleidig.
»Normalerweise reden wir bei der Arbeit nur ganz wenig miteinander. Es tut mir
leid.«
    »Aber sie muß doch noch über
etwas anderes gesprochen haben als nur über das Wetter! Können Sie sich nicht
an irgend etwas erinnern, was sie gesagt hat, so
unwesentlich es Ihnen auch erscheinen mag?«
    Sie dachte einige Augenblicke
angestrengt nach. »Ja, einmal hat sie davon geredet, wie sehr sie dieses kalte
Wetter hasse und wie schön das Klima in Kalifornien wäre.«
    »Das ist schon etwas. Fällt
Ihnen nicht noch irgend etwas anderes ein?«
    »Ja, da wäre noch etwas«,
erklärte sie nun langsam. »Das war vor etwa drei oder vier Tagen. Sie sagte,
sie hätte eine Verabredung, die sie aber nicht einhalten wolle; aber der Mann
erwartete sie draußen nach der Arbeit, und so meinte sie, sie würde ihm wohl
nicht entgehen können.«
    »Hat sie nicht seinen Namen
erwähnt?«
    »Douglas«, sagte Drusilla . »Ja, sie sagte, er hieße Douglas, und wenn jemals
ein Name zu einem Mann nicht gepaßt hat, so war es
hier der Fall. Ich ging an diesem Abend zusammen mit Leila hinaus und sah ihn.«
Ein leichtes Lächeln spielte um ihren Mund. »Ich muß zugeben, Lieutenant, ich
war ein wenig neugierig, Douglas zu sehen.«
    »Wie sah er denn aus?«
    »Etwa mittelgroß, ungefähr Ende
Dreißig. Sehr mager, helles Haar und eine große Hornbrille.«
    »Wie war er gekleidet?«
    »Das ist mir gar nicht
aufgefallen, also wird es ganz alltäglich gewesen sein. Er sah aus wie ein
Büroangestellter oder etwas dergleichen. Nichts Aufregendes.«
    »Hat sie am nächsten Morgen
etwas von ihm erzählt?«
    »Nicht ein Wort. Sie hat am
nächsten Tag keinen Ton gesagt — nur >hallo<, als sie hereinkam.«
    »Nichts weiter?«
    »Nichts, dessen ich mich jetzt
entsinnen könnte, Lieutenant.«
    »Ich danke Ihnen jedenfalls
vielmals«, sagte ich. »Sollte Ihnen noch etwas einfallen, melden Sie sich
bitte.« Ich gab ihr meine Karte. »Unter dieser Nummer können Sie mich immer
erreichen.«
    »Selbstverständlich, Lieutenant.«
    Plötzlich kam mir ein Gedanke.
»Hat ein gewisser Lieutenant Hammond Sie heute schon ausgefragt?«
    »Ja, gewiß.« Sie lächelte.
»Aber wenn ich zwischen Polizisten zu wählen hätte, wäre mir Ihre Art lieber, Lieutenant.
Sie sind ein wenig menschlicher, wenn ich das sagen darf.«
    »Sie dürfen«, antwortete ich.
»Und falls Ihnen noch etwas einfallen sollte, wie wäre es, wenn Sie es erst mir
sagten — und nicht Hammond?«
    »Mit Vergnügen, Lieutenant.«
Sie lächelte mich strahlend an.
    Als sie hinausging, war der
Kittel eine einzige Harmonie anmutiger

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