Der Unheimliche
erfahren.«
»Kann ich etwas dafür, wenn die
Geschäfte gut gehen?« fragte er.
Zehn Minuten später befanden
wir uns wieder im Hafen der Ruhe. Die Blondine sah noch immer farblos
aus. Offensichtlich hatte sie sich Rochnoffs Rat
nicht zu Herzen genommen.
Er führte mich an ihrem Tisch
vorbei zu einem Fahrstuhl, und wir sausten in den zweiten Stock hinauf. Wir
gingen über einen Flur und blieben dann vor einer geschlossenen Tür stehen.
»Entschuldigen Sie mich einen
Augenblick«, sagte er. Er öffnete die Tür und warf einen Blick in den Raum.
»Schon gut«, sagte er. »Sie können hereinkommen, es ist frei.«
Er betrat den Raum, und ich
folgte ihm. Ein Schwall von Nelkengeruch schlug mir entgegen und hüllte mich
ein wie eine Wolke. Die einzigen Gegenstände in diesem Raum waren ein paar
Urnen und Blumenständer, die nun leer waren. An der gegenüberliegenden Wand
stand eine riesige Couch.
»Das ist der >Raum der
Stille<«, erklärte er.
»Wenn ich nicht wüßte, welchem
Gewerbe Sie huldigen, würde ich sagen, daß das die größte und tollste Filmcouch
ist, die ich jemals gesehen habe.«
Seine Stimme wurde
salbungsvoll, und er legte die Fingerspitzen zusammen. »Das ist kaum der Ort
für solche Scherze, Lieutenant. Es ist der Besichtigungsraum.« Er machte eine
Handbewegung auf die Couch zu. »Dort legen wir sie hin, bevor sie in den Sarg
kommen. Manchmal hat man ja Fälle, bei denen jemand sich vergewissern will, wie
unsere Arbeit ausgefallen ist. In unserem Gewerbe begegnet man schon recht
seltsamen Leuten.«
Ich tupfte mir mit dem
Handrücken den kalten Schweiß von der Stirn. »Sicher«, stimmte ich ihm zu. Ich
fragte mich, ob er wohl die Gänsehaut, die mich überlief, von dort, wo er
stand, sehen könnte.
Er trat zur Couch, setzte sich
und nahm einen Telefonhörer von dem kleinen Tisch neben der Couch. »Warum
setzen Sie sich nicht?« fragte er. »Machen Sie es sich bequem.«
»Nein, danke.« Ich betrachtete
wieder die Couch. »Ich glaube, ich bleibe lieber stehen, falls es Sie nicht
stört.«
»Ganz wie Sie wollen«,
antwortete er leichthin. Dann sprach er in den Apparat. »Sagen Sie Drusilla , sie soll gleich mal in den >Raum der
Stille< heraufkommen.« Er legte den Hörer wieder hin und sah mich an. »Sie
wird gleich da sein, Lieutenant. Macht es Ihnen was aus, wenn ich Sie jetzt
allein lasse? Wenn Sie mich nachher noch sprechen wollen, wird die Sekretärin
am Empfang mich holen.«
»Gut«, sagte ich. »Vielen
Dank.«
»Nichts zu danken.«
Er gelangte bis zur Tür und
schien dann plötzlich zu zögern. Er sah zu mir zurück. »Wenn Ihre Behörde Leila
nicht mehr braucht«, sagte er, »hätte ich sie gern. Ich möchte es schön für sie
machen, verstehen Sie? Soll einen feuerplattierten Sarg bekommen und
dergleichen. Auf Kosten des Instituts.«
»Das ist sehr großzügig von
Ihnen, Mr. Rochnoff «, erwiderte ich ernst.
»Oh, das ist nichts«, erklärte
er bescheiden. »Mir ginge es gegen den Strich, wenn sie — doch eine vom Bau —
einem Stümper in die Hände fiele!« Ich hatte das unangenehme Gefühl, daß er
beabsichtigte, sie selber zu behandeln. Daß ihm sehr viel daran lag.
Er ging hinaus und schloß die
Tür hinter sich. Ich fuhr mir mit der Hand über die Stirn, und die Hand wurde
ziemlich feucht. Ich zündete mir eine Zigarette an und fühlte eine leichte
Besserung, als ein paar Züge meine Nerven besänftigten.
Sie brauchten entweder
Besänftigung oder Aufmunterung. Ich konnte mir Drusilla vorstellen: eine als Frau verkleidete Fledermaus. Ein Wesen, das nachts an
einem vorbeistrich und eine schrille Stimme hatte.
An der Tür vernahm ich ein
leises Klopfen. Sie wurde geöffnet, und die Fledermaus trat ein. Sie sah mich
an und lächelte. »Lieutenant Wheeler? Ich bin Mr. Rochnoff auf dem Gang begegnet, und er sagte mir, weswegen Sie mich sprechen wollen.«
Wenn das eine Fledermaus war,
so wollte ich mit den Zehen am nächsten Baum hängen! Sie hatte eine rothaarige
Mähne, die in Wellen auf ihre Schultern herabfiel. Sie hatte rote, volle
Lippen, die eine ganz andere Sprache redeten als die Wörter, die sie formten.
Ihre Augen waren ein wenig schräg und von grünlichem Schimmer.
Sie trug einen weißen Kittel,
der die schwellenden, großzügigen Körperformen nicht verbarg. Im Gegenteil. Er
schien sie besonders herauszuheben, schmiegte sich dort an, wo es zum Vorteil
gereichte, und hob plastisch hervor, wo eine leichte Akzentuierung noch eine
Verbesserung bedeutete. Das Wort
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