Der unsichtbare Killer
separate Büros unterteilt. Das Gebläse der Klimaanlage rasselte, während es einen Luftstrom erzeugte, dessen Temperatur drei Grad unter angenehm lag, der blaugraue Teppichboden war abgenutzt und fleckig, die Möbel hatten gute zehn Jahre auf dem Buckel, aber dafür war das Netzwerk-System im vergangenen Jahr komplett auf den neuesten Stand gebracht worden. Sid wusste, dass es einzig und allein darauf wirklich ankam; und O’Rouke wusste es offenbar auch. Lediglich fünf der Abteilungen im dritten Stock waren in den letzten vier Jahren modernisiert worden.
Detective Dobson leitete das Nachtschicht-Team, das aus drei Detectives bestand, welche die ersten Maßnahmen abarbeiteten, die Sid mit ihr beim Schichtwechsel in der vergangenen Nacht besprochen hatte. Sie grüßte ihn mit einem knappen Nicken und winkte ihn gleich in eines der Glasbüros durch.
»Die Datenabfrage läuft«, teilte sie ihm dort mit. »Wir laden seit heute Morgen fünf Uhr die gespeicherten Erinnerungen des Überwachungsnetzes am Flussufer herunter. Bis zur A1-Brücke hoch und zwei Straßen stadteinwärts auf jeder Seite.«
»Danke. Wir weit ist es bis zu der Brücke?«
»Etwa siebeneinhalb Kilometer, aber ich hab das entsprechende Straßen-Makronetz mit einbezogen, sodass du dir den Fahrzeugverkehr ansehen kannst. Das sind eine ganze Menge Speichererinnerungen.« Sie seufzte und senkte ihre Stimme. »Es gibt allerdings ein paar Lücken.«
»Wohl unvermeidlich bei dem Schnee.«
»Vielleicht. Schau’s dir am besten mal an.«
»Oookay. Haben wir schon seine Identität?«
Sie sah ihn bedauernd an. »Ich glaube, es könnte ein North sein.«
»Schlaumeierin. Welcher? Wissen wir überhaupt, wie viele es eigentlich von denen gibt?«
»Schwer zu sagen. Northumberland Interstellar ist bezüglich der Frage, wie oft Augustine Papa geworden ist, nicht gerade sehr mitteilungsbedürftig.«
»Die meisten 2er wurden doch von Ersatzmüttern geboren, oder? Diese Kinder kamen nur auf die Welt, um die Zahl der Norths in den leitenden Positionen bei NI zu erhöhen.«
»Kommt drauf an, welche Skandalseite mit Enthüllungsgeschichten man aufruft. Aber soweit ich es eruieren konnte, gibt es nur knapp hundert davon. Allerdings darf man die ganzen 3er nicht vergessen; sind muntere Kerlchen, unsere Norths. Gottlob schießt die Kurve nicht exponentiell in die Höhe. Die 2er sind keine großen Kinderkrieger. Warum sollte man auch, wenn man weiß, dass der eigene Sohn ein paar Neuronen zu wenig im Oberstübchen hätte. Schade, dass die 3er nicht genauso viel Einsicht besitzen – da draußen laufen jede Menge durchtriebene kleine Goldgräberinnen herum, die nur darauf warten, dass ihnen ein 3er ins Netz geht und sie sich dessen Unterhaltszahlungen an Land ziehen können. Wir haben also null Ahnung, wie viele 4er noch in der Gegend rumschwirren.«
»Was schätzt du?«
»Grob überschlagen vielleicht an die dreihundertfünfzig. Könnten aber auch, wie gesagt, mehr sein.«
»Und unser Spezi ist von niemandem als vermisst gemeldet worden?«
»Er ist seit höchstens elf Stunden tot. Es ist noch zu früh. Ich denke, im Verlauf des Vormittags wird wohl irgendjemand anfangen, sich Gedanken zu machen.«
Sid warf einen Blick in die Abteilung hinaus, wo soeben Ian eingetroffen war und sich jetzt mit der Nachtschicht unterhielt. »Haben die Medien etwas mitbekommen?«
»Nein. Aber während wir instruiert wurden, hat O’Rouke zwei Techniker beauftragt, Überwachungsprogramme ins Network zu implementieren, die uns alarmieren, sobald was auftaucht. Der Chef hat jedem von uns persönlich verklickert, was er zu tun gedenkt, falls irgendwer was durchsickern lässt. Ich denke, was das betrifft, droht so weit keine Gefahr.«
»Das wird nicht so bleiben. Aber danke, dass du die Sache unter Verschluss gehalten hast.«
»Immer gern. Ich übergebe dann hiermit.«
»Klar.« Sid legte seine Hand über das biometrische Feld der Zone-Konsole und befahl seiner E-I, ihn in den Fall einzuloggen. Das Revier-Network bestätigte seine Anfrage, und im nächsten Moment schalteten die Schreibtischsysteme in dem Büro auf seine personalisierten Programme in deren individuell angepasstem Layout um. »Existiert ’ne Wettkasse?«, fragte er beiläufig.
Dobson grinste ihn dünn an. »Ganz sicher nicht, das würde nur die Polizei in Verruf bringen. Allerdings schuldest du mir hundert Eurofrancs, wenn du dich nach Mittag noch in diesem Zimmer befindest.«
»Oh, besten Dank auch, Liebelein.
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