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Der unsichtbare Killer

Der unsichtbare Killer

Titel: Der unsichtbare Killer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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sie hatte sich gebremst, statt so viele Wahrheiten preiszugeben, wie es andere in diesem diabolischen Raum zweifelsohne getan hatten. Sie hatte die eine Wahrheit vor ihnen abgeschirmt, die ihr den Willen zum Leben, Kämpfen und zum Erhalt ihrer geistigen Gesundheit verlieh.
    Im flackernden Licht der bedrängten Atmosphäre nahm sie den Welpen fester in die Arme und zwang sich dazu, sich zu beruhigen. Überraschenderweise schlief sie in dieser behaglichen Lage schon bald wieder ein.
    Eine Stunde später weckten sie die Vorbereitungen fürs Frühstück. Paresh hatte sie inzwischen fest umschlungen. Die Legionäre saßen um sie herum und grinsten sie wissend an. Sie zuckte zur Antwort mit den Schultern und stieß ihn an, damit er aufwachte.
    Madeleine und die anderen zivilen Mitarbeiter waren schon seit einer Weile wach. Das Frühstück war bereits unterwegs, als Angela und Paresh zum Tresen trotteten. Das rosafarbene Licht der Dämmerung schien durch die Fenster des Kantinenzelts und gab den Blick auf einen weiteren erbärmlichen Morgen frei. Die Schlafutensilien waren alle an ein Ende des Zelts geräumt worden, die Tische standen auf der anderen Seite, die Tresen in der Mitte. Über ihnen war das Zeltdach geflickt und mit einem Netz verstärkt worden, um es gegen weitere Hagelgüsse zu rüsten.
    Hinterher ist man schlauer , dachte Angela. Sie holte sich eine große Tasse Tee und nahm sich ein Päckchen mit Speck und Rührei auf Toast, das sie mit einer kleineren Packung um gebratene Tomaten und Pilzen ergänzte. Sie und Paresh setzten sich zusammen hin. Er rieb sich den Schlaf aus den Augen, während sie die Versiegelung der Rationen öffnete und das Essen auf ihrem Teller auftürmte.
    »Wie du immer isst«, sagte er.
    »Ist die wichtigste Mahlzeit des Tages«, erklärte sie ihm. »Hat dir das deine Mutter nicht beigebracht?«
    »Die meisten Mädchen, die ich kenne, sind um ihr Gewicht besorgt. Das scheint dich nie zu kümmern.«
    »Ist das gut?«
    Er grinste und nippte an seinem Kaffee. »Klar.«
    »Ich habe einen schnellen Stoffwechsel. Ich muss einfach nur Sport treiben, und die Kalorien werden in Null Komma nichts verbrannt.« Angela warf einen niedergeschlagenen Blick zum Zelteingang. »Nicht, dass ich zurzeit überhaupt zum Sport kommen würde.«
    »Angela?«
    »Das klingt nicht gut. Bist du sicher, dass du das fragen willst?«
    Beinahe hätte der Welpe einen Rückzieher gemacht, aber die Frage nagte offensichtlich sehr an ihm. »Weshalb bist du hier?«
    »Was meinst du?«
    »Dir war bewusst, dass es hier ein Alien gibt, oder? Also hast du gewusst, dass wir ihm früher oder später begegnen würden.«
    »Eigentlich würde ich sagen, es ist uns begegnet.«
    »Wie auch immer. Es ist da. Es ist echt. Es bestand keine Notwendigkeit, dass du Elstons Angebot annimmst, noch einmal mit hierherzukommen. Du hättest ein paar Monate warten können. Wenn die Expedition dann zurückkehrt, wärst du freigesprochen worden. Das hast du gewusst. Du hättest dir einen Anwalt nehmen können, oder irgendwas.«
    Angela schob den Speck mit ihrer Gabel herum: Sie beobachtete Madeleine hinter dem Tresen, während das Mädchen mutig lächelte und Päckchen herüberreichte und nach zusätzlichen Ketchupbeuteln suchte, Milch in den Tee goss, Kaffee ausschenkte und Flirtversuche abwehrte. In der Personalakte des Mädchens standen nicht viele Einzelheiten, nur die Basisdaten: Geburtsort und -planet, ihre Eltern, Schule, Adresse, Bonität, ein paar Referenzen von vergangenen Arbeitgebern. Eine von Millionen zwanzigjähriger GE-Bürgerinnen, die keine Zukunft hatten. Nur dass sie keine von denen war.
    »Weshalb also?«, beharrte Paresh.
    »Hm? Oh. Bist du jemals im Gefängnis gewesen, Paresh?«
    »Nein.« Er schüttelte mitfühlend den Kopf.
    »Dann hast du keine Vorstellung, wie es ist. Ich war zwanzig Jahre lang dort, Paresh. siebentausenddreihundert Tage lang eingesperrt wie ein Tier. Und zwar für etwas, das ich nicht getan habe.«
    »Das tut mir leid.«
    »Ich hätte es noch ein halbes Jahr länger aussitzen können, ja. Aber weshalb zum Teufel hätte ich das tun sollen? In all den Jahren habe ich die Wahrheit gekannt und die Zeit im vollen Bewusstsein meiner Unschuld verbracht. Zwanzig Jahre lang hat man mich eine Lügnerin genannt. Zwanzig Jahre lang war ich ein Stück Schmutz, kein richtiger Mensch; ohne Rechte, ohne Stimme. Zwanzig Jahre lang misshandelt für etwas, das ich nicht getan habe. Zwanzig Jahre, weil die Regierung und die

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