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Der unsichtbare Killer

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Titel: Der unsichtbare Killer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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gesagt, dass sie zu einem derartigen Erholungsprogramm noch nicht bereit war. Es war viel zu früh, nach dem, was »er« getan hatte. Sogar ihre Mutter hatte angerufen, beunruhigt und in Sorge, weil die Verlobung aufgelöst worden war.
    Ians Überwachungsprogramme waren außerdem dicht an Boris Attenson dran. Heute Morgen hatte er als Allererstes die Kaution der Polizei bezahlt und den Expresszug zurück nach Newcastle genommen. Anrufe, die Ian abgefangen hatte, legten offen, wie unglücklich seine Vorgesetzten bei der Bank waren, aber im Angesicht des ganztägigen Aufruhrs auf dem Finanzmarkt glitt seine Indiskretion weit unter dem Radar der Chefetage durch. Boris war heute Nachmittag sogar ein paar Stunden im Büro gewesen.
    Nun zeigten die Überwachungsprogramme, dass Boris die St-James-Singletown durch den Eingang an der Barrack Road betrat, sich einen Tisch in der Travorl Bar suchte und einen Kaffee bestellte. Der Mesh-Sensor der Bar war so gut, dass Ian hineinzoomen und den leichten Schweißfilm auf Boris’ Stirn sehen konnte. Ein nervöser, verzweifelter Mann, der seinen Mut zusammenraffte. Tatsächlich winkte Boris, als der Kaffee erst halb ausgetrunken war, die Kellnerin herüber und bestellte einen Scotch.
    Das war alles, was Ian brauchte. Es hätte nicht besser laufen können, wenn er Boris darum gebeten hätte, sich doch bitte zu einem kompletten Arsch zu machen, sodass man die Beziehung vollkommen in die Tonne treten konnte.
    Ian öffnete die oberste Schublade seines Schreibtisches und nahm den großen Umschlag mit Beweismaterial heraus, den er heute Morgen aus dem Tresor der Market Street genommen hatte. Sobald er das Revier verlassen hatte, ging er direkt zur Monument Station und nahm die Metro zum nächsten Halt oben in der St James Station.
    Die St-James-Singletown hatte nicht viele interne Meshes in den Wohnbereichen, aber wegen des Mordes in Apartment 576B hatte Sid befohlen, dass im Gang davor Smartdust verstrichen wurde, der direkt mit dem Netzwerk der Polizei verbunden war. Die Chance, dass der Mörder an den Tatort zurückkehrte, war so gut wie ausgeschlossen, aber da der Fall so große Befugnisse und Ressourcen mit sich gebracht hatte, war ein zusätzliches Mesh kaum der Rede wert gewesen.
    Ian traf sieben Minuten, nachdem Tallulah zuhause angekommen war, im St James ein. Er hing in der Hauptlobby herum und beobachtete Boris auf seinem Raster. Schließlich stand der Banker auf und marschierte durch die Kommerzmeile der Singletown zu einer Reihe von Aufzügen für Anwohner. Er hatte ganz offensichtlich seinen Code behalten, denn die Türen öffneten sich für ihn. Ian begab sich zu den Aufzügen in der Lobby und benutzte seinen polizeilichen Zugangscode.
    Das Mesh im Gang zeigte, dass Boris vor Apartment 576B zögerte. Er konnte Tallulah nicht mehr direkt anrufen; nach den acht quälenden Anrufen heute Morgen hatte sie ihrer E-I letztlich befohlen, seinen Zugriff auf ihren Adresscode zurückzunehmen. Also musste Boris kleinlaut auf den Summer drücken. Als er auch daraufhin keine Antwort bekam, fing er an, an die Tür zu klopfen, wie ein Relikt aus dem 19. Jahrhundert. Aber es funktionierte, die Tür öffnete sich und rahmte eine müde wirkende Tallulah ein, deren Gesichtsausdruck zwischen Zorn und Bestürzung schwankte. Boris hörte sofort auf zu betteln, er schob sich praktisch in die Wohnung. Tallulah schloss die Tür.
    Am Ende des Korridors und außer Sicht wartete Ian eine Minute, dann ging er zur Tür und befahl seiner E-I, Tallulah anzurufen. Das Timing war hervorragend, er konnte gedämpfte Stimmen hören, verärgert und jämmerlich. Sie wurden beide stumm.
    »Ja?«, fragte Tallulah.
    »Hier ist Detective Lanagin. Ich bringe ein paar von den Sachen zurück, die die Forensik an sich genommen hatte. Das Labor ist inzwischen damit fertig.«
    »Oh … genau.«
    Die Tür öffnete sich. Tallulah wirkte so elend – ihre Augen waren rot vom Weinen, ihr Haar schlaff, ihre Schultern hingen herab –, sie wirkte, als wäre sie gerade von einer Beerdigung zurückgekommen. Ian wollte einfach nur jetzt sofort die Arme um sie legen.
    Boris stand an ihrer Schulter, ein Abhängiger, der dringend den nächsten Schuss brauchte. Der unbedingt seine Sache vorantreiben wollte, doch wütend über die unerwartete Störung war. Er funkelte Ian an.
    »Ich dachte, Sie wollen das alles sobald wie möglich zurück haben«, sagte Ian und reichte Tallulah den großen Plastikumschlag. Er hatte sich nicht einmal die

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