Der Untergang der Götter - Die Rückkehr (German Edition)
der Hohepriester Borams, ging schweigend voran, gekleidet in eine vollkommen schwarze Kutte, die schmucklos an ihm herunter hing und leicht über den Boden schleifte. Ihm folgten zwei weitere, jedoch grau gekleidete Priester, die die junge Frau mit sich führten. Ihre Gesichter waren abweisend, und gleichgültig wie sehr sich die Frau auch wehrte, sie wurde von den beiden einfach mitgezerrt, als besäße sie keinen eigenen Willen.
Nachdem sie einen langen, dunklen Gang durchquert hatten, der nur unzulänglich von einigen Fackeln beleuchtet wurde, öffnete sich vor ihnen eine große Halle, in deren Mitte sich ein steinerner Altar erhob, der jeden Blick sofort auf sich zog. Rings um ihn standen riesige Steinquader mit Kerzen, die den Altar in ein unstetes, flackerndes Licht hüllten. Die Halle selber verjüngte sich nach oben hin wie ein Gewölbe, und die Schatten, die die Kerzen an die Wände warfen, wirkten wie lebende Wesen, die sich voller Pein hin und her bewegten.
Als die Frau den Altar sah, schrie sie auf und versuchte sich mit aller Macht loszumachen, doch die Priester hielten sie erbarmungslos fest. Rote Spuren zeichneten sich auf ihren Armen ab.
Chrenar verneigte sich und ging dann weiter auf den Altar zu, den Kopf leicht gesenkt. Vor dem Altar blieb er stehen und wartete, bis seine Begleiter das Mädchen niedergelegt und an Händen und Füßen gefesselt hatten. Sie gebärdete sich wie toll, doch es half ihr nichts gegen die erbarmungslosen Männer, und nach einer Weile wurde sie ruhiger und blickte die Priester voller Angst in den Augen an.
Der Hohepriester musterte sie, doch wenn sie auf ein Zeichen des Mitgefühls in seinen Augen gehofft hatte, sah sie sich grausam getäuscht. In seinen Augen las sie nur das Versprechen ihres baldigen Todes.
»Thuraan!«, rief Chrenar, die flehentlichen Blicke des Mädchens ignorierend, als würde sie überhaupt nicht existieren.
»Thuraan, ich rufe und grüße dich!«
Einer der Priester trat zur Seite, griff einen Stock, an dessen einem Ende sich eine mit Tüchern umwickelte Kugel befand, und begann damit, rhythmisch gegen eine Art Gong zu schlagen. Immer und immer wieder erklang das dumpfe Schlagen, das eine seltsam beruhigende Wirkung auf das Mädchen zu haben schien.
»Thuraan – ich, dein Diener und Priester, biete dir das verlangte Opfer an! Nimm dieses Mädchen als Zeichen der Ergebenheit und lasse Gnade über die Priester Borams walten! Nimm es und sieh, dass dein Volk seine Pflicht tut, so wie du es von ihm verlangst!«
Der Hohepriester verbeugte sich erneut und trat mehrere Schritte vom Altar zurück. Immer noch ertönte der Gong, gleichmäßig und donnernd, als wäre er das einzige Geräusch, das noch existierte.
Plötzlich aber mischte sich ein Grollen unter die Gongschläge, das stetig an Stärke zunahm und alles andere als beruhigend wirkte. Selbst die Augen der Priester, eben noch kalt und fast leblos, flackerten, so als spürten sie, dass sich ihnen etwas näherte, das überaus mächtig und gefährlich war.
Das Mädchen war wie in Trance, doch da hörten die Gongschläge auf und die Priester verließen ohne ein weiteres Wort die Halle, nur Chrenar blieb in demütiger Haltung zurück. Hinter ihnen schlug das große Tor zu, dann war sie mit dem Hohepriester allein.
Mit angehaltenem Atem horchte sie, zitternd und voller Angst. Dann verdunkelte sich die Halle und es wurde zugleich merklich kälter, als streckte der Winter seine Hand bis ins Innere der Halle aus. Ein dumpfes Grollen wie von einem Tier war zu hören, dann begann am Ende der Halle in der Wand ein bogenförmiger Bereich zu flimmern, wurde langsam immer undeutlicher bis er sich völlig auflöste und eine schwarze Öffnung übrig blieb.
Das Mädchen starrte voller Entsetzen auf das Geschehen und wollte schreien, doch kein Laut kam über ihre Lippen, stattdessen hingen ihre Augen wie gebannt auf der Schwärze, die Kälte und Bedrohung ausstrahlte. Etwas Böses, überaus Gefährliches schien dort zu lauern. Sie sah, wie etwas durch die Öffnung trat und ihre Augen weiteten sich vor Schreck, doch kurz bevor sie dem Wahnsinn verfiel, sackte sie zusammen und ihre Augen schlossen sich.
Chrenar trat an den Altar und löste die Fesseln. Langsam, wie in Trance, erhob sich die junge Frau und schritt auf die schwarze Öffnung zu. Ohne zu zögern durchquerte sie sie und verschwand in der Dunkelheit. Nur wenig später schloss sich hinter ihr die Öffnung, als hätte es sie niemals
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