Der Untergang der Hölle (German Edition)
sie aus Holz, aber es hatte ja auch einmal jede Menge Wälder und Dschungel in den Weiten des Hades gegeben. Es war nicht die Tür, die sie in eine tiefe Verwirrung stürzte, die fast schon an Staunen grenzte …
Es gab auch eine von einem Plastikvorhang umschlossene Duschkabine. Das Rohr, das sie mit Wasser versorgte, lief an der Decke entlang und verschwand hinter einem Loch in der Wand. Offensichtlich wurde das kühle Nass durch eine Leitung im Kriechgang herangeführt. Doch als Vee die Toilette aufklappte, fand sie die Schüssel leer vor. Leer war auch der Spülkasten, als sie den Deckel abnahm. Außerdem waren die Innenseiten in beiden Fällen terrakottafarben, während die Außenseiten eine weiße Lasur aufwiesen. Die Toilette war also eine Attrappe, gefertigt aus gehärtetem Ton oder einem anderen leicht formbaren Material.
Saubere, weiß getünchte Wände. Handtuchhalter, auf denen grobe Leinenlappen hingen. Ein Waschbecken mit einem Spiegel darüber. Vee zuckte vor ihrer eigenen Reflexion zusammen. Sie hoffte, sie könnte die Dusche selbst benutzen, falls sich dieser Ort als verlassen erweisen sollte. Sie probierte den einzigen Wasserhahn am Becken aus. Kalt rann es heraus, etwas rostgefärbt. Sie zweifelte nicht daran, dass die einfachen Abflüsse für Waschbecken und Dusche zu den Pfützen auf dem Boden der kargen Fabrikhalle weiter unten beitrugen.
Jetzt wandte sich Vee zur Tür. Sie streckte die linke Hand nach der Klinke aus, hielt Jay mit dem Finger an seinem Abzug gegen ihre rechte Körperseite gedrückt.
Sie öffnete die Tür langsam und vorsichtig und fand sich in einem dunklen, kleinen Flur wieder. An seinem Ende erwarteten sie ein warmes Licht und ein seltsames zischendes, fauchendes Geräusch. Statisches Rauschen.
Es gab drei weitere Türen. Vee zog die vom Badezimmer vorsichtig hinter sich zu und öffnete ebenso zaghaft die Tür direkt gegenüber.
Drinnen war es dunkel, doch es fiel gerade eben genug Licht in den Raum, dass Vee ein breites, gemütlich aussehendes Bett erkennen konnte. Eine Kommode. An den Wänden einige anscheinend originale Gemälde und Grafiken in Holz- und Metallrahmen. Vee fühlte sich plötzlich, als sei sie wie Dorothy aus einem magischen Zauberreich in das nüchterne Kansas zurückversetzt worden. Sie murmelte schmunzelnd: »Jay, wir sind nicht mehr in Oz.«
»Madam?«, flüsterte er irritiert.
Sie ignorierte ihn, schloss die Schlafzimmertür und öffnete eine dritte Holztür. Als sie sah, was sich dahinter befand, hob sie Jay mit beiden Händen in Richtung Bett und erstarrte in Schussposition.
Eine Menschenfrau lag im Bett, in eine grobe Decke gehüllt, die Augen geschlossen. Dieses Schlafzimmer sah dem anderen sehr ähnlich, wenn man davon absah, dass das gedämpfte Licht einer einzelnen Glühbirne von der Kommode herabschien. Vee schlich sich näher an die Frau heran, bis sie direkt über ihr stand und Jay auf ihren Kopf richtete. Aber die Miene der Schlafenden blieb unbewegt, fast schon friedlich. Sie wirkte etwas älter. Vee blickte zu den Wänden hinauf. In diesem Zimmer waren sie mit Stickereien verziert. Eine davon bestand aus den Worten TRAUTES HEIM, GLÜCK ALLEIN. Vee schüttelte den Kopf. Also nicht Kansas, sondern eher die Twilight Zone .
Sie verließ den Raum, schloss die Tür und öffnete die letzte der Pforten auf dem Gang, spähte jedoch nur von der Schwelle aus hinein. Ein deutlich kleineres Bett und überall verstreut liegendes Spielzeug.
Vee zog die Tür sachte wieder zu und wandte sich ab, um der Quelle dieses warmen Lichts und des Flackerns und Knisterns am Ende des Gangs nachzuspüren. Vier Betten … nur eins davon benutzt …
Sie schlich den Korridor entlang und horchte nach weiteren Geräuschen neben diesem lästigen statischen Rauschen. An seinem Ende ließ sie sich mit dem Rücken an der Wand entlanggleiten und spähte behutsam mit einem Auge um die Ecke in das dahinterliegende Zimmer.
Natürlich, ein Salon. Eine schwarze Frau, die etwa Mitte 30 war (oder es zumindest gewesen war, bevor sie unsterblich wurde), saß mit einem Zeichenblock auf den Knien und einem Kohlestift in der Hand auf einem behelfsmäßigen Sofa. Ein weißer Mann hockte auf einem Sessel daneben und starrte auf den Fernseher. Vor der Flimmerkiste saß auf einem Webteppich im Schneidersitz ein vielleicht siebenjähriger asiatischer Junge. Der Fernseher war allerdings gar kein Fernseher, wie sie jetzt erkannte, sondern ein Computerterminal mit wirbelndem
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