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Der Untergang der Hölle (German Edition)

Der Untergang der Hölle (German Edition)

Titel: Der Untergang der Hölle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Thomas
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hereinließen. Doch sie hielt vergeblich nach einer Leiter oder Sprossen Ausschau und die Gitter waren zu weit voneinander entfernt, um als Haltegriffe zweckentfremdet werden zu können.
    Glücklicherweise war die Öffnung des Schachts so niedrig, dass sie hineinklettern konnte, indem sie sich mit Händen und Füßen an den Seiten abstützte. Um besseren Halt zu bekommen, hatte sie ihre klobigen Stiefel ausgezogen und halb in den Beutel gestopft, den sie mittlerweile als ihre »höllische Handtasche« bezeichnete. Im Inneren des Schachts angekommen, stützte sie sich mit dem Rücken an eine Seite, mit den nackten Füßen an die andere und begann, sich mühselig nach oben zu schieben.
    Dieses anstrengende Unterfangen brachte sie dazu, das Gesicht zu verziehen und weiter vor sich hin zu fluchen. Doch das Glück war erneut auf ihrer Seite. Sie musste diesen schornsteinartigen Abschnitt des Lüftungssystems nicht lange hinaufrobben, als sie auf den Zugang zu einer weiteren horizontalen Verstrebung stieß. Dankbar wand sie sich hinein und noch dankbarer war sie, als sie feststellte, dass der Boden diesmal keinen Pflanzenbewuchs aufwies und sie unter den Handflächen lediglich kühles Metall spürte.
    Als sie weiter in den Schacht vordrang, stellte sie fest, dass sie mit dem Unterkörper über die glatten Metallplatten rutschen konnte, anstatt zu kriechen, wodurch die Platten deutlich weniger unter ihrem Gewicht knarrten. Auch hier drang eine gewisse Menge an Licht durch die an allen Seiten vorhandenen Gitter herein. Dahinter bot sich der bekannte Anblick: Forschungseinrichtungen, die von Plünderern, Bergungsteams oder bei lange zurückliegenden Gefechten ausgeräumt oder komplett auf den Kopf gestellt worden waren.
    Doch was sie durch eines der Gitter erspähte, vor dem sie haltmachte, ließ sie jäh zurückschrecken. Mit größter Vorsicht beugte sie sich näher heran, um noch einmal den Raum dahinter zu inspizieren … einen Raum, der weder verwüstet noch verlassen war.
    Eine Gestalt in weißem Laborkittel saß auf einem Stuhl vor einem eleganten Computer mit durchscheinendem, bernsteinfarbenen Gehäuse. Durch diese Hülle konnte man die Messingmechaniken der Maschine, schwarze Gummischläuche und die orangefarben leuchtende Glut ihrer Schaltkreise erkennen. Die Gestalt wirkte menschenähnlich oder zumindest erweckte sie diesen Eindruck mit ihrem Kittel, dem weißen Hemd und der dunklen Anzughose. Lediglich der Kopf wollte nicht damit harmonieren. Aus dem Hemdkragen spross ein Strauß sich windender Ranken, schwarz und glitzernd, als wäre eine Art Seeanemone auf den Hals eines Mannes gepfropft worden. Vee erkannte, dass sich anstelle von Händen zahlreiche knochenlose Ranken über die Messingtasten des Computers ausstreckten.
    Ungleich beunruhigender war, dass sich noch ein weiteres dieser Wesen im Raum aufhielt. Es schien sich auszuruhen, obwohl sie zuerst geglaubt hatte, es sei gefoltert worden oder tot. Es hing kopfüber wie eine Fledermaus von einem Rohr an der Decke, um das sich die Tentakel der Füße geschlungen hatten. Seltsamerweise hielt es seine Arme flach an die Seite gedrückt, als ob es verhindern wollte, dass der Laborkittel sich öffnete. Doch die medusischen Tentakel des Kopfes baumelten im Schlaf unbewegt herab. Sie waren, vielleicht durch die Stauung des Blutes, zur doppelten Dicke wie bei ihrem sitzenden Artgenossen angeschwollen.
    Sie hörte, wie die Platte unter ihren Knien nachgab und zog sich hastig vom Gitter zurück. In diesem Moment drehte sich eine Ranke des Wesens am Schreibtisch wie ein Periskop in ihre Richtung. Sie hielt den Atem an und wagte nicht, sich zu rühren, nicht einmal, um sich weiter zurückzuziehen. Nach einigen Momenten löste sich das wurmartige Anhängsel jedoch aus seiner Erstarrung und ging zusammen mit seinen Nachbarn wieder in seine normale wellenförmige Bewegung über.
    Langsam, ganz langsam schob Vee sich vom Gitter weg und setzte ihre Rutschpartie durch den Schacht fort. Jetzt wusste sie jedenfalls, dass die einfachen Drohnendämonen nicht die Herrscher über dieses Gebiet waren. Irgendwie mussten einige der Wissenschaftler aus dem Forschungs- und Entwicklungsturm überlebt haben. Möglicherweise setzten sie mit den verbliebenen Gerätschaften sogar ihre diabolischen Experimente fort.
    Weiter vorn lief der Schacht auf ein T-förmiges Ende zu und mündete in einen quer verlaufenden Ableger. Eine Weggabelung. Von rechts drang ein angenehm kühler Lufthauch heran.

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