Der Untergang der Hölle (German Edition)
denn schon in dieser Suppe? Vielleicht Tausende? Sie könnten schon seit Jahrhunderten dort sein – und diese Monster fangen immer weitere und werfen sie hinein. Das muss ein Ende haben.«
»Na schön. Eines Tages können Sie eine Armee anführen, um sie zu befreien. Aber nun …«
»Was ist los, Jay? Hast du Angst, selbst das Zeitliche zu segnen, oder sorgst du dich, dass ich deine Dämonenkumpel umbringen könnte? Du sagtest, du wärst unparteiisch.«
»Das bin ich. Das heißt aber auch, dass ich nicht Ihre Partei ergreifen werde. Ich habe einen groben Bauplan aufgespürt, der uns in die höheren Ebenen führt – in Ebene 128 und nach Freetown. Ich schlage vor, dass wir dort unsere Prioritäten setzen.«
Vee starrte zornig auf den Monitor. Das Einschussloch prangte genau in der Mitte des Säurebads, so wie das Herz eines Whirlpools. Ein Strudel, der sie anzusaugen schien.
»Ich verlange, dass du mir hilfst, zwei Etagen höher zu kommen«, erklärte sie mit tonloser Stimme.
»Dann tut es mir leid. Ich werde den Bauplan nicht ausdrucken. Ich werde diese Informationen nicht teilen. Ich kann an diesen Handlungen nicht teilnehmen, weil niemandem damit geholfen ist. Nicht den Verdammten, weil Sie nichts für sie tun können, nicht mir und auch nicht diesen Dämonen. Und Ihnen selbst schon gar nicht. Sie wollen, dass ich Ihnen helfe? Dann helfe ich Ihnen, Freetown zu finden.«
»Verdammte Scheiße noch mal«, fluchte Vee. »Ich würde gerne glauben, dass du dir ernsthaft Sorgen um mich machst, aber im Moment bin ich mir nicht so sicher, Jay. Du bist ziemlich anmaßend geworden, seit ich dich das erste Mal gesehen habe. Damals hattest du noch Angst vor mir, aber dann hast du gesehen, wie ich da hinten diesen zwei purpurnen Dämonen geholfen habe, und nun hältst du mich offenbar für verweichlicht oder bist es selbst. Ein feiges pazifistisches Gewehr.«
»Ich denke logisch, während Sie impulsiv handeln.«
»Ich glaube, ich mochte dich lieber, als du noch Angst hattest.«
»Sie können mich mögen oder nicht mögen, ganz wie es Ihnen beliebt«, sagte der Dämon kühl.
»Niemand mag ein Gewehr, das nicht gehorcht.«
»Wenn ich nur ein Gewehr bin, können Sie meinen Abzug nach Lust und Laune drücken, und ich kann Sie nicht davon abhalten. Aber niemand zwingt mich, weiterhin mit Ihnen zu kommunizieren.«
Vee wandte sich abrupt vom Monitor ab. »Okay, dann hilf mir eben nicht. Aber ich komme dich jetzt holen – und ich werde den Weg nach da oben verdammt noch mal alleine finden.«
Sie ging mit großen Schritten zur offenen Tür des Labors, trat in den Korridor hinaus und kam nur zwei Meter vor einer merkwürdigen weißen Gestalt zum Stehen, die etwas kleiner war als sie. Diese wirbelte jäh herum und die rosaroten Kugeln ihrer Augen leuchteten. Aus der Nähe sah Vee, dass das Exoskelett des Heuschreckendämons eine raue, geschichtete Struktur aufwies, die seltsamerweise eher an Gips als an glänzendes Chitin erinnerte.
In einer der vier oberen Extremitäten hielt die Kreatur eine Art Schlagstock aus Metall, mit dem sie brutal in Richtung von Vees Kopf ausholte. Dabei gab das Wesen, das abgesehen von den großen Augen keine charakteristischen Gesichtszüge aufwies, nicht den geringsten Laut von sich.
Vee duckte sich unter dem Schlag weg. Jay lag im anderen Raum und die Beretta in dem Beutel aus vernähter Haut, den sie über der Schulter trug, doch das KA-BAR-Kampfmesser steckte griffbereit in der Scheide an der Außenseite ihres Beins. Immer noch in geduckter Haltung zog Vee das Messer, stürzte sich damit nach vorn und bohrte der Kreatur die lange Klinge in den Brustkorb. Einer der vielen Arme bekam ihr Haar zwischen seine Scheren, ein weiterer krallte sich in ihre Wange und wühlte sich tief in ihre Haut. Doch sie zog das Messer heraus und stieß es mit wütendem Knurren erneut hinein, wieder und wieder.
Der Dämon versuchte, ihr seine Eisenkeule auf den Kopf zu schlagen, aber sie blockte den Schlag mit dem Unterarm und stach mit dem Messer ein letztes Mal zu, dann taumelten sie und ihr Gegner auseinander. Vee landete unsanft auf dem Hintern und stützte sich mit den Händen ab, während das stumme Wesen voll auf den Rücken krachte. Es trat wild mit allen sechs Beinen um sich, bis sie sich nach und nach beruhigten, knorrig in die Luft ragten wie die Finger einer riesigen skelettierten Hand. Das rosafarbene Glühen in den Augen erstarb und ließ die Augäpfel dunkel wie erloschene Glühbirnen
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