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Der Untergang der Hölle (German Edition)

Der Untergang der Hölle (German Edition)

Titel: Der Untergang der Hölle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Thomas
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Händen festhalten musste. Während er ihn bändigte, fragte er verwirrt: »Vee, was geschieht hier gerade?«
    »Er ist mein Vater«, entgegnete sie mit tonloser Stimme.
    »Was? Er? Pastor Phelps ist Ihr Vater?«
    »Ja.«
    »Das haben Sie mir nicht erzählt. Sie sagten, Ihr Name sei Vee.«
    »Ich hatte keine Zeit dazu! Ich …«
    Der Geist war schon fast bei ihnen angelangt. Armdran ließ die Hündin von der Leine – mit voller Absicht. Das fast 50 Kilo schwere Tier sprang den Evangelisten knurrend an. Als es sie berührte, wurde die Gestalt wieder zu einer rauschenden Silhouette, bevor sie ganz verschwand. Der Akita blieb stehen, wo die Figur sich aufgelöst hatte, und schnupperte misstrauisch am Boden.
    Armdran drehte sich zu Vee um und seine Augen waren wieder erfüllt von Misstrauen. Doch dann weiteten sie sich vor Überraschung, bevor sie spürte, wie sie selbst verschwand.
    Als sie die Augen wieder öffnete, stand Harvinder über sie gebeugt. In seiner rechten Hand hielt er das Kabel, das er gerade aus ihrer Schläfe herausgezogen hatte.
    »Tut mir leid«, sagte er zu ihr, »aber ich habe auf dem Monitor gesehen, was passiert ist. Sie schienen in Bedrängnis zu sein.«
    »In Bedrängnis.« Vee richtete sich in seinem Bürostuhl auf und tastete ihre Stirn behutsam mit den Fingerspitzen ab. »Das kann man wohl sagen, Harry.«

30. Die Auswirkungen des Glaubens
    V ier komplette Ebenen – 97, 98, 99, 100 – waren von jenen besiedelt, die sich Mudschaheddin nannten. Selbst ohne Erklärung von Harvinder hätte Vee sich denken können, dass es sich um Koranschüler handelte. An dieser Stelle bestätigten sich ihre schlimmsten Befürchtungen von der Unterwelt; sie wurden sogar noch übertroffen. Über der gesamten Kolonie hing eine endlose Kakofonie von Allahu Akbar!- Gesängen in der Luft und durchmischte sich mit den schmerzerfüllten Schreien von verdammten Gefangenen anderer Religionen, welche wieder und wieder enthauptet wurden. Allerdings verspeisten die Mudschaheddin die Körper nicht, weil sie das Fleisch offenbar nicht für halal hielten.
    Dieben band man die Hände auf Brettern fest und schlug ihnen mit Schwertern die Finger ab. Jungen Mädchen entfernte man rituell die Klitoris (obwohl sie natürlich wieder nachwuchs). Ehefrauen, kaum älter als Aisha, die neunjährige Braut des Propheten, wurden von ihren Ehemännern in mittleren Jahren verprügelt und vergewaltigt. Eine Säure, von der Vee vermutete, dass es sich um dieselbe handelte, die die Drohnendämonen in ihrem Becken verwendeten, spritzte man Frauen für geringfügigste Vergehen ins Gesicht (der Einfachheit halber trugen die Männer Säurepistolen in Halftern mit sich herum). Das verätzte Fleisch der Frauen verheilte bis zu ihrem nächsten Fehlverhalten.
    Im Rahmen eines Männlichkeitsrituals wurden gefesselte Dämonen zwölfjährigen Jungen (die niemals zu Männern heranreifen würden) zur Enthauptung vorgesetzt. Da sie nicht so versiert waren wie die Erwachsenen, hackten sie schlampig auf die widerspenstigen Nackenknochen ein, weshalb die Schreie der Dämonen sich wie auf einem Schlachthof in Quietscher, Ächzer und Grunzer aus gespaltenen Luftröhren verwandelten.
    Die Männer machten aus ihrer Verzweiflung, Verdammte zu sein, keinen Hehl, und wälzten die Schuld an ihrer misslichen Lage kurzerhand auf die Frauen ab. Deshalb wurden die weiblichen Bewohner der Ebenen nach dem Rotationsprinzip durch eine automatische Enthauptungsanlage geschickt, für die man vorgefundene Dämonentechnologie ein wenig umgerüstet hatte. Es waren Ehrenmorde am Fließband. Nach ihrer Zeitrechnung fanden die Enthauptungen einmal im Monat statt, streng im Einklang mit den verhassten Menstruationszyklen aus dem früheren Leben ihrer Frauen. Die ständigen Opferungen bescherten ihnen zwar nicht die Aufmerksamkeit ihrer explodierten Gottheit oder die Erlösung, doch offensichtlich halfen sie ein wenig, ihren unbändigen Hass im Zaum zu halten.
    Vee verbrachte viele angespannte Tage damit, sich durch diese Region zu schleichen; mit Abstand die bedrohlichste, auf die sie bislang gestoßen war. Mal rannte sie, mal kroch sie, lag häufig stundenlang auf der Lauer, bis die Luft rein war, um wieder ein kleines Stück voranzukommen. Sie versuchte, sich an Lüftungskanäle und selten benutzte Laufstege zu halten, ebenso an weniger gut bewachte Durchgänge. Schließlich gelangte sie auf Ebene 100 an einen Punkt, an dem sie kaum Möglichkeiten sah, unbemerkt weiterzugehen.

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