Der Untergang der Hölle (German Edition)
bin gerade erst freigekommen. Ich habe ein Gewehr gefunden, ein denkendes Dämonengewehr, das über Zugang zum Netz verfügt. Es hat Ihre Erinnerungen benutzt, um mir einen Eindruck davon zu vermitteln, was in der Zwischenzeit geschehen ist. Ich leide an Amnesie, müssen Sie wissen. Zwar kann ich mich zunehmend an Details der sterblichen Welt erinnern, aber hinsichtlich meines eigenen Lebens lässt mich mein Gedächtnis völlig im Stich, und –«
»Okay, Moment, warten Sie.« Armdran legte sein Gesicht in Falten. »Wie ist dieses denkende Gewehr an die Aufzeichnungen meiner Erinnerung herangekommen?«
»Ich weiß nicht – durch Surfen im Netz, nehme ich an. Haben Sie die Aufnahme selbst angefertigt, haben die Dämonen sie aus Ihnen herausgequetscht, oder …?«
»Nein, ich habe es selbst aufgenommen. Ein Experiment von mir. Nicht gerade das Fröhlichste, was ich aus meinem Gehirn hervorkramen konnte. Aber es waren die letzten Erinnerungen, bevor ich starb, und die ersten nach meiner Ankunft hier. Deshalb handelte es sich vermutlich um die lebendigsten. Die, die ich am leichtesten zu fassen bekam.«
»Warum haben Sie überhaupt eine solche Aufzeichnung vorgenommen?«
»Nun, warum nimmt man etwas auf? Warum schreibt man Bücher? Ich wollte mich daran erinnern, wer ich einmal war, und damit andere Leute an das Leben erinnern, das sie früher führten. Es ist Teil eines Projekts, an dem ich beteiligt bin. Wir vergessen nie etwas vollständig, nicht wahr? Jeder verfügt über ein fotografisches Gedächtnis … doch wir schenken selten dem Beachtung, was nicht von unmittelbarer Wichtigkeit für uns ist. Also versuchen wir, die Erinnerungen an Filme, die wir gesehen haben, Musik, die wir lieben, Bücher, die wir gelesen haben, aufrechtzuerhalten, indem wir Aufzeichnungen anfertigen. So können andere sie abspielen und ebenfalls wieder genießen. Damit sie niemals in Vergessenheit geraten. Alles, was von unserer Zivilisation noch übrig ist, steckt in unseren Köpfen.«
»Ihr Hund.« Sie machte eine Kopfbewegung in seine Richtung. »Er ist auch nur eine Erinnerung, hm? Keine Seele wie wir?«
»Es ist eine Hündin. Und ja, Sie haben recht … sie ist nicht wirklich hier.« Doch das hielt Armdran nicht davon ab, sich zu bücken und das Fell zwischen den kräftigen Flanken der Akita zu kraulen. »Sie ist nur eine Konstruktion von mir. Aber ich habe hart daran gearbeitet, sie genau richtig hinzubekommen. Es hat mich Jahrhunderte gekostet.«
»Sie ist Ihnen gut gelungen. Und das haben Sie auch erschaffen, richtig?« Sie zeigte auf das Einkaufszentrum.
»Richtig. Meine Hündin braucht doch auch ein Fleckchen Erde, an dem sie virtuell pinkeln kann, nicht wahr?«
»Das ist so etwas wie das Holodeck bei Star Trek, was?«, fragte Vee.
Schließlich lächelte der Mann. Sie mochte das – es wirkte kraus und unerwartet nach seinem anfänglichen Misstrauen. »Sie sagen, dass Sie sich nicht an Ihr eigenes Leben erinnern, aber dafür an Star Trek? «
»Ja. Ich schätze, das sagt einiges über unsere Kultur aus, hm? Oder über mein Leben.«
Armdran wandte sich von ihr ab und gab der Leine einen kurzen Ruck, um dem Hund das Zeichen zum Weitergehen zu geben. Offensichtlich ließ sein Argwohn Vee gegenüber nach – und offensichtlich lud er sie ein, sie zu begleiten. Das tat sie.
Er fragte: »Wo sind Sie im Moment?«
»In der Stadt Naraka. Sie haben mir meinen Netzanschluss gerade erst eingebaut, ich bin also zum ersten Mal hier.«
Er starrte sie beeindruckt an. »Wirklich? Nun, für eine Anfängerin machen Sie sich gut.«
»Danke. Und wo sind Sie jetzt … in Wirklichkeit?«
Der Mann schien sie für einen Moment zu betrachten, bevor er antwortete. Etwas von seinem Misstrauen kehrte zurück. »Ich lebe in einer Stadt namens Freetown.«
» Freetown? Tatsächlich? Genau dort will ich hin.«
»Sie wollen nach Freetown? Warum?«
»Warum? Mein Gewehr hat mir davon erzählt … Es klingt nach einem guten Ort, um sich niederzulassen. Ist es das nicht? Soweit ich weiß, haben Sie alle Arten von Kreaturen dort mit offenen Armen empfangen. Verdammte, Dämonen, Engel …«
»Ich sage nicht, dass wir das nicht getan hätten, aber wenn Sie in Naraka auf der 90. Ebene sind und zu uns in die 128. wollen, müssen Sie an den Mudschaheddin vorbei.«
»Ich weiß – man hat mir von ihnen erzählt.«
»Früher konnte man leichter zu uns gelangen, aber heute nicht mehr, wenn man von unten kommt. Sie haben die Stockwerke in ihrem
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