Der Untergang der Shaido
paar schafften es, sich wieder zu erheben. Ein reiterloses Pferd stand auf drei Beinen da, wollte davonlaufen und krachte zuckend zu Boden.
»Das?«, fragte Chanelle ungläubig. »Ich verspüre nicht den Wunsch, Männern beim Sterben zuzusehen.« Ein weiterer Streifen Baalsfeuer schnitt eine fast zwanzig Schritte breite Bresche in die angreifenden Ränge, bevor er sich in den Boden grub und einen Graben zurück zum Wagen fräste, um sich nach der halben Distanz aufzulösen. Es gab viele Tote, wenn auch nicht so viele, wie man eigentlich hätte annehmen sollen. Birgitte hatte das Gleiche in den Schlachten der Trolloc-Kriege gesehen, in denen man die Macht angewendet hatte. Für jeden reglos daliegenden Mann erhoben sich zwei oder drei andere taumelnd wieder auf die Füße oder versuchten Blutströme zu stillen. Für jedes tote Pferd mit steif ausgestreckten Beinen standen zwei andere wieder zitternd auf. Der Feuer und Blitzhagel ging ununterbrochen weiter.
»Dann macht ihm ein Ende«, sagte Birgitte. »Wenn sie alle Soldaten töten oder auch nur genug, dass der Rest die Flucht ergreift, dann ist Elayne verloren.« Nicht für immer. Sollte man sie doch zu Asche verbrennen, sie würde sie für den Rest ihres Lebens verfolgen, um sie zu befreien, aber allein das Licht wusste, was sie ihr in der Zwischenzeit antun würden. »Zaidas Handel ist dann zunichte. Ihr werdet ihn zunichte gemacht haben.«
Der Morgen war noch nicht warm, und doch standen Schweißperlen auf Chanelles Stirn. Feuerbälle und Blitze explodierten zwischen den Reitern, die Guybon folgten. Die Frau mit dem Stab hob wieder den Arm. Selbst ohne Fernglas war sich Birgitte sicher, dass er direkt auf Guybon zielte. Er musste es sehen, aber er kam keinen Augenblick lang ins Schwanken.
Plötzlich zuckte ein weiterer Blitz in die Tiefe. Und traf die Frau mit dem Stab. Sie flog in die eine Richtung, ihr Pferd in die andere. Ein Tier des Kutschengespanns sackte zu Boden, während die anderen tänzelten und auf die Hinterhand stieg en. Auch die anderen Pferde um den Wagen herum bäumten sich auf. Der Feuerregen hörte auf, als die Aes Sedai darum kämpften, ihre Reittiere unter Kontrolle zu bringen, sich in den Sätteln zu halten. Statt zu versuchen, sein Gespann zu beruhigen, sprang der Mann auf dem Kutschbock herunter und zog das Schwert, während er auf die angreifenden Reiter zurannte. Die Zuschauer in Niedercaemlyn rannten auch, diesmal aber weg.
»Fangt die anderen lebend!«, rief Birgitte. Ihr war zieml ich egal, ob sie überlebten - sie würden ohnehin bald sterben, weil sie Schattenfreunde und Mörder waren -, aber Elayne saß in dem verdammten Wagen!
Chanelle nickte steif, und im Umkreis des Wagens stürzt en Reiterinnen von ihren unruhigen Tieren zu Boden und wanden sich, als wären sie an Händen und Füßen gefesselt. Was sie natürlich auch waren. Der laufende Mann fiel aufs Gesicht und blieb sich windend dort liegen. »Ich habe die Frauen auch abgeschirmt«, sagte Chanelle. Selbst mit der Macht hätten sie nichts gegen einen Zirkel aus acht Frauen ausrichten können.
Guybon hob die Hand und verlangsamte die Attacke zum Schritttempo. Es war erstaunlich, wie wenig Zeit vergangen war. Noch immer strömten Männer auf Pferden und zu Fuß aus dem Wegetor. Birgitte schwang sich in den Sattel des Falben und galoppierte auf Elayne zu. Verdammte Frau, dachte sie. Der Bund hatte nicht einmal das geringste Zeichen von Furcht übermittelt.
KAPITEL 16
Neun von zehn
Die Schattenfreunde waren mit Elayne kein Risiko eingegangen. Temaile hatte sie abgeschirmt und mit anscheinend sadistischem Vergnügen zu einem engen Knoten verschnürt, mit dem Kopf zwischen den Beinen. Ihre Muskeln schmerzten bereits von der eingeengten Position. Der Knebel, ein schmutziger Fetzen Stoff mit einem ekelhaften, öligen Geschmack, war so fest gebunden, dass er in ihre Mundwinkel einschnitt; er hatte verhindern sollen, dass sie an den Toren um Hilfe rief. Nicht, dass sie das getan hatte. Damit hätte sie nur die Wachtposten zum Tode verurteilt. Sie konnte fühlen, dass die sechs Schwarzen Schwestern Saidar hielten, bis sie durch das Tor waren. Aber die Augenbinde war unnötig gewesen. Vermutlich wollten sie ihre Hilflosigkeit nur noch steigern, aber sie weigerte sich, sich hilflos zu fühlen. Schließlich konnte ihr nichts passieren, bis ihre Kinder geboren waren, und ihren Kindern auch nicht. Min hatte das gesagt.
Durch die Geräusche des Gespanns und die groben Planken
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