Der Untergang der Shaido
schubsen und ungeschoren zu gehen.«
»Ein Ochse reagiert auf den Stich und tut, was der Ochsenhirte will«, sagte Dyelin trocken. »Und genauso werdet ihr tun, was Ellorien will, wenn ihr auf sie hereinfallt.« Catalyns Wangen belieben gerötet, jetzt zweifellos vor Scham.
Reene Harfor erschien in der Tür. »Meine Ladys«, sagte sie laut, und ihre Stimme hallte durch den fast leeren Raum, »meine Lords.«
Das war zwanglos, wenn sich zwei Seiten trafen und keiner wusste, wie weit sie voneinander entfernt waren. Frau Harfor kündete die eingetroffenen Adligen streng nach der Reihenfolge ihres Ranges an, obwohl zwischen den versammelten Häusern kein großer Unterschied bestand. Luan Norwelyn, mit hartem Gesicht und mehr grauen Haaren, als Elayne in Erinnerung hatte; abgesehen von Norwelyns Silbernem Lachs war sein blauer Mantel schmucklos. Arathelle Renshar hatte ein faltiges Gesicht, und ihr braunes Haar wurde von grauen Strähnen durchzogen; sie trug ein rotes Reitgewand, das aufwändig mit goldenem Stickwerk verziert war sowie mit einer großen, rubinenbesetzten Anstecknadel, die die Drei Goldenen Hunde zeigte. Pelivar Coelan, hochgewachsen und schlank, sein dunkles Haar war geschwunden, bis er fast so aussah, als würde er sich den Kopf vorn rasieren wie ein Cairhiener; er trug silberbesticktes Blau mit verschlungenen roten Rosen auf dem Kragen, den Rosen von Coelan. Aemlyn Carand, mollig in grauer Seide mit den drei Goldenen Pfeilen auf den Ärmeln und so vielen auf der Brust, dass sie wie ein bebender Köcher aussah. Ellorien Traemane, nicht so dick, wie Elayne sie in Erinnerung hatte, aber noch immer hübsch in grün geschlitztem Blau, das auf den Ärmeln mit weißen Hirschen mit goldenen Geweihen verziert war, dem Weißen Hirsch von Traemane. Abelle Pendar, dessen ebenmäßiges Gesicht einen ernsten Ausdruck trug, in Dunkelgrau gekleidet mit den drei Goldenen Sternen auf dem Kragen. Sie gingen zusammen durch den Großen Saal, gefolgt von ihren Dienern, aber sie bildeten keine geeinte Gruppe. Ellorien und Abelle gingen mit Luan, Pelivar und Aemlyn mit Arathelle, zwei Schritte trennten die Gruppen. Aha. Sie hatten als Gruppe um sicheres Geleit gebeten, aber sie waren keine. Das machte die Forderung nach Kapitulation etwas weniger wahrscheinlich. Selbst bekannte Feinde konnten manchmal gemeinsam handeln. Reitröcke und Reithosen glitzerten feucht. Bei einem solchen Regen konnte nicht einmal der beste Umhang einen Reiter völlig trocken halten. Sie würden nicht bester Laune sein.
»Seid willkommen«, sagte sie zu ihnen, als sich ihre Dien er zu den anderen gesellten. »Nehmt ihr Wein oder Tee? Der Wein ist heiß und gewürzt. Für den Frühling scheint das ein winterlicher Tag zu sein.«
Luan öffnete den Mund, aber Ellorien ergriff als Erste das Wort. »Wenigstens sitzt Ihr nicht auf dem Thron.« Ihr Gesicht hätte aus Marmor gemeißelt sein können, und ihre Stimme war hart und kalt. »Ich hatte eigentlich damit gerechnet.« Am Himmel grollte der Donner.
Luan sah peinlich berührt aus. Arathelle verdrehte die Augen, als würde sie etwas hören, das sie schon zu oft gehört hatte. Lir rührte sich, aber Elayne fixierte ihn mit einem harten Blick, und er machte eine kleine, entschuldigende Verbeugung.
»Ich habe kein Recht, auf diesem Thron zu sitzen, Ellorien«, erwiderte sie ruhig. Beim Licht, hoffentlich spielten ihre Stimmungen jetzt nicht wieder verrückt. »Noch nicht.« Das hatte einen ungewollten Biss. Vielleicht war sie doch nicht so ruhig, wie sie es wünschte.
Ellorien lächelte hämisch. »Wenn Ihr darauf wartet, dass Danine Eure Zehn voll macht, dann könnt Ihr lange warten. Danine hat die letzte Thronfolge damit verbracht, ihre Herrenhäuser zu besuchen. Sie hat sich nie für jemanden erklärt.«
Elayne lächelte, aber es fiel schwer. Eine Thronfolge war, wenn ein Haus ein anderes auf dem Thron ablöste. »Ich nehme Tee.«
Ellorien blinzelte, aber es veranlasste die anderen, ihre Wünsche anzumelden. Nur Elayne, Birgitte, Branlet und Perival nahmen Tee. Jeder roch an seinem Gefäß, ob es silberne Weinbecher oder Porzellantassen waren, bevor er einen Schluck nahm. Elayne fühlte sich nicht beleidigt. Essen und Wein konnte in der Küche völlig in Ordnung sein und verdorben, wenn es auf den Tisch kam. Man konnte nicht vorhersehen, wann und ob etwas verdarb. Der Tee wies einen feinen Nachgeschmack von Ingwer auf, aber das reichte nicht aus, um den Geschmack eines guten, tremalkingschen
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