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Der Untergang der Shaido

Der Untergang der Shaido

Titel: Der Untergang der Shaido Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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und drei der unbeholfenen seanchanischen Monstrositäten. Das waren die Schiffe der Herrinnen der Wogen sowie der Herrinnen der Segel, die die Ersten Zwölf eines jeden Clans bildeten, jedenfalls jene, die es in den Hafen geschafft hatten, bevor es dort keinen Platz mehr gab. Selbst der Ankerplatz von Illian hatte seine Grenzen, und der Rat der Neun und ganz zu schweigen diese Verwalter des Wiedergeborenen Drachen in Illian hätten Ärger gemacht, wenn die Athaʹan Miere den Handel behindert hätten.
    Plötzlich pfiff ein starker, eiskalter Wind aus dem Norden.
    Nein, er kam nicht auf; er war einfach da mit voller Kraft, peitschte das Hafenwasser zu kabbeliger Gischt auf und trug den Geruch von Kiefern und etwas .. . Erdigem heran. Sie verstand nur wenig von Bäumen, aber viel von dem Holz, das man zum Schiffsbau benutzte. Allerdings glaubte sie nicht, dass es in der Nähe von Illian viele Kiefern gab. Dann fiel ihr die Nebelgrenze auf. Während die Schiffe durch die Gewalt der einfallenden, nach Süden peitschenden Böe schaukelten, trieb der Nebel weiterhin langsam nach Norden. Die Hände auf den Knien zu lassen kostete eine Anstrengung. Sie verspürte den dringenden Wunsch, sich die Feuchtigkeit aus dem Haar zu wischen. Sie hatte geglaubt, dass sie nach Shadar Logoth nichts mehr erschüttern könnte, aber in letzter Zeit hatte sie zu viele… Merkwürdigkeiten… gesehen, Merkwürdigkeiten, die von einer aus den Fugen geratenen Welt kündeten.
    So abrupt der Wind gekommen war, so plötzlich war er auch wieder verschwunden. Gemurmel ertönte, der Ruders chlag geriet durcheinander, und das vierte Ruder auf der Backbordseite wurde durchgezogen und spritzte Wasser ins Boot. Die Mannschaft wusste, dass sich Wind nicht auf diese Weise verhielt.
    »Ganz ruhig«, sagte Harine fest. »Ruhig!«
    »Zieht zusammen durch, ihr Kanalratten«, schrie ihre Decksherrin vom Bug her. Drahtig und lederhäutig hatte Jadein auch Lungen wie Blasebälge. »Muss ich euch den Schlag vorgeben?« Die doppelte Beleidigung ließ einige Gesichter sich vor Wut verzerren, andere vor Scham, aber die Ruder begannen sich wieder im Gleichtakt zu bewegen.
    Shalon musterte jetzt den Nebel. Sie zu fragen, was sie sah, was sie dachte, würde jetzt warten müssen. Harine war sich nicht sicher, ob sie wollte, dass ihre Mannschaft es hörte. Sie hatten bereits genug gesehen, das ihnen Angst machte.
    Der Rudergänger legte nun einen Kurs auf einen der bauchigen Seanchaner an, wo jedes Bumboot, das sich in seine Nähe wagte, fortgejagt wurde, bevor die Händler auch nur zwei Worte hervorbringen konnten. Es war eines ihrer größten Schiffe, mit einem sich hoch auftürmenden Heckkastell, das drei Ebenen aufwies. Drei! Und das Ding hatte tatsächlich zwei Balkone am Heck! Harine wollte gar nicht wissen, was das von einem Cemaros oder einem Soheen des Aryth-Meeres aufgewühlte Heckwasser damit anstellen würde. Andere Zwölferboote und ein paar Achter warteten in der Reihenfolge der Wichtigkeit ihrer Passagiere darauf, längsseits zu gehen.
    Jadein stand im Bug auf und brüllte: »Shodein!« Ihre Stimme trug weit, und ein Zwölfer, der sich dem Schiff näherte, schlug einen weiten Bogen ein. Die anderen warteten weiter.
    Harine stand erst auf, nachdem die Mannschaft die Ruder gehoben und sie auf der Steuerbordseite eingezogen hatte und den Zwölfer direkt an der Stelle zum Stehen brachte, an der Jadein ein baumelndes Tau ergreifen und das kleine Boot längsseits halten konnte. Shalon seufzte.
    »Mut, Schwester«, sagte Harine zu ihr. »Wir haben Shadar Logoth überlebt, auch wenn ich mir beim Licht allein nicht sicher bin, was wir da überlebt haben.« Sie lachte rau.
    »Mehr als das, wir haben Cadsuane Melaidhrin überlebt, und ich bezweifle, dass das jemand anders geschafft hätte.«
    Shalon lächelte schwach, aber immerhin war es ein Lächeln.
    Harine kletterte die Strickleiter so mühelos hinauf wie vor zwanzig Jahren und wurde von dem Decksherrn, einem gedrungenen Burschen mit einer frischen Narbe unter der Lederklappe, die das bedeckte, wo sein rechtes Auge gewesen war, mit einem Signal aus seiner Pfeife begrüßt. Viele hatten bei der Flucht Verletzungen davongetragen. Viele waren gestorben. Sogar das Deck dieses Schiffes fühlte sich seltsam unter den Sohlen ihrer nackten Füße an, die Bohlen waren in einem merkwürdigen Muster verlegt. Die Ehrenformation war jedoch so gebildet, wie es sich gehörte, zwölf Männer mit bloßem Oberkörper zu ihrer

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