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Der Untergang der Telestadt

Der Untergang der Telestadt

Titel: Der Untergang der Telestadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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Menschheit insgesamt – oder sagen wir die entwickelten Staaten – in einem euphorischen Taumel befand.
    Das Datum in der Geschichte, siebenter Dezember zweitausendsiebzig, wird wohl ewig und für jedermann ein Fanal sein: Unterzeichnung des Vertrages über die Abschaffung aller Kriegswaffen, nachdem vorher bereits schrittweise Abrüstung praktiziert wurde. Wir einigten uns, daß dieser bedeutende Zeitraum der Erdgeschichte Ausgangspunkt all unserer Überlegungen zu diesem seltsamen Schiff sein mußte. Die Menschheit wurde sozusagen über Nacht reich, keine Energie-, keine Materialsorgen, Arbeitskräfte in Fülle und freie Industriekapazitäten. Der sozialen Gerechtigkeit wurde der Weg gebahnt, aber vor allem wurden Menschheitsobjekte oder vielleicht -träume in Angriff genommen, Pio nierprojekte! Eines davon: die Besiedlung des Raumes durch die Menschen nach dem arroganten Motto: Das Weltall dem Menschen! Wenn wir uns recht unseres Lehrplanes erinnerten, wurden damals mehrere, ich glaubte sechs, Bruno stritt und meinte vier, Großkreuzer gebaut. Sie sollten erkunden, kolonisieren, Brückenkopf der Menschheit sein. Für uns heute ein absurder Gedanke, aber man muß Ort, Zeit und Bedingung kalkulieren. Endlich hatte es die Menschheit geschafft, den bis dahin tickenden Zeitzünder der eigenen Vernichtung endgültig zu entschärfen. Wird man da nicht scheinbar Maß aller Dinge? Wir könnten uns das heute nicht vorstellen, wir können uns auch keinen Krieg, noch nicht einmal mehr einen ideologischen, zwischen den Menschen vorstellen.
    Euphorie und Überfluß, zwei schicksalbestimmende Faktoren, die zur Verausgabung, aber auch zu Evolutionswildlingen und tauben Blüten wuchern konnten. Die Menschen hatten damals einige Jahrzehnte gebraucht, bis sie den Mittelweg fanden…
    Heute sind wir schlauer – wie man meist danach immer schlauer ist. Sicher hat es auch damals warnende Stimmen gegeben…
    So ungefähr ordneten wir nach diesen Tagen des ermüdenden Auf und Ab in dem Monstrum von Schiff das damalige menschliche Unternehmen ein, was natürlich die Kardinalfrage, was ist aus diesen dreitausend Mutigen, Tollkühnen, Pionieren oder Hasardeuren geworden, nicht beantwortete.
    Diese Frage spitzte sich auf eine Formulierung zu: Leben sie am Ende auf diesem Planeten? Und das »Dorf« spielte bei diesen Überlegungen selbstverständlich die große Rolle.
    Aber wenn dem so wäre, warum haben sie sich so gründlich von der Heimat losgesagt, warum das Schiff verkommen lassen, seine Hermetik zerstört, die Inneneinrichtung verschleppt…, es nicht wirklich startklar gehalten? Warum haben sie keine Richtfunkbrücke zur Erde hergestellt; die Voraussetzungen dazu hatten sie… Warum, warum…? Eine Kette von Fragen.
    Das Unbeantwortete war der Grund, weshalb wir entgegen unserer ursprünglichen Absicht den Aufenthalt im Schiff verkürzten. Wir kehrten zurück zu unserem Kreuzer. Und wenn wir ihn vordem als Mittel zum Zweck betrachtet hatten, sah zumindest ich ihn nun mit anderen Augen. Ich habe mich mit den Gefährten darüber nicht ausgetauscht, selbst mit Lisa nicht, um nicht für zu sentimental gehalten zu werden, die FOTRANS war mir plötzlich als ein Stück Heimat sehr, sehr lieb geworden…

    Wir brauchten abermals ein Konzept. Ich schlug vor – auch eingedenk unseres eigentlichen Auftrages –, den aufgefundenen Weg nunmehr nach der anderen Seite zu verfolgen, dazu den Rover zwei wegen dessen Geräumigkeit mitzunehmen und so gleichzeitig – vordergründig dachte ich an das »Dorf« – ein weiteres Stück des Planeten kennenzulernen. Bislang verlief der Weg in einer für unser Vorhaben günstigen Richtung. Ich wagte sogar die Hypothese, er sei die Trasse, auf der sie ihre Verstorbenen zum Schiff gebracht hätten, aus welchem Grunde auch immer. (Wenn in unserer Runde einer »sie« sagte, wußten alle, wen wir meinten… )
    Mein Vorschlag gefiel zwar, allein seine Verwirklichung hätte zu lange gedauert, was ich schließlich auch einsah.
    Wir einigten uns auf einen Kompromiß: Wir würden den kleinen Rover in den Drehflügler zwei laden, in gebührendem Abstand vom »Dorf« eine Lichtung schlagen und uns von da aus mit dem Rover weiterbewegen. Wenn wir dabei beim Anflug den Weg nicht verlören, wäre dieses Vorgehen nahezu ideal.
    Eine Frage, die sich stets stellte in derartigen Situationen: das Schiff allein lassen oder nicht, entschieden wir gegen das Reglement. Wir wollten die Exkursion zu sechst, also getrennt von unserer

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