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Der Untergang der Telestadt

Der Untergang der Telestadt

Titel: Der Untergang der Telestadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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konnte mir das nicht einbringen, obwohl ich bereits durch das erstemal die Inkubationszeiten für überschritten hielt. (Daß solches Denken falsch ist, weiß ich natürlich. Schließlich bekommt man bei uns auch nicht überall und zu jeder Zeit den Schnupfen.)
    Mein Tun löste hinter mir bei den Gefährten Unruhe aus, aber zu rufen wagten sie offenbar nicht. Bestimmt hätte man mir die Demaskierung verboten.
    Ich hatte noch nicht ganz die Stelle erreicht, da sah ich sie abermals. Sie waren etliche Schritt in das Dunkel des Waldes zurückgewichen, standen wie vordem stoisch und schauten.
    Langsam näherte ich mich. Es schien, als gerieten sie zunehmend in eine Abwehr- oder Fluchthaltung.
    Dann konnte ich sie ganz deutlich sehen. Ich blieb stehen. »Hallo«,
sagte ich sanft. »Kommt näher!« Und ich vollzog eine einladende Geste
zum Lagerplatz hin.
Sie rührten sich nicht.
    Ich tat weitere kleine Schritte. Gleichzeitig bedeutete ich hinter dem Rücken meinen Gefährten, man solle mir ja nicht etwa folgen. Dann blieb ich abermals stehen. Mir schien, das Auf-dem-Sprung-Sein der Wesen hatte sich verstärkt.
    Keine zehn Meter vor mir standen, dachte man sich einiges, was an ihren Körpern hing, weg, drei normal entwickelte Menschen, zwei Frauen und ein Mann.

    Die Frauen trugen angespitzte Stangen, ähnlich dem Bambus, während die Waffe des Mannes aus einem an einem Ende spitz geklopften Wasserrohr bestand; in der Mitte hielt eine Muffe zwei Teilstücke zusammen, man sah auf beiden Seiten Gewindeansätze.
    Die drei waren kaum bekleidet. Die eine der Frauen schien schwanger zu sein, alle drei Körper waren über und über mit kleinen schorfverkrusteten Wunden übersät, und ich war mir sicher, die Fremden mußten in den Insektenschwarm geraten sein.
    Ihre eigentliche Kleidung bestand aus lederartigen breiten Streifen, die sie von der Schulter herab außen an die Arme gebunden hatten, Gleiches schützte die Beine, und die Füße waren in die Streifen geschnürt. Aus ähnlichem Material trugen alle drei Umhängebeutel.
    Dann fiel mir auf, daß sie auf den haarlosen Köpfen eine Art Stickerei trugen, und im Gürtel des Mannes stak ein blankes Messer. Plötzlich sagte die ältere Frau, ich würde sie mit unseren Maßstäben auf Mitte Dreißig geschätzt haben, etwas zu den anderen beiden. Es klang gutartig, angenehm gar. Danach legten sie ihre Stangen ab und verschwanden beinahe lautlos im Dickicht.
    Ich sah zu den Gefährten zurück. Sie gaben Zeichen der Ratlosigkeit von sich. Ich bedeutete ihnen, sie sollten bleiben, wo sie waren. Denn die Begegnung hatte noch kein Ende gefunden!
    Unversehens waren die drei wieder da. Der Mann und die ältere Frau jonglierten geschickt eine Stange durch das Geäst, an der ein großes, klumpiges, in Blätter gehülltes Etwas lose geschnürt hing.
    Die Schwangere nahm ihre Stange auf, während die zwei anderen mit ihrer Last aus dem Wald traten.
    Spätestens jetzt mußten mir die Gefährten Abbitte leisten, denn jetzt konnten sie meine angeblichen Phantasiegebilde leibhaftig agieren sehen. Das, was sie schleppten, legten sie mir unmittelbar vor die Füße. Ein Stöhnen drang daraus hervor. Die Frau entfernte ein großes Blatt von dem Bündel. Darunter wurde ein Antlitz, das hübsche Antlitz eines Mädchens, sichtbar, das schmerzentstellt war. Die Augen hielt es geschlossen, aus dem Mund sickerte ein dünner Blutfaden.
    Natürlich setzte mich das alles in beträchtliches Erstaunen. Und bevor ich mich davon erholt hatte, waren die drei verschwunden, nunmehr aber, wie sich alsbald herausstellte, endgültig.
    Eine Weile stand ich unschlüssig, ging dann ein paar Schritte auf den Wald zu, bevor ich die Gefährten heranwinkte.
    Wir standen zu sechst ratlos vor diesem Kuckucksei; denn daß es sich – profan gesagt – um eine solches handelte, bezweifelte niemand. »Was steht ihr hier herum wie die Baalspfaffen«, raunzte Lisa. »Seht ihr nicht, daß Hilfe not tut! Stehen und gaffen!«
    Wir wurden mobil. Inge rannte aufstöhnend davon, sicher taten ihr die Rippen noch weh, und holte eine Decke, während wir anderen das verletzte Mädchen auspellten.
    Zunächst zogen wir die Stange aus den Rindenstreifenschlaufen, dann entfernten wir die riesigen Blätter vom Körper, der wesentlich ärger zugerichtet war als der der drei anderen. Die Wunden begannen erneut leicht zu bluten.
    Aber nicht deswegen war das Mädchen ohnmächtig. Unterhalb der Brust bis zu den Hüften zogen sich spiralförmige, blau

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