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Der Untergang der Telestadt

Der Untergang der Telestadt

Titel: Der Untergang der Telestadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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zur Nahrung gelangte. Und siehe, was vordem am Erlöschen flackerte, erholte sich schnell zu einer hell werdenden Fackel, die meine Finger zu verbrennen drohte.
    Einer plötzlichen Eingebung folgend, warf ich den brennenden Zweig zu Boden und trampelte die Flamme aus. Dann betrachtete ich mir das Übriggebliebene, einige trockene Blätter und die Rinde. Und danach suchte ich in dem verworrenen Pflanzenwuchs den Baum oder Strauch, von dem der Zweig stammte. Ich fand einen welken Ast, den ein Transporter abgerissen haben mochte. Sofort probierte ich – und hatte Erfolg. Der Ast hing faserig noch an seinem Stamm, so daß es mir nicht schwerfiel, die Frischform der Strauchpflanze zu bestimmen.
    Zur Vorsicht legte ich ein paar Blätter in meinen Skizzenrahmen und markierte den Strauch. Den Ast aber band ich an meinen Gürtel und zerrte ihn auf meinem weiteren Marsch hinter mir her. Gleichzeitig musterte ich die bizarren grünen Wände links und rechts. Doch abgesehen davon, daß sich das Vorhaben, so im Laufen weitere dieser Büsche zu entdecken, sehr schwierig anließ, die Pflanze schien in der Tat auch äußerst selten zu sein. In über vier Stunden Marsch – ich kehrte an diesem Tag wieder einmal heim zur Telesalt – traf ich sie nicht wieder. Aber der mitgeschleppte Ast bot mir willkommenen Anlaß, erneut von meiner Hauptaufgabe abzurücken. In der Überzeugung, derartige Pflanzen in Fülle zu entdecken, baute ich mir in meine Behausung einen Kamin ein. Natürlich mit Sicht auf später, wenn das Holzfeuer meine einzige Energiequelle sein würde.
    Wenn ich mich auch ein klein wenig selbst betrog, müßig jedoch war ich kaum eine halbe Stunde.
    Nach dem Arbeitstag fühle ich mich meist so erschöpft und ausgepumpt, daß ich traumlos schlafe, und selbst die endlosen Märsche verlangen wegen der am Weg lauernden Gefahren ständige Aufmerksamkeit. Will sagen: Ich komme nicht zum Grübeln, zum tieferen Nachdenken. Mein Leben verläuft einesteils ziemlich oberflächlich, andernteils in intensiver Arbeit. – Aber Neuerde mit seinen Menschen rückt weit von mir fort. Dazu beigetragen mag haben, daß in den vergangenen Wochen Transporter ausgeblieben sind. Mit Erschrecken stelle ich fest, daß mein Tun zum Selbstzweck auszuarten droht. In den Sinn ist mir das gekommen, als mein Kamin und die Depotkaskade standen. Viel gefehlt hätte nicht, und ich wäre durch die Gegend gestrichen, um nach Flammbäumen zu suchen.
    Nun aber sind alle Voraussetzungen getroffen, mit der eigentlichen Arbeit zu beginnen, und es gibt keinen plausiblen Grund, noch länger zu zögern. Es hat mich dieser Tage mit Unbehagen erfüllt, festzustellen, daß es ein halbes Neuerdejahr her ist, seit ich die Gefährten verlassen habe. Und ich weiß nicht, was in dieser Zeit dort in Seestadt geschehen ist…

    Auf dem Wege nach Seestadt kontrollierte ich die Depots, stellte fest, daß sie sich im ganzen bewährten. Da und dort mußte ich das eine oder andere reparieren. Nur in einem Fall fand ich die Abdeckplane gewaltsam zerrissen, von Echsen wahrscheinlich.
    Am dritten Tag verließ ich meinen letzten Stützpunkt, in drei Stunden
würde ich an der Peripherie der Siedlung sein. Ich gestehe, daß mein
Herz schneller schlug.
Ich näherte mich behutsam.
    Die Schneise wurde durch eine Querbahn durchbrochen, es sah aus, als bilde sie einen Ring um die Stadt. Ich ging geradeaus weiter, jetzt auf einer ausgefahrenen Piste, die beinahe frei war von nachsprießenden Schößlingen und Zweigen. Unter die natürlichen Geräusche mischte sich, immer deutlicher werdend, Arbeitslärm.
    Beim Voranschreiten wurde ich zunehmend vorsichtiger, darauf bedacht, mich in Deckung zu begeben, sobald die Gefahr der Entdeckung bestünde. Zweimal passierten meinen Standort in rascher Fahrt Arbeitsfahrzeuge.
    Hinter dem Gebüsch hervor konnte ich von den Insassen niemanden erkennen, was mir den Gedanken eingab, daß wohl nach wie vor nicht jeder mit jedem bekannt war, ich also durchaus nicht in jedem Falle, träfe ich mit einem zusammen, identifiziert zu werden brauchte. Und gewiß hatte ich mich verändert. Ich trug das Haar der einfacheren Pflege wegen kurz und gebunden und bildete mir ein, hagerer, insgesamt magerer geworden zu sein. Manchmal hatte ich das Gefühl, meine Gesichtshaut gliche der Witterungseinflüsse wegen der eines Wikingers. Ich hatte mich also nur vor Bekannten in acht zu nehmen.
    Meine Panzerung, die Tarnung und den größten Teil der Ausrüstungsgegenstände legte

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