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Der Untergang der Telestadt

Der Untergang der Telestadt

Titel: Der Untergang der Telestadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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ihre Fahrt sei zu Ende und mir würden Schwierigkeiten entstehen.
    Aber nach einigem gefährlich anmutenden Taumeln fing sich das Gefährt und setzte mit unvermindertem Tempo den Weg fort.
    Als es hinter dem Grün verschwunden war, trat ich auf den Weg. Die kleine Karambolage hatte mir eine Arbeit abgenommen. Die kräftige Schmarre im Stamm des Baumes würde lange sichtbar sein und mir als Zeichen zum Wiederauffinden des Depots dienen.
    Obwohl die Ladezeit des Schwebers diesmal unter zwei Stunden liegen konnte – schließlich wußte ich, daß die Fracht bereits vor der Telesalt bereitlag –, hatte ich mich entschlossen, den Rückweg anzutreten. Ich war auch erst anderthalb Stunden unterwegs, als ich den Transporter kommen hörte. Es blieb mir Zeit genug, mich, ledig allen Gepäcks und getarnt, seitlich ins Gebüsch zu drängen. Irgendwie wurde mir wehmütig, als ich die Gefährten in Richtung Seestadt entschwinden sah. Sobald ich die von mir geschaffene Abkürzung erreichte, fielen die ersten schweren Regentropfen dieses Tages.
    Patschnaß erreichte ich das Schiff. Der Platz davor zeigte sich geräumt, in den Gängen lag liederlich verstreut Verpackungsmaterial. Obwohl mir solch ein Zustand gegen meinen Ordnungssinn ging, unterließ ich jedes Aufräumen. Schließlich konnte sich bei einem der Besucher das Bild eingeprägt haben, und eine Veränderung würde Argwohn erregen. Ich dachte an die Stunde des Streunens der Männer im Schiff und näherte mich daher gespannt meinem Domizil. Aber ich fand die von mir als Tarnung eingerichtete Rumpelkammer unangetastet und den Eingang zur Stiege in meine Kuppel so vor, wie ich ihn verlassen hatte.
    Das dringende Bedürfnis, mich zu restaurieren, mußte ich mir aus Wassermangel zum Teil versagen. Natürlich gab es auf Neuerde Wasser in Hülle und Fülle, aber ich hatte es von draußen über mehr als zweihundert Meter und über mehrere Treppen hereinzuschleppen. Deshalb ging ich sparsam damit um. Die Versorgung im Schiff war längst eingestellt.
    Während ich also mit meinem Läppchen an mir herumwusch, trommelte der Platzregen wie aus Kannen geschüttet draußen auf die Kuppel.

    Sieben Tage habe ich keine Eintragung gemacht. Aber ich habe geschuftet und mir seit der Landung auf Neuerde das größte Erfolgserlebnis bereitet: Ich habe mir für meine Behausung eine perfekte Wasserver- und -entsorgung geschaffen, die mir gestattet, nach Herzenslust zu plantschen. Ich fange draußen in einem Trichter den Regen ein, leite ihn durch den Spalt der auseinandergefahrenen und wieder manuell abgedichteten Kuppel in eine Reihe von Vorratsbehältern; denn schließlich gibt es erfahrungsgemäß Jahreszeiten mit weniger Regen.
    Das Abwasser lasse ich einfach am unteren Rand der Kuppel durch ein Rohr auf der dem Eingang zum Schiff abgewandten Seite abfließen. Ich bin mir ziemlich sicher, daß mich die Spur nicht verraten wird… Ich war so stolz auf meinen Sanitärtrakt, daß ich täglich bis zu dreimal duschte, und Wasser floß – zumindest in dieser Jahreszeit – reichlich nach.
    Einmal in dieser Zeit wurde ich durch Motorengeräusch unterbrochen,
das durch den noch nicht gänzlich abgedichteten Kuppelspalt ziemlich
laut zu mir drang.
Natürlich bekam ich zunächst einen Schreck.
    Sehen konnte ich nichts, da das Fahrzeug offenbar vor dem Tor stand. Von meiner Kuppel aus erhaschte ich höchstens mit dem Blick ein Stück der Piste, die vom Schiff nach Ziel führte.
    Ich lauschte also in das Innere der Telesalt und wagte nicht, auch nur
das geringste zu tun aus Furcht, schon das leiseste Geräusch könnte
mich verraten.
Einmal hörte ich entfernt dumpfe Schläge.
    Als der Motor wieder angeworfen wurde, nahm ich meinen Beobachtungsplatz am Fenster ein, nach wie vor ängstlich darauf bedacht, nicht entdeckt zu werden. Daß man durch das Panzerglas ohnehin von draußen nicht hindurchsehen konnte, fiel mir in dieser Sekunde nicht ein. Dann gewahrte ich wenige Augenblicke lang das offene Fahrzeug, auf dessen Ladefläche, bewacht oder festgehalten von zwei Personen, eine Apparatur aufragte. Keiner warf einen Blick zurück zum Schiff.
    Es war mir zur Gewißheit geworden, man hatte mich abgeschrieben. Und obwohl dies ein für mich durchaus vorteilhafter Zustand zu sein schien, machte mich der Tatbestand traurig. Da nützte auch die Erkenntnis nichts, daß dort, wo ausschließlich Leistung zählte – und das war auf Neuerde so oder mußte so sein –, jeder, der die Erwartungen, gleichgültig aus

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