Der Untergang der Telestadt
welchem Grunde, nicht erfüllte, der Vergessenheit anheimfiel. Das hatte ich hundertmal erlebt und wenn nicht als gut, so doch als gegeben empfunden… Anders stellt es sich wohl dar, ist man selber betroffen…
In den folgenden Tagen hatte ich weiter nichts gemacht, als meine Behausung noch besser eingerichtet.
Zunächst redete ich mir ein, ich müsse das Schiff noch einmal gründlich durchforsten, bevor es für mich zu spät sein würde. Es schien, als hätte man in Seestadt beschlossen, weiteres Brauchbare dorthin zu holen, und für mich bliebe am Ende nichts übrig. Außerdem befriedigte mich der neue Komfort in meiner Wohnung so, daß sich der Wunsch anknüpfte, mich möglichst vollkommen einzurichten.
Ich mußte natürlich aufpassen, nicht Dinge zu entfernen, die irgend jemandem erinnerlich sein mochten. Dennoch stöberte ich in den ehemaligen Wohnungen, fand da ein Bild, dort ein Geschirrteil oder einen anderen nützlichen Gegenstand. In einer Schublade entdeckte ich einen Wecker mit Federwerk zum Aufziehen, ein uraltes Stück, das ich wie ein Heiligtum davontrug; denn eines Tages würde die Energie meiner Armbanduhr verbraucht sein…
Ich mußte mich schier zwingen, mir meine zunächst vordringliche Aufgabe, die Einrichtung der Depots, wieder vorzunehmen. Endlich räumte ich der Bequemen in mir noch einen Tag für eine Umstapelung meiner Brennstoffkanister ein, in der Wohnung selbst strömten sie doch Gerüche aus, und dann machte ich mich am Tag darauf erneut auf den Weg, hinaus in die Gefahr.
Wie unentbehrlich mein Panzer war, erfuhr ich gleich auf diesem Marsch: Vollbepackt stapfte ich schwitzend meine zwei Stunden zu einem nächsten Depotplatz ab, drang dann einfach zur Rechten in das Gestrüpp, fand an einer Stelle dünnes Krüppelgehölz und begann, mit dem Haumesser Platz zu schaffen.
Plötzlich wurde ich gepackt und vom Boden emporgerissen. Um meine Brust schlang sich der Arm eines Polypen.
Ich benötigte Sekunden, um die panische Angst zu unterdrücken.
Das Ungetüm selbst sah ich nicht; es befand sich hinter mir und höchstwahrscheinlich im Buschwerk, in welches es mich mit aller Gewalt zu reißen trachtete. Allein – zwei armstarke Stämme, gegen die ich quer gezerrt wurde, verhinderten dies. Hätte mich die Blechhülse nicht ummantelt, der wuchtige, unverhoffte Angriff hätte mir Rippen und Wirbelsäule zerknickt. Nur eine Sekunde streifte mich der Gedanke, hätte das Monster mich tiefer, um die Lenden gepackt, meine Lage wäre wohl wesentlich bedenklicher.
Ungefährlich war die Situation dennoch nicht. Der Polyp zerrte wütend in Intervallen, die Stämme wippten, ich wurde hin und her gewalkt, es konnte geschehen, daß ich weiter in das Pflanzengewirr gezogen würde und weniger geschützte Körperteile zu Widerlagern für die Gehölze wurden.
Ich mußte also schnell handeln, und es vollzog sich eigentlich wie ein Reflex, nicht so, wie ich es im nachhinein hier schildere. Ich riß den Laser aus der Halterung, legte das Entladungsrohr unterm Kinn parallel auf den Panzer in Richtung auf den glänzenden, zuckenden, kinderschenkelstarken Fangarm. Soweit dachte ich noch, daß ich mich nicht selbst verletzen durfte mit dem scharfen Strahl.
Und dann drückte ich ab, kippte das Rohr dabei langsam nach oben. Ein häßliches Zischen setzte ein, es bildeten sich auf der schön gemusterten Extremität wuchernde Blasen, die platzten und kochenden, zähflüssigen dunkelbraunen Saft freigaben.
Deutlich sah ich, wie der unsichtbare Strahl tiefer in das Fleisch drang, einen schwarzen Spalt mit verkohlten Rändern hinterlassend. Gleichzeitig verringerte sich der Andruck; ich sackte hinab und fiel mit dem abgetrennten Fangarm endgültig zu Boden.
Ein hohler Seufzer drang aus dem Gebüsch, dem brechendes Rascheln und Fluchtgetöse folgten.
Nach Minuten raffte ich mich auf. Angeekelt wischte ich den Sudel
vom Blech.
Mir zitterten die Knie, und ich mußte mich setzen.
Obwohl ich gesiegt hatte, war mir der begünstigende Glücksumstand bewußt, der in der Art und Weise des Angriffs lag. Das konnte ganz anders kommen…
Erst nach einer halben Stunde begann ich wieder mit meiner Arbeit. Und sie ging mir nicht schnell von der Hand, weil ich oft minutenlang lauschte oder nachsann über die Sinnfälligkeit meines Tuns. Schließlich hatte ich das Depot eingerichtet.
Ich kennzeichnete die Stelle draußen auf der Schneise, doch dann drang ich noch einmal ins Dickicht vor und schulterte den
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