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Der Untergang der Telestadt

Der Untergang der Telestadt

Titel: Der Untergang der Telestadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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abgetrennten

Fangarm des Landkraken. Unter uns Siedlern galt solches Wildbret mittlerweile als Delikatesse.

    Ich hatte fast ein Vierteljahr zu tun, um die Depots nach meinen Vorstellungen einzurichten. Je weiter sie sich von der Telesalt entfernt befanden, desto beschwerlicher wurde die Arbeit. Schon bis zur Mitte der Strecke benötigte ich für einen Gang beinahe vier Tage. Die Regenzeit hatte ihren Höhepunkt erreicht; gegen vierzehn Uhr eines jeden Tages gebot das vom Himmel stürzende Wasser jeder Tätigkeit Einhalt. Mehr als einmal stand ich vor der Entscheidung, alles hinzuschmeißen und ein bequemes Einsiedlerleben zu führen oder gar reumütig in den Schoß meiner Gemeinschaft zurückzukehren. Von meiner von mir selbst hochstilisierten Mission bin ich längst nicht mehr überzeugt.
    Allein die Angst vor einsiedlerischer Langeweile und der Nutzlosigkeit in der Gesellschaft ließ mich weitermachen, allerdings gestaltete sich der Fortgang wesentlich langsamer, als ich ursprünglich angenommen hatte. Mit der Zeit lernte ich, auf meine Umgebung zu achten, aus den Geräuschen die Gefahren zu filtern. Echsenansammlungen in den Wipfeln konnten rechtzeitig mit einer Lasersalve zerstreut werden. Wenn die Polypen schlichen, verstummte vielfaches Leben, und für Minuten beherrschte das leise rhythmische Schlurfen den Wald. Die bissigen Nager flohen meist den Menschen. Angst hatte ich vor einem erneuten Insektenschlupf.
    Ich mußte im Freien übernachten, in Regen und Dunst oft. Anfangs glaubte ich, solche Nächte nicht zu überstehen, und ich war überrascht, wie schnell ich mich an sie gewöhnt hatte.
    Nach und nach schleppte ich menschengroße Hauben aus organischem Glas in jedes Depot. Im Schiff hatten sie in den Algenkulturen zur Erhaltung des Mikroklimas gedient, mir gereichten sie nun zur einigermaßen sicheren Behausung unterwegs, über die ich noch das Zelt spannte. So richtete ich mich ein, täglich, noch vor Einsetzen des Regens, eines meiner Depots zu erreichen.
    Die verbleibenden Stunden, in denen mich Nässe und Dunkelheit in meine provisorischen Landsitze zwangen, verbrachte ich einerseits mit einer Art Selbststudium, zu dem ich mir Materialien, Speicher, Bücher und Kleinbänder, aus der Bordbibliothek mitnahm, von denen ich meinte, daß sie mir nützten. Ich las nach über Weidmännisches, Handwerkliches, studierte geschichtlich-technische Entwicklungszusammenhänge. Andererseits nutzte ich diese Zeit zu Ausbesserungsarbeiten oder einer vermeintlich nützlichen Bastelei; denn eines hielt ich mir stets bewußt: Je eher ich mich von den noch funktionierenden Systemen des Schiffes trennte, desto zukunftssicherer würde sich mein Leben gestalten. Das betraf wohl in erster Linie, bei mir wie bei allen Menschen auf Neuerde, die weitere Energiebereitstellung.
    Eine mich sehr erleichternde, zufällige Entdeckung kam mir zu Hilfe. Eines Tages verrieten Geräusche im Busch über mir wieder einmal die Ansammlung einer Raubechsenmeute, die – wie weiland die Wölfe auf der Erde – sich im Rudel stark fühlten und durchaus anzugreifen imstande waren.
    Ich hörte mir das auf meinem Marsch eine Weile an, bis ich sicher war, daß die Zusammenkunft mir galt. Da verhielt ich, wartete, bis die huschende Horde über mir zum Stehen kam. Dann begann, zögernd zunächst, das Bombardement. Sie warfen mit harten, kopfgroßen Früchten, durchaus nicht ungefährlich. Kaum eines der Tiere ließ sich sehen. Wie so oft hielt ich also den Laser auf das Lärmzentrum und säbelte einige Schüsse in das Blätterdach. Wie stets Ruhe, dann Geschimpfe, lärmendes Davonstieben. Rauch wallte zwischen den Bäumen, Blätter und Zweige fielen.
    Schon wollte ich meinen Weg fortsetzen, als ich mich, aufs tiefste überrascht, gleichsam auf dem Absatz herumwarf.
    Ich hatte mich nicht getäuscht: An einem der herabgefallenen Äste züngelte eine kleine bläuliche Flamme!
    Bislang war es nicht gelungen, auf diesem Planeten, der von Pflanzenarten strotzte, solche zu finden, mit denen ein selbstbrennendes Feuer hätte unterhalten werden können. Obwohl sie mindestens so kohlenstoffhaltig waren wie auf der Erde, obwohl die Atmosphäre mehr Sauerstoff als auf unserem Heimatplaneten enthielt, entstanden offensichtlich bei der Erhitzung der Pflanzen keine gasförmigen, brennbaren Kohlenwasserstoffe.

    Aber plötzlich brannte da vor mir ein Ästchen mit kränklicher blauer Flamme. Vorsichtig hob ich den Zweig auf, hielt ihn so, daß das Feuerchen besser

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