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Der Untergang der Telestadt

Der Untergang der Telestadt

Titel: Der Untergang der Telestadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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Angesicht zu kennen.
    Ich schulterte das Messer so, daß es mein Gesicht halb verdeckte, und marschierte drauflos.
    Dann kamen einige Rufe: »He, hier gibt es auch zu tun!«, »Gehst wohl in die Pilze?«, »Die schlägt die Schneise zum See.«
    Ich hob die freie Hand, rief: »Hallo – ihr packt das sicher ohne mich!« Mit beschleunigtem Schritt brachte ich ein paar niedrige Büsche und aufgehäufte Äste zwischen mich und die Gruppe. Den Schweiß, der mir bereits den Rücken hinunterrann, hatte gewiß nicht nur die permanente Schwüle auf diesem Planeten hervorgerufen.
    Dann hatte ich den Kulminationspunkt der Umrundung erreicht, trat am gegenüberliegenden Ortsrand den Rückweg an, froh, bislang unentdeckt geblieben zu sein, und bereits zum Umfallen erschöpft.
    Auf der Höhe des Ortszentrums führte ein mit Bohlen befestigter Weg rechtwinklig in die Waldung, der rege begangen wurde, so daß ich mich zunächst nicht recht entschließen konnte, ihn zu überqueren. Dennoch machte mich die Anlage neugierig, die seinerzeit nicht vorhanden war und die eine wichtige Trasse für die Einwohner von Seestadt zu sein schien.
    Es zogen kleine und große Trupps von Menschen in beiden Richtungen. Sie trugen Werkzeuge, kleine Container, transportierten Baumaterial stadtauswärts und Bündel eines schilfartigen Gewächses stadteinwärts. Zwischen zwei solcher Gruppen reihte ich mich ein, nachdem ich festgestellt hatte, daß der Bewuchs neben der Straße die Begehbarkeit dort unmöglich machte.
    Nach einigen hundert Metern verbreiterte sich die Trasse zu einem freien Platz, der sich an dem hier breiten, träge dahinfließenden Fluß »Westlauf« auftat. Mir war bis zu diesem Zeitpunkt nicht mehr gegenwärtig, daß Seestadt dem Fluß so nahe lag. Anfänglich war der Zugang nicht erschlossen gewesen, und, wie ich mich schnell überzeugen konnte, man holte das jetzt nach.
    Auf Schlauchbooten trieb eine Gruppe von Leuten einen breiten Steg vor, der, vom Ufer beginnend, mit rohen Stämmen benagelt wurde. Andere rodeten Schilf an den Flanken des Platzes. Ein großes Fertigteilboot wurde zusammengesetzt, und einige Bauwerke befanden sich im Entstehen.
    Ich reihte mich bei den Schilfrodern so ein, daß ich in einem gebührenden Abstand zu anderen stand, hatte schnell die Technologie des Hauens und Ablegens der Schwaden begriffen und sah mich dabei gründlich um, obgleich mir die Arbeit – nach einer Viertelstunde hatte ich das bereits erfahren – in meinem erschöpften Zustand nicht leichtfiel.
    Flußaufwärts wurden zwei große Schlauchboote herangerudert, die mit lautem Hallo begrüßt wurden. Zahlreiche Seestädter legten die Arbeit nieder und eilten zum Strand.
    Der Grund zur Freude wurde mir klar, als man begann, Stiegen mit halbmetergroßen, dicken Fischen zu entladen. Sicher eine höchstwillkommene Bereicherung des Nahrungsmittelangebots für die Bewohner. Ich selbst wäre nicht abgeneigt gewesen, sofort an einer Mahlzeit solcher Art teilzunehmen.
    Ich benutzte die Unruhe bei der Anlandung der Fische, von denen ich nicht wußte, ob sie aus dem Fluß oder dem See, der etwa achtzig Kilometer westlich von Seestadt lag, stammten, schulterte mein Messer und ein kleines Bündel Rohr und marschierte stadtwärts.
    In einem Augenblick, in dem ich mich unbeobachtet fühlte, warf ich das Bündel ab, vielleicht ein Anlaß für Gus, war er noch Bürgermeister, eine allgemeine Rüge ob der Schludrigkeit seiner Mitbürger zu erteilen, und setzte die Umrundung des Ortes fort.
    Wieder erfaßte mich Wehmut, als ich die Schule passierte und die Kleinen unbeschwert in der Pause auf dem Hof herumtollten. Ich erkannte Doris, die aufsichtführende Lehrerin, und zog beschleunigten Schrittes vorbei.
    Als ich, aufs äußerste erschöpft, meinen Stützpunkt erreichte, kuschelte ich mich auf meine feuchtigkeitsabweisende Folie und schlief sofort ein. Der Regen weckte mich.
    Ich ließ alle entbehrlichen Ausrüstungsgegenstände zurück, richtete so gleichsam ein zusätzliches Depot ein, und begann meinen mühseligen Rückmarsch, und ich ging, solange das Tageslicht es zuließ. Nach drei Stunden erreichte ich, bis auf Füße und Beine trocken zwar, abermals todmüde und durch das unentwegte heftige Wassergetrommle auf meine Folie nervlich angegriffen, das erste Depot, und ich kroch unter die Haube, ohne noch die geringste Verrichtung zu vollbringen.
    Jetzt, da ich in meiner Behausung sitze und über meinen ersten Ausflug berichte, kommt mir die Dürftigkeit

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