Der Untergang des Abendlandes
kein Buddhist; er hat diese Strömungen nur verstanden und in Schutz genommen (Hillebrandt, Altindien S. 143).] und endlich den Pharao Amenophis IV., dessen tiefsinniger Versuch einer Religionsgründung von der mächtigen Priesterschaft des Amon als Ketzerei aufgefaßt und vereitelt worden ist, eine Gefahr, die sicherlich auch Asoka von den Brahmanen gedroht hat. Aber gerade der Cäsarismus hat im chinesischen wie im römischen Imperium einen Kaiserkult ins Leben gerufen und damit den Synkretismus zusammengefaßt. Es ist ein absurder Gedanke, die chinesische Verehrung des lebenden Kaisers sei ein Stück alter Religion gewesen. Kaiser hat es während der ganzen Dauer der chinesischen Kultur überhaupt nicht gegeben. Die Herrscher der Staaten hießen Wang, König, und Meng-tse schrieb kaum hundert Jahre vor dem Endsieg des chinesischen Augustus ganz im Sinne des 19. Jahrhunderts den Satz: »Das Volk ist das wichtigste im Land; danach kommen die nützlichen Götter des Bodens und Getreides; am wenigsten wichtig ist der Herrscher.« Die Mythologie von den Urkaisern ist ohne Zweifel erst von Konfuzius und seiner Zeit, und zwar in rationalistischer Absicht in eine staatsrechtliche und sozialethische Fassung gebracht worden; diesem Mythos hat dann der erste Cäsar Titel und Kultbegriff entnommen. Die Erhebung von Menschen zu Göttern ist die Rückkehr zur Frühzeit, wo man Götter zu Helden machte wie gerade die Urkaiser und die Helden Homers, und sie ist ein bezeichnender Zug fast aller Religionen dieser zweiten Stufe. Konfuzius selbst wurde 57 n. Chr. zum Gott mit offiziellem Kult erhoben. Buddha war es damals längst. Al Ghazali (um 1050), der die »zweite Religiosität« der islamischen Welt vollenden half, ist für den Volksglauben ein göttliches Wesen und einer der beliebtesten Heiligen und Nothelfer geworden. In der Antike gab es in den Philosophenschulen einen Kult des Plato und Epikur, und die Abstammung Alexanders von Herakles und Cäsars von Venus leitet deutlich zum Kult des Divus hinüber, in dem uralte orphische Vorstellungen und Geschlechterkulte ebenso wieder auftauchen wie im chinesischen Kult des Hoang-ti ein Stück der ältesten Mythologie.
Mit diesen beiden Kaiserkulten beginnen aber schon die Versuche, die zweite Religiosität in feste Organisationen zu bringen, die man Gemeinden, Sekten, Orden, Kirchen nennen mag, die aber stets starre Wiederholungen lebendiger Formen der Frühzeit sind und sich zu diesen verhalten wie die Kaste zum Stand.
Etwas davon enthielt schon die Reform des Augustus mit ihrer künstlichen Wiederbelebung längst erstorbener Stadtkulte, wie der Bräuche der Arvalbrüder, aber erst die hellenistischen Mysterienreligionen und selbst noch der Mithraskult, soweit er nicht der magischen Religiosität zugerechnet werden muß, sind solche Gemeinschaften, deren Weiterbildung dann durch den Untergang der Antike abgebrochen worden ist; ihnen entspricht der theokratische Staat, den die ägyptischen Priesterkönige von Theben im 11. Jahrhundert v. Chr. aufrichteten, und die Taokirchen der Hanzeit, vor allem die von Tschang-lu begründete, welche 184 n. Chr. den furchtbaren, an religiöse Provinzaufstände der römischen Kaiserzeit erinnernden Aufstand der gelben Turbane hervorrief, der weite Gebiete verwüstete und den Sturz der Han-Dynastie herbeigeführt hat. [J.J. de Groot, Universismus (1918), S. 134.] Und diese asketischen Kirchen des Taoismus finden mit ihrer Starrheit und wilden Mythologie ihr vollkommenes Seitenstück in den spätbyzantinischen Mönchsstaaten, wie dem Kloster Studion und dem 1100 begründeten reichsunmittelbaren Klosterverband des Athos, der so buddhistisch als möglich wirkt.
Aus dieser zweiten Religiosität gehen endlich die Fellachenreligionen hervor, in denen der Gegensatz von weltstädtischer und provinzialer Frömmigkeit ebenso wieder verschwunden ist wie der von primitiver und hoher Kultur. Was das bedeutet, lehrt der Begriff des Fellachenvolkes. [Vgl. Bd. II, S. 760.] Die Religion ist völlig geschichtslos geworden; wo einst Jahrzehnte eine Epoche bedeuteten, haben jetzt Jahrhunderte keine Bedeutung mehr, und das Auf und Nieder oberflächlicher Veränderungen beweist nur, daß die innere Gestalt endgültig und fertig ist. Es ist ganz gleichgültig, ob um 1200 in China eine Abart der konfuzianischen Staatslehre als Dschufuzianismus erscheint, wann sie erscheint und ob sie Erfolg hat oder nicht, ob in Indien der längst zu einer polytheistischen
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