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Der Untergang

Der Untergang

Titel: Der Untergang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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und schenkte ihm dabei einen so unübersehbaren zweideutigen
Blick, dass Laurus schon hätte blind sein müssen, um das nicht zu sehen. Andrej war froh, als er sich
endlich unter einem Vorwand zurückziehen konnte.
Der Rest des Tages war kaum besser. Andrej stürzte sich wie besessen auf jede Arbeit, die er fand, aber
weder die Bewegung noch die kräftige Mahlzeit vom Mittag halfen ihm wirklich, Müdigkeit und
Schwäche zu überwinden. Als am Abend die Feuer angezündet wurden und die ersten, noch vereinzelten
Gäste ins Lager zu strömen begannen, war er so müde, dass er sich ab liebsten sofort wieder in seinen
Wagen zurückgezogen und schlafen gelegt hätte.
Statt dessen machte er sich auf den Weg zu Abu Duns Zelt. Er hatte den Nubier den ganzen Tag über
nicht wiedergesehen und auch nicht nach ihm gesucht, und er fand ihn auch jetzt nicht. Als er aber das
Zelt wieder verließ und sich umwandte, da stand Bason vor ihm.
»Ich habe dich gesucht«, sagte der Sinti. »Wohin gehst du?«
»Ich wollte mit Abu Dun sprechen«, antwortete Andrej.
Bason schüttelte den Kopf. »Er ist nicht im Lager.«
»Nicht im Lager?«, fragte Andrej überrascht. Er warf noch einmal einen Blick ins Zelt: Abu Duns
Satteltaschen lagen am Boden, und ein Teil seiner Habseligkeiten war überall im Zelt verstreut. Hätte
irgendein anderer hier gewohnt, hätte man annehmen können, jemand hätte dessen Sachen durchwühlt.
Abu Dun aber war der vielleicht unordentlichste Mensch, den Andrej kannte. Er hätte eher Misstrauen
geschöpft, wenn sein Lager aufgeräumt gewesen wäre. So wie es schien, hatte Abu Dun sein Angebot
nicht angenommen und sich in aller Heimlichkeit davongemacht.
»Wo ist er?«, fragte Andrej.
Bason hob die Schultern. »Er ist vor einer Stunde oder so weggeritten. Ziemlich schnell. Ich weiß nicht,
wohin.« Er machte ein besorgtes Gesicht. »Ich hoffe, Laurus merkt es nicht.
Er hat strengste Anweisung gegeben, dass niemand das Lager verlässt.«
»Ich nehme an, das war gestern, nachdem er aus der Stadt zurückgekommen ist«, vermutete Andrej. Er
hatte es bisher vermieden, Laurus oder irgendeinen der anderen nach dem Ausgang des Gesprächs mit
Schulz zu fragen, aber er konnte sich dessen Inhalt auch so vorstellen.
Bason nickte.»Wir wollen keinen Ärger mit der Obrigkeit.«
»Den werdet ihr auch nicht bekommen«, sagte Andrej. »Ich weiß nicht, wohin Abu Dun geritten ist und
warum. Aber all seine Sachen sind noch hier. Er wird zurückkommen. Und ich kann dich beruhigen. Ich
kenne ihn lange genug. Wenn er nicht will, dass ihn jemand sieht, dann sieht ihn auch niemand.«
»Hauptsache, Laurus sieht ihn nicht«, sagte Bason mit einem schiefen Grinsen. »Wir haben noch ein
wenig Zeit bis zur ersten Vorstellung.« Er wedelte mit der verbundenen rechten Hand.
»Bringst du mir noch ein paar Tricks bei?«
»Soll ich dir die andere Hand auch noch zerschlagen?«, fragte Andrej finster.
»Vergiss es. Es war ein Fehler, überhaupt damit anzufangen.«
»Es war allein mein Fehler«, sagte Bason. »Niemand wirft dir etwas vor.«
Andrej öffnete den Mund zu einem Widerspruch, doch dann zögerte er, Bason eine endgültige Abfuhr zu
erteilen. Warum eigentlich nicht? Die Worte seines Gegenübers klangen ehrlich.
Obwohl er Bason ziemlich übel verletzt und ihm zweifellos eine Menge Schmerzen bereitet hatte, schien
er ihm den kleinen Unfall tatsächlich nicht nachzutragen, und schließlich konnte er selbst ja nichts dafür,
dass die Theaterwaffen aus minderwertigem Material gefertigt waren. Was vergab er sich schon, wenn er
diesem Jungen noch ein paar kleine Tricks beibrachte, mit denen er bei den anderen angeben konnte?
Und dann musste er an das denken, was Abu Dun gesagt hatte.
Die Worte erschienen ihm nach wie vor so absurd wie vorhin, als er sie aus dem Mund des Nubiers gehört
hatte, und dennoch konnte er sich ihrer Wahrhaftigkeit nicht entziehen. Was war das mit Bason und
seinem Bruder, dass es ihm völlig unmöglich schien, ihm nur die geringste Bitte abzuschlagen?
»Vielleicht später«, sagte er - wobei ihm der enttäuschte Ausdruck in Basons Gesicht ein so schlechtes
Gewissen bereitete, dass er seine Worte um ein Haar wieder zurückgenommen hätte. »Morgen. Oder
übermorgen. Glaub mir, Bason, es ist besser. Ich kenne mich mit Verletzungen aus. Auch wenn du jetzt
vielleicht schon keine Schmerzen mehr hast, wäre es ein Fehler, die Hand schon jetzt zu sehr zu belasten.
Wenn du es übertreibst, dann wird es nur umso länger dauern, bis du sie

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