Der Untergang
Oberkörper.
Im ersten Moment wusste Andrej nicht, was ihn mehr lähmte: Der grausame Schmerz, mit dem sich der
Stahl durch seinen Brustkorb fraß, oder der Schock über das, was Abu Dun getan hatte.
Mit einem keuchenden, halb erstickten Schrei warf er sich mit solcher Wucht zurück, dass Abu Dun, der
noch immer den Säbel umklammert hielt, erst losließ, als er mit in die Höhe gerissen wurde.
Rings um sie herum erscholl ein Chor entsetzter Schreie und Rufe, einige Frauen begannen zu kreischen,
und Andrej sah wie durch einen von Blitzen durchzuckten, blutigen Nebelschleier, wie Elena entsetzt die
Hände vor das Gesicht schlug. Er taumelte zurück, kämpfte vergeblich gegen das Gefühl zunehmender
Schwäche an, und konzentrierte sich mit aller Macht darauf, nicht das Bewusstsein zu verlieren. Er durfte
nicht ohnmächtig werden, nicht hier und jetzt. Die Klinge hatte sein Herz knapp verfehlt, und es würde
nicht lange dauern, bis sich sein Körper von der Verwundung erholt hatte. Aber schwach, wie er war,
konnten endlose Minuten vergehen, bis er das Bewusstsein wiedererlangte, Minuten, in denen er keine
Kontrolle über das hatte, was rings um ihn und mit ihm geschah; und auch, und vielleicht vor allem, mit
Abu Dun. Ein Teil von ihm weigerte sich noch immer, zu begreifen, was der Nubier getan hatte, aber auf
einer dem bewussten Denken nicht ganz zugänglichen Ebene waren ihm seine Gründe vollkommen klar
und auch, in welch entsetzliche Gefahr Abu Dun sich damit begeben hatte.
Würgend und Blut spuckend taumelte er rückwärts über die Bühne und hob in einer schwachen
Bewegung die Hände vor das Gesicht, als er sah, wie Abu Dun aufsprang und auf ihn zukam.
Seine Kraft reichte nicht mehr, den Nubier zurückzustoßen.
Abu Duns Hand umklammerte den Griff des Krummsäbels und riss ihn mit einem einzigen, grausamen
Ruck wieder heraus. Der Schmerz war beinahe noch schlimmer als der erste.
Andrej hatte keine Kraft mehr, zu schreien, und seine Lungen hatten sich mit Blut gefüllt, sodass er nur
ein Würgen hervorbrachte. Die dunkelroten Schlieren vor seinem Gesicht wurden dichter, und schließlich
wurde es schwarz um ihn.
Allerdings nur für wirklich wenige Augenblicke. Als er die Augen wieder aufschlug, lag er mit
ausgebreiteten Armen auf dem Rücken. Sein Hemd war schwer und nass von seinem Blut, klebriger
Kupfergeschmack füllte seinen Mund, und in seiner Brust pochte der Schmerz im rasenden Takt seines
Herzens, der nicht verebbte, sondern mit jedem Schlag ein wenig schlimmer zu werden schien. Jemand
beugte sich über ihn und rief ununterbrochen seinen Namen, aber er war nicht in der Lage, zu erkennen,
wer, geschweige denn, ihm zu antworten. Die Welt schien nur noch aus Geschrei, stampfenden Schritten
und Hast zu bestehen. Irgendwo am Rande seines Gesichtsfeldes flackerte ein finsterer, massiger Umriss,
der irgendwie der Quell all dieser Aufregung zu sein schien, und jetzt glaubte er auch Schmerzensschreie
zu hören.
Andrej schloss die Augen, versuchte die grausame Pein in seiner Brust zu ignorieren und konzentrierte
sich mit aller Macht, seine außer Rand und Band geratenen Sinne zu beruhigen und sich wieder zu
halbwegs klarem Denken zu zwingen. Es gelang ihm, wenngleich nicht annähernd so leicht, wie er es
gewohnt war, und nicht annähernd so schnell.
Und dennoch: Als er die Augen wieder öffnete, da hatte sich sein Blick geklärt, und die Geräusche und
Bewegungen, die er wahrnahm, ergaben wieder einen Sinn. Das Gesicht über ihm gehörte Elena, die
neben ihm auf die Knie gesunken war und ihn in einer Mischung aus Unglauben und grenzenlosem
Entsetzen anstarrte. Ihre Hände waren blutig - von seinem Blut - und ihre Lippen stammelten immer
wieder seinen Namen. Der Schatten links von ihm war niemand anderer als Abu Dun, jedenfalls zum Teil,
denn er hatte sich auf dem Bretterboden zusammengekrümmt und die Arme vor das Gesicht gerissen, um
sich vor den Schlägen und Tritten eines guten halben Dutzends Männer zu schützen, die erbarmungslos
auf ihn eindroschen. Laurus stand schreckensbleich im Hintergrund und blickte vom Lynchmob zu Andrej
und wieder zurück.
Unsicher versuchte er, sich auf die Ellbogen zu stemmen.
Elena keuchte, und das Entsetzen in ihren Augen flackerte zu neuer, noch höherer Glut auf. »Andrej!«,
stieß sie hervor.
»Um Himmels willen! Nicht bewegen!«
Sie versuchte, ihn mit sanfter Gewalt zurückzudrücken, aber Andrej schob sie ein Stück von sich fort und
setzte sich auf.
Seine Brust schmerzte noch
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