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Der Untergang

Der Untergang

Titel: Der Untergang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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die
schlimmste Tracht Prügel eures Lebens!«
»Ach?«, antwortete der Junge. »Tust du das, schwarzer Mann?« Er kicherte.
Abu Dun starrte ihn einen Moment lang drohend an, dann löste sich sein Blick vom Gesicht des Jungen
und suchte misstrauisch den Waldrand über ihm ab. Andrej wusste, wonach er Ausschau hielt: Eine
verräterische Bewegung, Schatten, die sich im Dickicht verbargen … irgendeinen Hinweis auf den
Hinterhalt, den er zweifellos vermutete. Was sonst sollte das irrsinnige Benehmen dieser Kinder zu
bedeuten haben, wenn nicht die Ablenkung von etwas anderem, sehr viel Gefährlicherem?
Andrej konnte das Gefühl nicht begründen, aber er wusste plötzlich, dass dies kein Hinterhalt war.
Keineswegs hatten sie es mit einer Räuberbande zu tun, die sich auf die Lauer gelegt hatte und ihre
eigenen Kinder als Köder benutzte. Die Gefahr ging einzig von diesen vier Kindern aus.
»Ich bitte dich, hör mit dem Unsinn auf, Junge«, sagte er. »Ihr habt euren Spaß gehabt, aber nun muss es
gut sein.« Als der Junge nicht antwortete, ging Andrej weiter und bückte sich nach dem Schwert. Er
rechnete damit, dass er und die drei anderen versuchen würden, ihn daran zu hindern, doch er kehrte
unbehelligt an Abu Duns Seite zurück und befestigte die Waffe an seinem Gürtel.
»Jetzt fühlt Ihr Euch gewiss stärker, wie?«, fragte der Junge spöttisch.
Andrej antwortete nicht, sondern legte die Hand auf den Schwertgriff und drehte sich langsam um die
eigene Achse. Die Kinder hatten sie mittlerweile umringt und waren in drei oder vier Schritten Abstand
stehen geblieben. Sie sahen aufmerksam zu ihnen auf, und auf ihren Gesichtern war nicht die mindeste
Spur von Furcht zu erkennen.
Dafür machte sich umso mehr davon in Andrejs Herzen breit, als ihm lieb war. Fast verzweifelt lauschte
und witterte er in den Wald hinein, aber dort war niemand. Er hätte es gespürt, hätte sich dort oben
jemand versteckt. Die Angst, die immer heftiger in seinen Eingeweiden wühlte, wurde eindeutig von
diesen vier Kindern verursacht. Von Kindern?
»Jetzt ist es aber endgültig genug!«, rief Abu Dun wütend. Mit einer einzigen Bewegung schlug er seinen
Mantel vollends zurück und riss das Schwert aus der Scheide. Gleichzeitig trat er auf den Jungen zu.
»Nimm die Beine in die Hand und lauf, so schnell du kannst, du ungehobelter Bengel, oder…«
»Oder?«, unterbrach ihn der Junge. »Wirst du dein großes Messer nehmen und mich damit schneiden?«
Grinsend legte er den Kopf in den Nacken und bot Abu Dun seine Kehle dar. »Nur zu, schwarzer Mann.
Versuch es ruhig.«
Abu Dun war verblüfft stehen geblieben, und sein Blick wanderte von dem Jungen zu der Klinge in seiner
Hand. Der Kleine spielte ein gefährliches Spiel. Natürlich würde Abu Dun ihm nicht die Kehle
durchschneiden, ganz gleich, wie sehr ihn der Knabe reizte, aber der Nubier war auch nicht zimperlich und
würde nicht zögern, ihm eine Lektion zu erteilen, die er lange Zeit nicht vergessen würde.
Abu Dun zögerte. Ein gequälter Ausdruck erschien auf seinem Gesicht. Abwechselnd starrte er das
Schwert und den Jungen an, dann wieder das Schwert und noch einmal den Jungen - und schließlich ließ
er die Waffe mit einem Laut sinken, der wie ein erstickter Schrei klang.
»Siehst du, schwarzer Mann?«, sagte der Junge lächelnd. »Du kannst es nicht. Eine Waffe allein nutzt gar
nichts. Man muss auch bereit sein, sie zu benutzen. Wie ich zum Beispiel.«
Damit trat er ganz dicht an Abu Dun heran, riss den Dolch des Nubiers aus dessen Gürtel und zog ihm die
Klinge in aller Seelenruhe über die rechte Hand. Der Nubier schrie gellend auf und starrte fassungslos auf
den klaffenden, heftig blutenden Schnitt, der auf seinem Handrücken prangte.
Andrej riss sein Schwert aus der Scheide und spürte gleichzeitig, wie nutzlos diese Maßnahme war. Der
Junge zeigte sich auch nicht im Geringsten beeindruckt, sondern bedachte ihn nur mit einem verächtlichen
Blick, wandte sich um und ließ den Dolch fallen.
»Ihr seid langweilig«, beschwerte er sich. »Fällt Euch nichts Besseres ein?«
»Du wirst gleich sehen, was mir alles einfällt, du kleine Kröte!«, brüllte Abu Dun. Mit einem einzigen Satz
war er bei dem Jungen, riss ihn in die Höhe und schüttelte ihn so wild, dass die Zähne aufeinander
schlugen. Der Junge keuchte vor Schmerz und Schreck, und Abu Dun ließ ihn wieder los, wich zurück und
starrte bestürzt auf seine eigenen Hände. Seine Rechte blutete noch immer, aber nicht sehr heftig.

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