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Der Untertan

Der Untertan

Titel: Der Untertan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Mann
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Napoleon Fischer kommen.
    »Sie sind entlassen!« bellte Diederich. Der Maschinenmeister grinste verdächtig. »Schön«, sagte er und wollte abziehen.
    »Halt!« bellte Diederich. »Wenn Sie meinen, Sie kommen so leicht los. Gehen Sie mit dem Freisinn zusammen, dann verlassen Sie sich darauf, daß ich unsern Vertrag bekanntmache! Sie sollen was erleben!«
    »Politik ist Politik«, bemerkte Napoleon Fischer achselzuckend. Und da Diederich vor so viel Zynismus nicht einmal mehr bellen konnte, trat Napoleon Fischer vertraulich näher, fast hätte er Diederich auf die Schulter geklopft. »Herr Doktor«, sagte er wohlwollend, »tun Sie doch nur nicht so. Wir beide: — na ja, ich sage bloß, wir beide —« Und sein Grinsen war so voll von Mahnungen, daß Diederich erschauerte. Schnell bot er Napoleon Fischer eine Zigarre an. Fischer rauchte und sagte: »Wenn einer von uns beiden erst anfängt zu reden, wo hört dann der andere auf! Hab ich recht, Herr Doktor? Aber wir sind doch keine alten Seichtbeutel, die immer gleich mit allem herausmüssen, wie zum Beispiel der Herr Buck.«
    »Wieso?« fragte Diederich tonlos und fiel von einer Angst in die andere. Der Maschinenmeister tat erstaunt. »Das wissen Sie nicht? Der Herr Buck erzählt doch überall, daß Sie den nationalen Rummel nicht so schlimm meinen. Sie möchten bloß Gausenfeld billig haben und denken, Sie kriegen es billiger, wenn Klüsing Angst wegen gewisser Aufträge hat, weil er nicht national ist.«
    »Das sagt er?« fragte Diederich, zu Stein geworden.
    »Das sagt er«, wiederholte Fischer. »Und er sagt auch, er tut Ihnen den Gefallen und spricht für Sie mit Klüsing. Dann werden Sie sich wohl wieder beruhigen, sagt er.«
    Da wich der Bann von Diederich. »Fischer!« versetzte er mit kurzem Gebell. »Merken Sie sich, was jetzt kommt. Den alten Buck werden Sie noch im Rinnstein stehn und betteln sehn. Jawohl! Dafür werd ich sorgen, Fischer. Adieu.«
    Napoleon Fischer war hinaus, aber Diederich bellte noch lange, im Zimmer umherstampfend, vor sich hin. Der Schuft, der falsche Biedermann! Hinter allen Widerständen stak der alte Buck, Diederich hatte es immer geahnt. Der Antrag Cohn und Genossen war sein Werk gewesen — und jetzt die infame Verleumdung mit Gausenfeld. Diederichs ganzes Innere bäumte sich auf, in der Unbestechlichkeit seiner kaisertreuen Gesinnung. ›Und woher weiß er es?‹ dachte er mit zornigem Entsetzen. ›Hat Wulckow mich verkauft? Sie glauben wohl alle schon, ich treibe doppeltes Spiel?‹ Denn Kunze und die anderen waren ihm heute merklich abgekühlt erschienen; sie hielten es scheinbar nicht mehr für nötig, ihn einzuweihen in das, was vorging? Diederich gehörte nicht dem Komitee an, er hatte der Sache das Opfer seines persönlichen Ehrgeizes gebracht. War er darum vielleicht nicht der eigentliche Gründer der »Partei des Kaisers«?... Verrat überall, Intrigen, feindseliger Verdacht — und nirgends schlichte deutsche Treue.
    Da er nur bellen konnte, mußte er in der nächsten Wahlversammlung hilflos zusehen, wie Zillich, es war klar, aus welchem persönlichen Interesse, Jadassohn reden ließ und wie Jadassohn stürmischen Beifall erntete, als er gegen die Elenden und die vaterlandslosen Gesellen loszog, die Napoleon Fischer wählen würden. Diederich bemitleidete dieses wenig staatsmännische Vorgehen, er wußte sich Jadassohn hoch überlegen. Andererseits war es nicht zu verkennen, daß Jadassohn, je weiter er sich durch seinen Erfolg hinreißen ließ, desto lautere Zustimmung bei gewissen Zuhörern fand, die keineswegs national anmuteten, sondern sichtlich zu Cohn und Heuteufel gehörten. Sie waren in verdächtiger Menge erschienen — und Diederich, überreizt durch die Fallen ringsum, sah am Ursprung auch dieses Manövers wieder den Erzfeind stehen, ihn, der überall das Böse lenkte, den alten Buck.
    Der alte Buck hatte blaue Augen, ein menschenfreundliches Lächeln, und er war der falscheste Hund von allen, die die Gutgesinnten umdrohten. Der Gedanke an den alten Buck hielt Diederich noch im Traum besessen. Am folgenden Abend unter der Familienlampe gab er den Seinen keine Antworten; er führte eingebildete Streiche gegen den alten Buck. Besonders erbitterte es ihn, daß er den Alten für einen schon zahnlosen Schwätzer gehalten hatte, und jetzt zeigte er die Zähne. Nach all seinen humanitären Redensarten wirkte es auf Diederich wie eine Herausforderung, daß er sich nun doch nicht einfach fressen ließ. Die

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