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Der Untertan

Der Untertan

Titel: Der Untertan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Mann
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leider so ungünstigen Beziehungen zu den Vertretern der Staatsregierung — wenn ich auch zu bedenken bitte, daß die ungewöhnliche Schärfe des Herrn Regierungspräsidenten von Wulckow gegenüber den städtischen Behörden —«
    »Gegenüber schlechtgesinnten Körperschaften!« warf Jadassohn ein. Diederich erlaubte sich: »Ich bin ein durchaus liberaler Mann, aber das muß ich sagen —«
    »Eine Stadt«, erklärte der Assessor, »die sich den berechtigten Wünschen der Regierung verschließt, darf allerdings nicht darüber erstaunen, daß ihr die kalte Schulter gezeigt wird.«
    »Von Berlin nach Netzig«, versicherte Diederich, »könnte man in der halben Zeit fahren, wenn wir besser mit den Herren oben ständen.«
    Der Bürgermeister ließ sie ihr Duett beenden, er war bleich und hielt hinter dem Klemmer die Lider gesenkt. Plötzlich sah er sie an mit einem dünnen Lächeln.
    »Meine Herren, bemühen Sie sich nicht, ich weiß, daß es eine zeitgemäßere Gesinnung gibt als die von den städtischen Behörden bekundete. Glauben Sie, bitte, daß es nicht mein Verschulden war, wenn an Seine Majestät gelegentlich ihrer letzten Anwesenheit in der Provinz, während der vorjährigen Manöver, kein Huldigungstelegramm geschickt worden ist...«
    »Die Weigerung des Magistrats war durchaus undeutsch«, stellte Jadassohn fest.
    »Das nationale Banner muß hochgehalten werden«, verlangte Diederich. Der Bürgermeister erhob die Arme.
    »Meine Herren, das weiß ich. Aber ich bin nur der Vorsitzende des Magistrats und muß leider seine Beschlüsse ausführen. Ändern Sie die Verhältnisse! Herr Doktor Jadassohn erinnert sich noch an unsern Streit mit der Regierung wegen des sozialdemokratischen Lehrers Rettich. Ich konnte den Mann nicht maßregeln. Herrn von Wulckow ist bekannt« — der Bürgermeister kniff ein Auge zu —, »daß ich es sonst getan haben würde.«
    Man schwieg eine Weile und betrachtete einander. Jadassohn blies durch die Nase, als genügte ihm das Gehörte. Aber Diederich konnte nicht länger an sich halten. »Die Vorfrucht der Sozialdemokratie ist der Liberalismus!« rief er. »Solche Leute wie Buck, Kühlemann und Eugen Richter machen unsere Arbeiter frech. Mein Betrieb legt mir die schwersten Opfer an Arbeit und Verantwortung auf, und dann hab ich noch Konflikte mit meinen Leuten. Und warum? Weil wir nicht einig sind gegen die rote Gefahr und es gewisse Arbeitgeber gibt, die im sozialistischen Fahrwasser schwimmen, wie zum Beispiel der Schwiegersohn des Herrn Buck. Was seine Fabrik einbringt, daran beteiligt der Herr Lauer seine Arbeiter. Das ist unmoralisch!« Hier blitzte Diederich. »Denn es untergräbt die Ordnung, und ich stehe auf dem Standpunkt, in dieser harten Zeit haben wir Ordnung nötiger als je, und darum brauchen wir ein festes Regiment, wie unser herrlicher junger Kaiser es führt. Ich erkläre, daß ich in allem fest zu Seiner Majestät stehe...« Hier machten die beiden anderen Herren eine Verbeugung, die Diederich entgegennahm, indes er weiterblitzte. Im Gegensatz zu dem demokratischen Mischmasch, an den die absterbende Generation noch glaube, sei der Kaiser, der Vertreter der Jugend, die persönlichste Persönlichkeit, von erfreulicher Impulsivität und ein höchst origineller Denker. »Einer soll Herr sein! Auf allen Gebieten!« Diederich legte das vollständige Bekenntnis einer scharfen und schneidigen Gesinnung ab und erklärte, daß mit dem alten freisinnigen Schlendrian auch in Netzig von Grund aus aufgeräumt werden müsse.
    »Jetzt kommt eine neue Zeit!«
    Jadassohn und der Bürgermeister hörten still zu, bis er alles herausgesagt hatte; Jadassohns Ohren wurden dabei noch größer. Dann krähte er: »Auch in Netzig gibt es kaisertreue Deutsche!« Und Diederich noch lauter: »Die aber, die es nicht sind, werden wir uns einmal näher ansehen. Es wird sich zeigen, ob gewissen Familien die Stellung, die sie einnehmen, noch zukommt. Vom alten Buck zu schweigen: wer sind denn seine Leute? Die Söhne verbauert oder verbummelt, ein Schwiegersohn, der Sozialist ist, und die Tochter soll ja —«
    Man sah einander an. Der Bürgermeister kicherte und rötete sich blaß. Vor Vergnügen platzte er aus: »Und die Herren wissen noch gar nicht, daß der Bruder des Herrn Buck pleite ist!«
    Man äußerte lärmende Genugtuung. Der mit den fünf eleganten Töchtern! Der Vorsitzende der »Harmonie«! Aber zu essen, das wußte Diederich, bekamen sie aus der Volksküche. Daraufhin schenkte der

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