Der Ursprung der Familie, des Privateigenthums und des Staats
und Wiesenland aller Stücke zusammen, theilen es nach Lage und Qualität in »Gewanne,« wie es an der Mosel heißt, und geben jedem seinen Antheil in jedem Gewann; Moor- und Weideland wird gemeinsam genutzt. Noch vor fünfzig Jahren wurde von Zeit zu Zeit, manchmal jährlich, neu umgeteilt. Die Flurkarte eines solchen Rundale-Dorfes sieht ganz genau so aus wie die einer deutschen Gehöferschaft an der Mosel oder im Hochwald. Auch in den »factions« lebt die Gens fort. Die irischen Bauern theilen sich oft in Parteien, die auf scheinbar ganz widersinnigen oder sinnlosen Unterschieden beruhen, den Engländern ganz unverständlich sind, und keinen andern Zweck zu haben scheinen als die beliebten solennen Prügeleien der einen Fraktion gegen die andre. Es sind künstliche Wiederbelebungen, nachgeborner Ersatz für die zersprengten Gents, die die Fortdauer des ererbten Gentilinstinkts in ihrer Weise dartun. In manchen Gegenden sind übrigens die Gentilgenossen noch ziemlich auf dem alten Gebiet zusammen; so hatte noch in den dreißiger Jahren die große Mehrzahl der Bewohner der Grafschaft Monaghan nur vier Familiennamen, d. h. stammte aus vier Gents oder Clans.
[Fußnote: Zur vierten Auflage. Während einiger in Irland zugebrachten Tage ist mir wieder frisch ins Bewußtsein getreten, wie sehr das Landvolk dort noch in den Vorstellungen der Gentilzeit lebt. Der Grundbesitzer, dessen Pächter der Bauer ist, gilt diesem noch immer als eine Art Clanchef, der den Boden im Interesse Aller zu verwalten hat, dem der Bauer Tribut in der Form von Pacht bezahlt, von dem er aber auch in Notfällen Unterstützung erhalten soll. Und ebenso gilt jeder Wohlhabender als »verpflichtet zur Unterstützung seiner ärmeren Nachbarn, sobald diese in Roth geraten«. Solche Hülse ist nicht Almosen, sie ist das, was dem ärmeren vom reicheren Clangenossen oder Clanchef von Rechtswegen zukommt. Man begreift die Klage der politischen Ökonomen und Juristen über die Unmöglichkeit, dem irischen Bauer den Begriff des modernen bürgerlichen Eigenthums beizubringen; ein Eigenthum, das nur Rechte hat, aber keine Pflichten, will dem Irländer platterdings nicht in den Kopf. Man begreift aber auch wie Irländer, die mit solchen naiven Gentilvorstellungen plötzlich in die großen englischen oder amerikanischen Städte verschlagen werden unter eine Bevölkerung mit ganz andern Moral- und Rechtsanschauungen, wie solche Irländer da leicht an Moral und Recht total irre werden, allen Halt verlieren und oft massenhaft der Demoralisation verfallen mußten.]
In Schottland datirt der Untergang der Gentilordnung von der Niederwerfung des Aufstandes von 1745. Welches Glied dieser Ordnung der schottische Clan speziell darstellt, bleibt noch zu untersuchen; daß er aber ein solches, ist unzweifelhaft. In Walter Scott's Romanen sehn wir diesen hochschottischen Clan lebendig vor uns. Er ist, sagt Morgan, »ein vortreffliches Musterbild der Gens in seiner Organisation und in seinem Geist, ein schlagendes Beispiel der Herrschaft des Gentillebens über die Gentilen. ... In ihren Fehden und in ihrer Blutrache, in der Gebietsvertheilung nach Clans, in ihrer gemeinsamen Bodennutzung, in der Treue der Clanglieder gegen den Häuptling und gegeneinander finden wir die überall wiederkehrenden Züge der Gentilgesellschaft. ... Die Abstammung zählte nach Vaterrecht, so daß die Kinder der Männer in den Clans blieben, während die der Weiber in die Clans ihrer Väter übertraten.« Daß aber in Schottland früher Mutterrecht herrschte, beweist die Thatsache, daß in der königlichen Familie der Pikten, nach Beda, weibliche Erbfolge galt. Ja selbst ein Stück Punalua-Familie hatte sich, wie bei den Walisern, so bei den Skoten, bis in's Mittelalter bewahrt in dem Recht der ersten Nacht, das der Clanhäuptling oder der König als letzter Vertreter der früheren gemeinsamen Ehemänner bei jeder Braut auszuüben berechtigt war, sofern es nicht abgekauft wurde.
Daß die Deutschen bis zur Völkerwanderung in Gentes organisirt waren, ist unzweifelhaft. Sie können das Gebiet zwischen Donau, Rhein, Weichsel und den nördlichen Meeren erst wenige Jahrhunderte vor unsrer Zeitrechnung besetzt haben; die Cimbern und Teutonen waren noch in voller Wanderung, und die Sueven fanden erst zu Cesars Zeit feste Wohnsitze. Von ihnen sagt Cäsar ausdrücklich, sie hätten sich nach Gentes und Verwandtschaften (gentibus cognationibusque) niedergelassen, und im Munde eines Römers der gens Julia
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