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Der Ursprung des Bösen

Der Ursprung des Bösen

Titel: Der Ursprung des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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ein mageres Ergebnis: unter anderem ein Profil auf MySpace.com, in dem ein gewisser Mischell eine Videomontage mit den Helden aus Akte X , Mulder und Scully, eingestellt hatte, die musikalischen Ergüsse einer Sängerin namens Tommi Mischell und die Seite einer Hellseherin, die Patricia Mischell hieß und in den USA im Bundesstaat Missouri beheimatet war. Die Suchmaschine legte ihm außerdem nahe, es mit der Schreibweise »Mitchell« zu probieren.
    Mitternacht. Nun war es aber wirklich Zeit, nach Hause zu fahren. Mathias schaltete den Computer aus und suchte seine Unterlagen zusammen. Auf dem Weg zum Tor überlegte er, dass er vielleicht der Obdachlosenhilfe in Bordeaux und im Umland ein Foto des Cowboys zukommen lassen sollte. Am besten auch den medizinisch-psychologischen Zentren und den Einrichtungen für psychiatrische Teilzeitbetreuung. Er kannte sie alle und würde sie selbst aufsuchen, denn er war ziemlich sicher, dass sein Patient nicht zum ersten Mal unter psychischen Problemen litt.
    Der Nebel zwang ihn zu Schrittgeschwindigkeit, und er brauchte fast eine Viertelstunde bis zu seinem Haus. Entlang der Gärten parkte eine ungewöhnlich große Zahl Autos: die üblichen Samstagabend-Einladungen. Da er keinen Parkplatz fand, stellte er sein Auto hundert Meter entfernt ab und tastete sich zu Fuß durch den weißlichen Dunst. Die Straße schien keine Konturen mehr zu haben, die Laternen schwebten im Nebel. Alles wirkte leicht und körperlos. Als Freire sich dieses Eindrucks bewusst wurde, stellte er fest, dass er sich verlaufen hatte. Er ging an den feucht beperlten Hecken und geparkten Autos entlang. Ab und zu stellte er sich auf die Zehenspitzen, um die Namen der einzelnen Häuser entziffern zu können.
    Endlich entdeckte er die vertrauten Buchstaben: Opal .
    Behutsam öffnete er das Gartentor. Sechs Schritte. Einmal den Schlüssel drehen. Mit einer gewissen Erleichterung schloss er die Tür hinter sich, trat in den Windfang, stellte seine Aktentasche ab, legte den Regenmantel auf einen der Kartons und ging in die Küche, ohne Licht zu machen. Die standardisierten Abläufe seines einsamen Lebens entsprachen dem Standardgrundriss seines Hauses.
    Nur Minuten später stand er am Küchenfenster und ließ seinen Tee ziehen. Im Haus war es ganz still; trotzdem hatte er den Eindruck, immer noch die Geräuschkulisse der Klinik zu hören. Alle Psychiater kennen dieses Phänomen und nennen es die »Musik der Verrückten«. Verballhornte Sprache. Schlurfende Schritte. Krisen. Freires Kopf summte von diesen Geräuschen wie eine Meermuschel. Seine Patienten verließen ihn niemals ganz. Oder anders ausgedrückt: Er war es, der die Station Henri-Ey nie ganz verließ.
    Plötzlich stutzte er.
    Der Geländewagen vom Vortag tauchte aus dem Nebel auf. Langsam, sehr langsam fuhr er die Straße entlang und blieb vor Freires Haus stehen. Mathias spürte, dass sein Herzschlag sich beschleunigte. Die beiden Männer in Schwarz stiegen gleichzeitig aus und postierten sich vor seinem Fenster.
    Freire versuchte zu schlucken, doch es ging nicht. Er beobachtete die Männer, ohne sich um ein Versteck zu bemühen. Beide maßen mindestens einen Meter achtzig und trugen unter ihren Mänteln hochgeschlossene dunkle Anzüge, deren Stoff im Licht der Straßenlaternen schimmerte. Dazu weiße Hemden und schwarze Krawatten. Beide wirkten in ihrer rigiden, aufrechten Haltung wie Absolventen eines militärischen Elitekollegs, doch gleichzeitig haftete ihnen auch etwas Gewalttätiges, Geheimnisvolles an.
    Mathias stand wie versteinert. Fast erwartete er, dass sie gleich das Gartentor öffnen und an seiner Haustür klingeln würden. Aber nein – die beiden Männer rührten sich nicht vom Fleck. Sie blieben unter der Laterne stehen, ohne auch nur zu versuchen, sich zu verstecken. Ihre Gesichter passten ausgezeichnet zu ihrem Erscheinungsbild. Der erste hatte eine hohe Stirn, trug eine Schildpattbrille, und sein silbernes Haar war aus dem Gesicht gekämmt. Der andere wirkte noch grimmiger. Sein langer brauner Schopf wurde bereits schütter. Sein Gesichtsausdruck unter den dichten Augenbrauen war unstet.
    Beide Gesichter zeigten regelmäßige Züge – zwei Playboys in den Vierzigern, die sich in ihren italienischen Maßanzügen wohlfühlten.
    Wer waren sie? Und was wollten sie?
    Der Schmerz in der linken Augenhöhle kehrte zurück. Freire schloss die Augen und massierte sich vorsichtig die Lider. Als er die Augen wieder öffnete, waren die beiden Gestalten

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