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Der Utofant

Der Utofant

Titel: Der Utofant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna und Günter Braun
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den Fall Remm endlich abgeschlossen hätte. Vorher schien es unmöglich.
    Sie zögerte nicht lange, sie verabschiedete sich schnell, und dabei küßte sie Odysseus noch nicht einmal. Er schien es aber nicht zu vermissen.

    5

    Odysseus sagte, ich muß die Inventarisierung zu Ende bringen. Michaela stimmte zu. Eher finden wir keine Ruhe. Sie warf Odysseus vor, Remm nichts von seinem Auftrag gesagt zu haben. Eigentlich ist es eine Unverschämtheit, daß du ihm verschwiegen hast, weswegen du zu ihm gekommen bist. Zu jemand gehen und ungefragt sein Haus durchschnüffeln. Mich wundert bloß, warum er dich noch nie gefragt hat, was du in seiner Villa willst. Aber vielleicht weiß er es schon. Bezieht er den STADT-KURIER? Mir ist das Wurscht.

    Remm saß, als hätte er auf sie gewartet, im goldbestickten Hausrock, altmodisch nach Sandelholz und Nelken duftend, mit frisch gekämmtem Bart im Sessel, aus dem er sich sogleich erhob, um ihn Odysseus anzubieten. Es ist der nämliche, der ausgebeulte, den Sie bevorzugen, Herr Chloros.
    Er hat doch etwas Vornehmes an sich, mit ihm verglichen ist Odysseus ein Stiesel, dachte Michaela. Sie haben uns so viel Wissenswertes mitgeteilt, Herr Remm, nur dieses Üble, was Ihnen die Stadt angetan hat, haben Sie vornehm objektiviert. Es stimmt doch aber, daß Ihnen eine Clique von Akademikern ihre Erfindungen streitig machen wollte, einige sollen Ihnen gestohlen worden sein.
    Gewiß, es stimmt in einigen Fällen, aber ich habe mich zurückgezogen, habe gearbeitet, sagte Remm.
    Waren Sie nicht zu schade für diesen Ort? Warum sind Sie nicht weggezogen? Remm blickte leer und traurig auf Michaela. Er leierte, man hat mir meine Fenster eingeworfen, hat meinen Hund getötet, hat mir verboten, im Archiv zu arbeiten, hat mir Laborräume verweigert, Vorträge untersagt, mir die Ehrenrente ausgeschlagen, bei den Erfindungen meinen Namen unterdrückt, im Ausland ihn jedoch erwähnt; dort hat man mit mir renommiert; man hat vor meinem Haus Kochtopfkonzerte aufgeführt, mich unter Lärmfolter gesetzt, hat mein Wasser abgegraben, die Zuleitung verstopft, die Stromzufuhr zeitweilig unterbrochen. Er redete nun lautlos vor sich hin. Herr Remm, ich höre nichts.
    Er fuhr zusammen, ja, richtig, liebe Dame, die Kette der Beleidigungen ist unendlich. Ich habe sie zum größten Teil vergessen. Ich habe gearbeitet.
    Und warum haben Sie sich mit Scherzartikeln verteidigen müssen, warum führten
    Sie Ihren Kampf auf dem Niveau von Nasenkneifern und Knallzigarren?
    Man hat mir meine Fenster eingeworfen… Er stockte, das wissen Sie bereits. Ich meine, sagte Michaela, Sie hätten Ihre Zeit mit etwas Nützlicherem verbringen können.
    Ja, fiel Odysseus ein, Sie hätten nicht immer dieses einseitige, alberne Prinzip anwenden müssen. Alle Ihre Scherze beruhen auf ein und derselben Masche, und wenn man die durchschaut hat, langweilt man sich. Von Ihnen hätte ich etwas Raffinierteres erwartet.
    Darum geht es jetzt nicht, sagte Michaela, ich meinte, Herr Remm, Sie hätten vielleicht, anstatt sich in der Villa einzuigein, auswandern können, in einem Land arbeiten, wo Ihre Leistung anerkannt wird.
    Oh, meine Leistung wurde hier auch anerkannt, darum hat man j a meinen Hund getötet. Entschuldigung, das wissen Sie bereits… Ich meine, sagte Michaela sanft, die Helden des Euripides, die gehen fort, wenn sie sich nicht mehr halten können, Elektra, Orest, Medea, aber Sie sind geblieben, um eine lächerliche Rache zu verüben. Wozu die Rache? Ich meine, ich wollte Ihnen nur zu überlegen geben, daß Ihnen heute niemand mehr was Böses will. Ja, weil ich offiziell gestorben bin.
    Die meisten Ihrer Gegner sind auch tot. Soll nun der alte Remm-Widerwille durch Generationen weitergetragen werden? Sie sind nicht ausgewandert, Sie sind geblieben. Wird jemand, der aus einer kleinlichen Umgebung nicht fortgeht, selber kleinlich? Ich werfe hier nur Fragen auf, Herr Remm, besonders im Hinblick auf Euripides, der ja in seinen Dramen dafür ist, daß Ketten des Unglücks und der Gehässigkeit, der Fluch gewissermaßen, unterbrochen werden.
    Odysseus sagte ärgerlich, ich würde mir jetzt gerne von Herrn Remm die Scherzartikel zeigen lassen. Herr Remm, Sie haben uns bisher auf unseren Wunsch mit diesen Albernheiten verschont, ich möchte Ihnen nachweisen, wie primitiv im Grunde Ihr Prinzip…
    Remms Augen blickten von Michaela auf Odysseus und blieben auf Michaela gerichtet stehen, unheimlich starr. Euripides, man könnte sagen, der

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