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Der Vampyr

Titel: Der Vampyr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Fleisch stieß.
    Der Angriff war eine Verzweiflungstat, die den Mann seine eigene Deckung vernachlässigen ließ. Andrejs Schwert durchbohrte ihn. Er war tot, bevor sein Körper zu Boden fiel. Der Letzte fuhr herum und stürzte durch die Tür davon. Andrej setzte ihm nach, aber er kam nicht dazu, ihn einzuholen. Der Mann taumelte plötzlich und griff sich an den Hals. Als er zusammenbrach, sah Andrej, dass seine Kehle verletzt war. Ein glutäugiger Riese in der Farbe der Nacht schwenkte sein blutiges Schwert. Andrej griff ihn ohne zu zögern an. Sein Denken war ausgeschaltet. Er handelte ohne Plan, ohne Absicht, ohne Sinn. Er hatte sich in eine gnadenlose Tötungsma-schine verwandelt, die alles vernichten würde, was ihren Weg kreuz-te. Sein Schwert zeichnete einen silbern funkelnden Dreiviertel-Kreis in die Luft und prallte mit solcher Gewalt auf die hochgeris-sene Klinge des schwarzen Riesen, dass blaue Funken aus dem Stahl stoben. Die Wucht seines eigenen Hiebes ließ Andrej zurücktaumeln, schmetterte aber auch den schwarzen Riesen gegen die Wand und brachte ihn dazu, seine Waffe fallen zu lassen. Andrej fing sein Stolpern ab, sprang in der gleichen Bewegung wieder vor und riss seine Klinge zum letzten entscheidenden Hieb in die Höhe.
    »Andre]! Nein!« Es war die Stimme des Piraten, die er erkannte, nicht sein ebenholzfarbenes Gesicht. Andrej versuchte verzweifelt, den Hieb zurückzuhalten, aber es war zu spät. Alles, was er noch tun konnte, war die Klinge zur Seite zu reißen. Sie prallte unmittelbar neben Abu Duns Gesicht mit solcher Gewalt gegen die Wand, dass sie zerbrach. Ein Schauer aus Metall- und Steinsplittern überschüttete Abu Dun und sprenkelte seine Wange mit winzigen roten Punkten. Andrej taumelte einen Schritt zurück, ließ das geborstene Schwert fallen und starrte Abu Dun entsetzt an. Sein Herz hämmerte..
    »Abu Dun?«
    »Ich bin nicht ganz sicher«, antwortete der Pirat. Er hob die Hand, betastete seine Wange und blickte mit einem ärgerlichen Stirnrunzeln auf das Blut, das an seinen Fingerspitzen klebte.
    »Bin ich tot, oder ist das nur ein Alptraum? Für einen Moment habe ich mir tatsächlich eingebildet, dass du mich umbringen willst.«
    »Es tut mir Leid«, sagte Andrej.
    »Ich dachte …« Er brach ab, schüttelte verwirrt den Kopf und setzte neu an:
    »Wie kommst du hierher?«
    »Jemand war so freundlich, das Haupttor zu öffnen«, antwortete Abu Dun.
    »Maria! Ich …«
    »Sie ist unversehrt«, sagte Abu Dun rasch.
    »Und ihr Bruder auch - auch wenn ich nicht weiß, ob es wirklich eine Gnade ist, ihn am Leben zu lassen.«
    »Nein«, antwortete Andrej.
    »Das ist es nicht. Deshalb wollte ich, dass er lebt.«
    »Manchmal weiß ich nicht, wen ich mehr fürchten soll«, sagte Abu Dun.
    »Dich oder euren Gott, der grausam genug ist, einen Mann, der sein Kleid trägt, mit solchen Wunden weiterleben zu lassen.«
    »Der Wächter?«
    »Mehmeds Leute haben ihn am Leben gelassen, wenn du das meinst«, antwortete Abu Dun hart.
    »Aber er wird nie wieder ein Schwert in die Hand nehmen.« Er machte eine harsche Geste.
    »Er hat erzählt, dass Waichs leer steht. Mehmeds Krieger sind bereits in der Burg. Niemand wird überleben. Hast du den Jungen gefunden?«
    »Nein«, antwortete Andrej.
    »Aber ich weiß, wo er ist.«
    »Worauf warten wir dann noch?« Die Burg hallte vom Klirren der Schwerter und den Schreien der Kämpfenden und Sterbenden wider. Wenn Dimitri die Wahrheit gesagt hatte, dann musste die Anzahl der Männer auf beiden Seiten ungefähr gleich groß sein. Mehmeds Männer hatten die Gelegenheit ergriffen, die Burg zu stürmen und ihrem Herrn eine Festung zu präsentieren, über der schon die Fahne der türkischen Heere wehte, wenn er sein Lager aufschlug.
    Andrej war fast sicher, dass sie siegen würden, aber es würde ein harter Kampf werden, denn ihre Gegner kannten sich in der Festung aus, und sie kämpften um ihr nacktes Überleben. Es war ihm gleich, wer gewann, und ob es Überlebende auf einer der beiden Seiten gab. Es war nicht sein Krieg. Es ging ihn nichts an. Er würde sich nicht weiter hineinziehen lassen, als es unbedingt notwendig war. Sie hatten die Treppe hinab zum Keller gefunden, denn es gab einen grausigen Wegweiser: die gellenden Schreie der Gefolterten, denen sie nur zu folgen brauchten. Auf ihrem Weg hatten sich ihnen zweimal Soldaten des Drachenritters entgegengestellt, die sich ihnen mit dem Mut der Verzweiflung entgegenwarfen. Andrej hatte sie allesamt getötet.

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