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Der verborgene Garten - Der verborgene Garten - The Forgotten Garden

Titel: Der verborgene Garten - Der verborgene Garten - The Forgotten Garden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Morton
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Gelegenheit bekommt, sich in all ihrem Glanz zu zeigen.« Dann hatte Tante Adeline sich zu voller Größe aufgerichtet. »Ich habe zwei Überfahrten nach New York gebucht. Eine für Rose und eine für mich. Ich möchte jede Missstimmung vermeiden, daher wäre es das Beste, sie in dem Glauben zu lassen, es wäre deine eigene Entscheidung gewesen.«
     
     
» Aber warum sollte ich Rose belügen?«
    Tante Adeline atmete so tief durch die Nase ein, dass ihre Wangen nach innen gezogen wurden. »Um sie glücklich zu machen natürlich. Möchtest du etwa nicht, dass sie glücklich ist? Hat Rose es nicht verdient, glücklich zu sein, nach allem, was sie durchgemacht hat?«

    Ein Donnerschlag hallte zwischen den Klippenwänden wider, als Eliza oben ankam. Der Himmel wurde immer dunkler, und der Regen nahm zu. Auf der Lichtung stand ein kleines Haus, und Eliza erkannte sofort, dass es das Haus hinter dem von einer Mauer umgebenen Garten war, den zu bepflanzen Onkel Linus ihr erlaubt hatte. Sie brachte sich unter dem kleinen Vordach in Sicherheit, drückte sich gegen die Haustür, während der Regen um sie herum immer heftiger herunterprasselte.
    Es war zwei Monate her, dass Rose und Tante Adeline zu ihrer Reise nach New York aufgebrochen waren, und obwohl ihr die Zeit jetzt lang wurde, war der erste Monat wie im Flug vergangen. Das Wetter war herrlich gewesen, und Eliza hatte sich spannende neue Geschichten ausgedacht. Sie hatte ihre Tage jeweils zur Hälfte an ihren beiden Lieblingsorten verbracht: auf dem schwarzen Felsen unten in der Bucht, auf dessen Spitze die Gezeiten über die Jahrhunderte hinweg ein zum Sitzen geeignetes Plateau ausgewaschen hatten, und in dem ummauerten Garten, ihrem Garten am Ende des Labyrinths. Was für eine Wonne es war, einen Ort für sich allein zu haben, einen ganzen Garten, in dem man sein konnte, wie man wollte. Manchmal saß Eliza stundenlang still auf der schmiedeeisernen Bank und lauschte den Geräuschen um sich herum: das Rascheln der Blätter, wenn der Wind durchs Laub fuhr, das ferne Ein- und Ausatmen des Meers, das Zwitschern der Vögel, die ihre Geschichten trällerten. Manchmal, wenn sie mucksmäuschenstill war, meinte sie beinahe zu hören, wie die Blumen der Sonne wohlig ihren Dank entgegenseufzten.
    Aber heute war alles anders. Die Sonne war verschwunden, und jenseits der Klippe verschwammen Himmel und Meer zu einer grauen aufgewühlten Masse. Der Regen ließ nicht nach, und Eliza sagte sich seufzend, dass es im Moment keinen Zweck hatte, durch den Garten und das Labyrinth nach Hause zu laufen, wenn sie nicht bis auf die Haut durchnässt und mit einem
aufgeweichten Notizbuch dort ankommen wollte. Wenn sie nur einen hohlen Baum finden könnte, um darin Schutz zu suchen! Eine Geschichte flackerte in Elizas Fantasie auf. Sie versuchte, sie zu fassen zu bekommen, sie festzuhalten, bis sie Gestalt annahm.
    Sie zog den Bleistift heraus, den sie immer unter ihrem Leibchen versteckt bei sich trug, riss das braune Packpapier auf, legte das Notizbuch auf ihren Oberschenkel und begann zu schreiben.
    Der Wind blies kräftiger hier oben im Reich der Vögel, und der Regen, der seinen Weg in ihr Versteck gefunden hatte, spuckte dicke Tropfen auf die jungfräulichen Seiten. Eliza drehte sich zur Tür hin, doch der Regen fand sie auch dort.
    Das war ja furchtbar! Wo sollte sie bloß schreiben, wenn erst das für die Jahreszeit typische nasse Wetter einsetzte? Die Bucht und der Garten würden ihr dann keinen Schutz mehr bieten. Natürlich war da noch das Haus ihres Onkels mit seinen vielen Zimmern, aber Eliza fiel es schwer zu schreiben, wenn sich ständig jemand in der Nähe aufhielt. Manchmal wähnte man sich allein, nur um plötzlich festzustellen, dass ein Dienstmädchen vor dem Kamin hockte und das Feuer schürte. Oder ihr Onkel, der stumm in einer dunklen Ecke in einem Sessel saß.
    Regen klatschte auf Elizas Füße. Sie schlug ihr Notizheft zu und stampfte ärgerlich auf dem Steinboden auf. Sie musste einen geschützteren Ort finden. Sie betrachtete die rote Haustür hinter ihr. Wieso war es ihr nicht schon eher aufgefallen? Im Türschloss steckte ein großer, kunstvoll gefertigter Messingschlüssel. Ohne zu zögern, drehte Eliza ihn um. Das Schloss reagierte. Sie ergriff den Türknauf, der sich weich und seltsamerweise ganz warm anfühlte, und drehte ihn. Ein Klicken, und die Tür öffnete sich wie durch Zauberhand.
    Eliza trat über die Schwelle in das dunkle, trockene Haus.

    Linus saß

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