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Der verborgene Hof: Roman (German Edition)

Der verborgene Hof: Roman (German Edition)

Titel: Der verborgene Hof: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Lake
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drehten und wanden uns und sprangen gelegentlich. Letztlich offenbarte der Pfad zum Bett des Gottes, dass er größer war als der Raum, in dem es sich befand.
    Götter waren immer größer als der Raum, in dem sie sich befanden.
    Kein Wunder, dass Federo über jedes Maß wahnsinnig war. Als Gefäß für einen Gott. Als göttlicher Lustknabe.
    Ich bemitleidete ihn jetzt, selbst seinen mörderischen Wahnsinn. Sehnte er sich nach den Zeiten in der Stadt, in denen er Normalität vorspiegeln konnte, trotz all seiner Intrigen?
    Der Faktor ergriff das Wort in meiner Erinnerung: »Frieden«, sagte er, »und Wohlstand und sichere Straßen in der Nacht und verstummte Götter, die sich nicht mehr täglich in die Affären der Menschen mischen konnten.«
    Frieden erfüllte diese lautlose Schwärze. Ich fragte mich, welcher Unterschied bestanden hätte, wenn Schwarzblut stumm geblieben wäre. Die Menschen erlebten Schmerz unabhängig von dem Gott. Sie würden mehr Schmerz unter Choybalsan erfahren. Er hatte viel verbrannt, auch wenn seine Bauern und Banditen ihn verehrten. Choybalsan würde vor nichts Halt machen.
    Als Hautlos meinen Körper schließlich absetzte, kehrte meine Entschlossenheit zurück. Sie schwand einen Augenblick in neuerlichem Schmerz an der Schulter, doch ich hatte gelernt, im Leiden zu mir selbst zu finden.
    Ein Licht flackerte und zwang mich, einen Moment die Augen zu schließen.
    Als ich sie wieder öffnete, fummelte Hautlos mit ein wenig glimmendem Zunder, ging von Schale zu Schale und entzündete ganz einfache Öllampen. Es erschien mir abwegig, dieser watschelnden Schreckensgestalt dabei zuzusehen, wie sie einer Kammerzofe gleich den Raum für die Rückkehr ihres Herrn bereitete.
    Ich bemerkte, dass die Glocke neben mir lag. Das meiste Quecksilber war verschwunden, aber ein paar Tropfen zeigten mir einen Thron hinter mir. Eine kleine Gestalt kauerte am Rand des Sitzes.
    Ich versuchte es dreimal und schaffte es schließlich, den Kopf auf die andere Seite zu drehen. Mein Körper hatte kaum noch Kraft.
    Im flackernden Licht der Lampen, die nach keinem Öl rochen, das ich kannte, konnte ich sehen, dass der Thron aus kleinen Schädeln gefertigt war. Von Säuglingen vielleicht oder Affen. Es war schwer zu sagen. Schwarzblut saß auf der Kante und trommelte mit den Fersen.
    War Hautlos eine Schreckensgestalt aus den Tiefen eines Albtraumes, so war der Gott ein Kind, bekleidet und glatzköpfig. Seine Augen waren blutunterlaufen wie nach heftigen Schlägen auf den Kopf. Sie glänzten rot im flackernden Licht der Lampen. Davon abgesehen sah er fast normal aus.
    »Ich sehe, du bist auferstanden.« Erstaunlicherweise brachte ich die Worte heraus, ohne vor Schmerzen zu schreien.
    »Zu meiner Überraschung.« Er runzelte die Stirn. »Viel hat sich verändert.«
    »Sogar noch in den letzten paar Stunden.« Ich musste innehalten, meine Augen schließen und meinem rasenden Herzen einen Augenblick gönnen. Es wäre ein sehr ungeeigneter Augenblick, wenn es jetzt platzen sollte. Lass mich wenigstens noch sagen, weshalb ich hier bin, betete ich.
    »Du bist meinem Theopomp begegnet. Hautlos riecht ihn an dir.«
    »I … ich sagte deinem Diener bereits, dass er in meinen Armen starb, als ich ihm den Gnadentod gab. Choybalsan hatte ihn tödlich verletzt.«
    Die Lichter glitzerten unter den Tränen in meinen Augen.
    Schwarzblut gab einen unterdrückten Laut von sich. Dann sagte er: »Du bist nicht eine von meinen.«
    »Nein, ich folge einer fernen Göttin.«
    »Hautlos vermag auch Sie an dir zu riechen.«
    »Bald, oh Gott, wird es niemanden mehr für dich geben. Wir wollten heute Choybalsan bekämpfen.«
    Er lachte. Es klang leicht, wie das Gezwitscher von Vögeln, und doch konnte ich es in allen meinen Gelenken spüren und sank eine Weile in eine tiefe Woge von Schmerz.
    Als ich wieder klar sehen konnte, strahlte die Miene des Gottes Selbstzufriedenheit aus.
    »Du hast keine wirkliche Vorstellung von Zeit, kleines ausländisches Mädchen. Du bist keine von uns. Dein Schmerzopfer ist gut genug, aber ich kann und werde dich nicht in mir aufnehmen.«
    Mehrere Arten von Hoffnung blühten in mir auf. »Was ist mit Choybalsan? Wirst du Hautlos in den Kampf schicken, wenn es noch nicht zu spät ist?«
    Schwarzblut lehnte sich zu mir, glitt von seinem Thron und hockte sich kaum eine Handbreit neben mich hin. Ich hätte ihn nicht berührt, selbst wenn ich dazu in der Lage gewesen wäre.
    »Warum sollte ich?«, flüsterte er.
    Das war

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