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Der verbotene Garten

Der verbotene Garten

Titel: Der verbotene Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ami McKay
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zurück«, fauchte sie, packte wieder mein Haar und riss an meinem Zopf. »Du rührst dich erst, wenn ich es dir erlaube.«
    Â»Bitte, lassen Sie mich los«, flehte ich.
    Doch sie ließ den Sonnenschirm sinken, griff mit der anderen Hand meinen Arm und zerrte mich in den Salon.
    Â»Das ist nur zu deinem Besten«, sagte sie, als sie eine Schere aus dem Sekretär holte und die Klingen vor meinen Augen zuschnappen ließ. »Du würdest ihm zu gut gefallen. So viele Blutergüsse ich dir auch verpasse, ich kann einfach nicht verhindern, dass deine Schönheit immer wiederkommt. Bei dir heilt sie im Schlaf, nur um mich zu quälen.«
    Mit jedem einzelnen Tag hatte sich der Wahnsinn Mrs. Wentworth angenähert. Nun hatte er sie offenbar ereilt.
    Sie hielt mich fest und säbelte an meinem Zopf herum. »Ich weiß nicht, wie ich es anders bewirken soll. Es ist ja nicht deine Schuld, mein liebes Mädchen. Du warst mir doch von allen bisher die Ergebenste …«
    Â»Nicht!«, weinte ich. Ich hob die Hand, um Mrs. Wentworth abzuwehren, doch sie stach mit der scharfen Schere zu. Schmerzend schoss mir das Blut aus den Fingern.
    Â»Sei lieb, Miss Fenwick«, säuselte Mrs. Wentworth, als hätte sie mir niemals wehgetan. »Lass mich das beenden. Lass mir meinen Ehemann.«
    Bald darauf hielt sie ihre Trophäe in den Händen. Das Band, das ich morgens noch um meinen Zopf gebunden hatte, baumelte nun arm und schäbig vor dem perfekten Faltenwurf ihres Kleids.
    Ich barg meine verletzte Hand an meinem Rock und senkte den Kopf, mir war schwindlig vor Schmerz. Tiefrote Tropfen fielen hinab auf den Teppich und ruinierten eine blassgelbe Blume.
    Mrs. Wentworth schaute das Porträt ihres Gatten an, dann mich. »Ihm ist nicht zu trauen«, sagte sie mit zitternder Stimme. Dann ging sie zur Dienstbotenglocke, läutete Sturm und rief: »Nestor! Nestor, kommen Sie, rasch! Ich brauche Sie!«
    Kommen Sie, Nestor, bitte.

Armband

    Ordnen Sie den Zopf, den Sie verwenden wollen, der Länge nach, und binden Sie die Enden mit einem festen Faden zusammen. Legen Sie das Haar in einen kleinen Topf, geben Sie etwa einen Dreiviertelliter Wasser und ein nussgroßes Stück Soda hinzu, und lassen Sie alles fünfzehn bis zwanzig Minuten lang köcheln. Nehmen Sie das Haar heraus, gießen Sie die Flüssigkeit ab, und hängen Sie das Haar zum Trocknen auf, nicht jedoch in die Nähe eines Feuers.
    Â»Die Kunst des Haarschmucks«, aus:
Godeys Handbuch für die Dame , 1850
    VII
    L ass einen Fremden niemals an dein Haar gelangen«, schimpfte Mama immer, wenn sie die Haare aufsammelte, die aus meiner Bürste gefallen waren. »Wer es findet, kann einen machtvollen Zauber gegen dich richten.« Wenn Mama alle Haare aufgelesen hatte, rollte sie daraus eine zottelige Kugel und steckte sie in einen kleinen Stoffbeutel, den sie als Behältnis nutzte. Sie hatte den Beutel aus einem Taschentuch meines Vaters genäht und an einer Kordel über dem Kopfende unseres Betts angebracht.
    Â»Erinnerst du dich an Mrs. Deery?«
    Â»Ja, Mama, natürlich.«
    Â»Und weißt du noch, was geschehen ist?«
    Â»Ja, Mama.«
    Mrs. Deery war tot. Was laut Mama daran lag, dass sich die Schwester von Mrs. Deery über die arme Frau empört, ihr das Haar gestohlen und es einem Vogel gegeben hatte. Der Vogel war zu seinem Schlupfloch unter dem Dach geflogen und hatte Mrs. Deerys Haar in seinem Nest verbaut. Und während der Vogel das Haar Runde um Runde verwebte, vor und zurück, zwischen Ästchen und Spinnweben, war Mrs. Deery dem Wahnsinn anheimgefallen. Am Ende konnte sie nicht mehr klar denken. Sie war überzeugt, dass alle sie verfolgten. Sie war umhergeirrt, im Kreis, und wusste nicht mehr, wer sie war.
    Eines Tages war sie vom Bürgersteig getrudelt, direkt in einen Lieferwagen. Der Fahrer war machtlos. Und während Fässer voller Fisch von dem Wagen rumpelten, hatte Mrs. Deery unter dem Reifen hervorgerufen: »Sie hat mich verflucht! Sie hat mir den Tod gewünscht …«
    Wenn Mamas Behältnis voll war, nahm sie das Haar heraus und stopfte damit ihr Nadelkissen. So blieben all ihre Nadeln frei von Rost. Wenn das Haar alt war, holte sie es aus dem Kissen, sprach einen Zauberspruch darüber und warf es ins Feuer.
    Mamas Haar war so tiefschwarz, dass es bläulich schimmerte. Sie hätte es Mr. Darling, dem Perückenmacher auf der Bowery,

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