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Der verbotene Garten

Der verbotene Garten

Titel: Der verbotene Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ami McKay
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Flasche auf den Tisch. »Das hält die Wunde sauber und beschleunigt die Heilung.«
    Nestor fasste sie am Arm und lächelte. »Nun sieh an, Caroline, wie nett von dir«, neckte er. »Ich wusste gar nicht, dass du so was kannst.«
    Caroline stemmte die Hände in die Hüften und funkelte Nestor böse an, als wollte sie auf ihn losgehen. Doch beim Anblick meines blutgetränkten Handtuchs besann sie sich eines anderen. »Das hat ja eh keinen Zweck«, murmelte sie und wandte sich wieder ihren Pflichten zu. Ȇberhaupt keinen Zweck.«
    Mir erschien es nun vollkommen undenkbar, Mrs. Wentworth jemals wieder gegenüberzutreten. »Helfen Sie mir«, flüsterte ich Nestor zu. »Helfen Sie mir, von hier zu fliehen. Ich werde alles tun, was Sie verlangen.«
    Â»Das werde ich, aber dies ist nicht der richtige Moment.«
    Â»Sie wird mich umbringen.« Meine Stimme zitterte. »Das weiß ich.«
    Â»Geduld zahlt sich am Ende aus, meine Liebe«, flüsterte er zurück.
    Nachdem er meine Hand verbunden hatte, brachte er mich zu meinem Zimmer und wies mich an, dort auf ihn zu warten. »Ich komme bald, versprochen.«
    Die meiste Zeit ging ich im Zimmer auf und ab. Einmal griff ich unter meine Matratze und zog die Zauberpuppen hervor, mit denen ich Mr. Wentworths Heimkehr beschworen hatte, und riss sie in kleine Stücke. Meine Hand tat immer noch weh, doch Carolines Tinktur hatte den Schmerz zu einem dumpfen Pochen gelindert.
    Drei Mal kletterte ich auf den hölzernen Ständer vor dem Waschbecken und versuchte, an das Oberlicht zu kommen. Doch weder die Höhe des Gestells noch die der Decke änderte sich, und wie sehr ich mich auch streckte, meine Hand erreichte das Fenster nicht. Danach probierte ich, den Kleiderschrank zu verschieben, erst mit einer Schulter, dann mit dem Rücken, aber er war zu schwer. Ich hatte gehofft, über ihn in die Freiheit klettern zu können.
    Als es nichts mehr zu versuchen und keine Möbel mehr zu verrücken gab, stellte ich mich vor Carolines schlierigen Spiegel und betrachtete den Schaden, den Mrs. Wentworth angerichtet hatte. Solange ich denken konnte, hatte ich mir morgens das Haar aus dem Gesicht gestrichen, doch was mich nun ansah, war nicht mein Gesicht. Es war ein Etwas, voller Blutergüsse, jungenhaft und hässlich, so kantig und schief, dass mich meine eigene Mutter wohl nicht erkannt hätte.
    Ich strich über den kläglichen Rest meines Haars und wandte meinen Kopf hin und her. Selbst die niederste Arbeiterin – das Laufmädchen, die Nadelmacherin, die Spülhilfe – kann sich mit Recht für schön halten, wenn sie im Nacken die Windung eines Chignons oder das Gewicht eines langen Zopfs spürt. Sie weiß, wenn sie ihn am Ende des Tages löst, werden ihr die Strähnen über Schultern und Brüste fallen. Sie wird sich das Haar über der Handkante kämmen und sich fragen, wie es wohl wäre, wenn ein anderer dies für sie täte. Auf solche Freuden musste ich nun sehr lange verzichten.
    In der Kammer war es schon dunkel, als Nestor endlich kam. Ich hörte seine Hand am Riegel und eilte zur Tür.
    Â»Ich bin bereit«, sagte ich und zeigte ihm meinen Kissenbezug. Meine Besitztümer waren sicher darin verstaut, Miss Sweet besonders sorgsam geborgen, damit ich sie auf keinen Fall verlor.
    Â»Noch nicht.« Nestor schloss die Tür hinter sich.
    Ich trat zurück. Ich wusste, worauf er aus war, und spielte die Ahnungslose, um ihn mir ein wenig länger vom Leib zu halten. »Ich sollte das Kleid zurückgeben, ich weiß«, sagte ich und ging rasch zum Schrank. »Aber hier hängt ein ganzes Dutzend anderer, wie Sie sehen können … und das hier passt so gut. Ich glaube nicht, dass mir mein altes Kleid noch …«
    Â»Still, Miss Fenwick«, sagte er und kam auf mich zu.
    In meinem verzweifelten Wunsch, Mrs. Wentworth zu entfliehen, hatte ich ihm gewähren wollen, was immer er verlangte. Nun, da er vor mir stand, wankte meine Entschlossenheit.
    Â»Ich habe noch n-nie …«, stammelte ich.
    Â»Und das werden Sie auch jetzt nicht«, sagte Nestor und schüttelte missbilligend den Kopf. »Und bestimmt nicht durch mich. Sie haben doch hoffentlich mehr Achtung vor sich selbst, und auch vor mir, Miss Fenwick.«
    Â»Es tut mir leid«, entschuldigte ich mich. »Es ist nur, ich möchte so dringend fort, und als Sie die Tür

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