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Der verbotene Ort

Titel: Der verbotene Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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Bestätigung.
    »Arandjel, ich habe zwei letzte Fragen.«
    »Ich höre dir noch so lange zu, bis ich dieses Glas ausgetrunken habe«, erwiderte Arandjel und trank einen ganz kleinen Schluck, ein amüsiertes Lächeln im Blick.
    Adamsberg hatte das Gefühl, in geheimem Einvernehmen mit Arandjel ein Spiel mit ihm zu spielen, in welchem er sehr schnell überlegen musste, bevor der Schnaps zu Ende ging – einer Sanduhr gleich, die abläuft. War das Glas leer, würde der Gong ertönen, und die Worte der Weisheit würden verstummen. Er schätzte die ihm noch verbleibende Zeit auf fünf Schluck Rakija.
    »Gibt es eine Verbindung zwischen Plogojowitz und dem alten Friedhof im Norden von London, Higegatte?«
    »Highgate?«
    »Ja.«
    »Es ist mehr als eine Verbindung, junger Mann. Denn noch bevor man diesen Friedhof anlegte, so wird erzählt, brachte man den Leichnam eines Türken in einem Sarg auf den Hügel. Er soll lange Zeit dort allein geruht haben. Aber die Leute bringen alles durcheinander, es war kein Türke. Es war ein Serbe, und es heißt, es war der Meister aller Vampire, Plogojowitz selbst. Der aus seinem Land geflohen wäre, um von London aus zu herrschen. Man sagt sogar, seine Anwesenheit dort oben auf diesem Hügel habe spontan dazu geführt, dass der Friedhof von Highgate gebaut wurde.«
    »Plogojowitz, der Meister von London«, murmelte Adamsberg beinahe fassungslos. »Dann bringt der, der die Schuhe dort hinstellt, ihm keine Opfergabe dar. Er fordert ihn heraus, er bekämpft ihn. Er demonstriert ihm seine Macht.«
    »Ti to veruješ«, sagte Vlad, seine Mähne schüttelnd, und sah Adamsberg an. »Du glaubst es. Lass dich von Arandjel nicht aufs Kreuz legen, sagte Dedo immer zu mir. Er amüsiert sich wie ein junger Fuchs.«
    Adamsberg ließ eine neue, heftige Lachsalve der beiden verebben, den Pegelstand des Alkohols in Arandjels Hand überwachend. Als ihre Blicke sich trafen, kippte Arandjel einen weiteren Schluck. Es blieb nur noch ein knapper Zentimeter im Glas. Die Zeit läuft, überleg dir deine Frage gut, genau das schien Arandjels Lächeln zu sagen, gleich einer Sphinx, die den Vorübergehenden auf die Probe stellt.
    »Arandjel, hatte Peter Plogojowitz eine Person besonders im Visier? Wäre es möglich, dass eine Familie speziell sich als Opfer der Macht der Plogojowitz’ sieht?«
    »Blödsinn«, sagte Vlad wie Danglard. »Darauf habe ich dir schon geantwortet. Seine eigene Familie war es, die ins Gras beißen musste.«
    Arandjel hob eine Hand, um Vladislav zum Schweigen zu bringen.
    »Ja«, sagte er. »Einverstanden«, fügte er hinzu und goss sich noch ein wenig Rakija ein. »Du hast die Zeit eines letzten Glases vor meiner Siesta gewonnen.«
    Ein Zugeständnis, das dem alten Mann selbst sehr entgegenzukommen schien. Adamsberg zog sein Notizbuch heraus.
    »Nein«, sagte Arandjel entschieden. »Wenn du nicht in der Lage bist, dir das zu merken, dann interessiert es dich nicht genug. Dann wirst du auch nichts verloren haben.«
    »Ich höre«, sagte Adamsberg und steckte sein Notizbuch wieder weg.
    »Eine Familie mindestens wurde von Plogojowitz verfolgt, im Dorf Medwegya, nicht weit von hier, im Distrikt von Branicevo. Du kannst das im Visum et Repertum nachlesen, das der Arzt Flückinger im Jahr 1732 nach Abschluss der Untersuchung für die Militärbehörde von Belgrad geschrieben hat.«
    Der Danglard von Serbien, Adamsberg erinnerte sich. Er hatte nicht die geringste Vorstellung von diesem Visum et Repertum, noch wo man es finden könnte, und der alte Arandjel schien sich ein diebisches Vergnügen daraus zu machen, ihm jedwede Notiz zu untersagen. Adamsberg rieb seine Hände aneinander vor Nervosität, er könnte es vergessen. Das Visum et Repertum von Flückinger.
    »Der Fall erregte noch größeres Aufsehen als der von Plogojowitz, es entlud sich ein regelrechter Sturm in ganz Westeuropa, die Pro und die Contra stritten heftig miteinander, euer Voltaire lachte sich ins Fäustchen, der Kaiser von Österreich mischte sich ein, Ludwig XV. befahl, die Nachforschungen weiterzuverfolgen, die Mediziner rissen sich die Haare aus, andere beteten für ihr Heil, die Theologen waren ratlos. Es gab eine gewaltige Flut von Publikationen und Kontroversen. Und von hier war das alles ausgegangen«, fügte Arandjel mit einem Blick auf die umliegenden Hügel hinzu.
    »Ich höre«, wiederholte Adamsberg.
    »Ein Soldat kam nach mehrjährigem Feldzug aus dem Krieg zwischen Österreich und der Türkei in sein Dorf

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