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Der verbotene Ort

Titel: Der verbotene Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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habe mich bemüht, Adamsberg. Ich finde weder eine Heirat noch Verbindungen zu der Sache in Garches, und ebenso wenig zu der in Pressbaum. ›Weder eine Heirat‹ ist allerdings nicht ganz korrekt.«
    Weill schnalzte mit der Zunge, kostete ein kleines Schweigen aus.
    »Die Seite im Standesamtsregister von Auxerre, denn da ist sie geboren, auf welcher sie vermutlich unter ihrem Mädchennamen eingetragen war, ist sorgfältig herausgeschnitten. Die Angestellte versichert, eine Dame ›aus dem Ministerium‹ habe verlangt, aus Gründen, die ›top secret‹ seien, allein zu bleiben mit dem Register. Ich denke, dass die gute Emma Carnot allmählich die Nerven verliert. Man spürt ihre Kopflosigkeit. ›Eine Frau mit schwarzen Haaren‹, sagte die Angestellte. Vierter Rat: Niemals eine Perücke aufsetzen, es ist lächerlich. Wir haben es also sehr wohl mit einer Heirat zu tun, die man der Öffentlichkeit verborgen hat.«
    »Der Mörder ist erst neunundzwanzig Jahre alt.«
    »Und aus dieser Heirat hervorgegangen. Sie beschützt ihn. Oder sorgt doch dafür, dass der Wahnsinn ihres Sohns ihren Weg nicht behindert.«
    »Weill, die Mutter von Zerk heißt Gisèle Louvois.«
    »Ich weiß. Man könnte in Erwägung ziehen, dass Carnot sich des Neugeborenen diskret entledigt hat, indem sie seine Adoption gegen ein stattliches Sümmchen geregelt hat.«
    »Okay, Weill. Und nun, wo wir auf der siebten Sprosse angekommen sind, wie gehen wir vor?«
    »Wir besorgen uns die DNA von Carnot, vergleichen sie mit der in dem Taschentuch, und los geht’s. Nichts einfacher als das, die Mülltonnen des Conseil d’État werden jeden Morgen auf den Platz vor dem Palais-Royal gestellt. An den Tagen der Plenarsitzungen findet man darin die Wasserflaschen und Kaffeebecher, aus denen die Mitglieder des Rates ihren Durst gelöscht haben. Unter den Flaschen auch die von Carnot. Und morgen ist Sitzungstag. Deaktivieren Sie dieses Handy, Kommissar, und schalten Sie es erst morgen früh um sieben Uhr wieder ein, unbedingt.«
    »Pariser Zeit?«
    »Ja, neun Uhr bei Ihnen.«
    »Unbedingt«, registrierte Adamsberg, sehr erleichtert, dass die Vizepräsidentin des Conseil d’État diesen Zerk gezeugt hatte. Denn wenn er sich schon nicht erinnerte, jemals eine Gisèle geliebt zu haben, so war er absolut sicher, dass er niemals mit der Vizepräsidentin geschlafen hatte.
    Er legte auf und nahm den Akku aus Weills Telefon. Morgen früh, neun Uhr. Der Wirtin der Krutschema würde er seinen morgendlichen Spaziergang erklären müssen. Er biss sich auf die Lippen. Da hatte er diesem Zerk in gutem Glauben geschworen, dass er sich stets an die Namen und die Gesichter der Frauen erinnerte, mit denen er geschlafen hatte. Und diese Frau datierte erst von gestern. Er strengte sich an, ließ die Wörter Revue passieren, die er gehört hatte, krčma, kafa, danica, hvala. Danica, das war’s. Vor dem Ausgang der Mühle blieb er stehen, von einer noch größeren Unruhe erfasst. Der Name des serbischen Soldaten, dem Peter Plogojowitz das Leben versaut hatte? Als er den Weg zum Fluss eingeschlagen hatte, wusste er ihn noch. Aber Weills Anruf hatte ihn aus seinem Gehirn gelöscht. Er nahm den Kopf in die Hände, doch vergebens.
    Das Rascheln kam von hinter ihm, wie ein Sack, den man über den Boden schleift. Adamsberg wandte sich um, er war nicht allein in der Mühle.
    »Also dann, Idiot«, sagte die Stimme im Dunkel.

35
     
    Das zischende Geräusch von Klebestreifen, die man ruckweise von der Rolle zieht, brachte Adamsberg wieder zu Bewusstsein. Zerk war dabei, ihn mit Paketklebeband zu umwickeln. Seine Beine waren bereits unbeweglich, als der Kerl ihn aus der Mühle zog und in einen Wagen hievte, der etwa zwanzig Meter entfernt stand.
    Wie lange hatte er ihn gefesselt auf dem Boden der alten Mühle liegen lassen? Bis zum Einbruch der Dunkelheit, es musste schon weit nach neun Uhr sein. Die Füße konnte Adamsberg noch bewegen, doch sein ganzer übriger Körper war wie eine Mumie in klebrigen Binden gefangen. Seine Handgelenke waren festgeklebt, sein Mund verschlossen. Von dem Mann sah er nur einen schwarzen Umriss. Aber er hörte ihn. Das Knirschen seiner Lederjacke, sein Keuchen unter der Anstrengung, die unverständlichen Laute, die er ausstieß. Dann eine kurze Fahrt auf dem Rücksitz des Wagens, kaum einen Kilometer weit, und Halt. Zerk zog ihn an seinen festgeschweißten Handgelenken wie an den Henkeln eines riesigen Korbes. Auf einem Wegstück von etwa dreißig Metern

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