Der verbotene Turm
gegen deinen Vater. Ich war nur wütend, weil er dich eingeschüchtert und zum Weinen gebracht hat. Wenn du hier bleiben möchtest …«
Sie sah zu ihm hoch, und die alte Verbundenheit hüllte sie ein, die sie einander nahe gebracht hatte, bevor sie sich begegneten. Der geistige Kontakt hatte für ihn mehr Realität als die zögernde und ängstliche körperliche Berührung, die alles war, was sie ihm erlauben konnte. »Wenn zwischen dir und Vater keine Übereinstimmung möglich wäre, würde ich dir an jeden beliebigen Ort auf Darkover oder in eurem Sternen-Imperium folgen. Aber nur mit einem Kummer, den ich nie würde ausloten können. Dies ist meine Heimat, Andrew. Der innigste Wunsch meines Herzens ist, daß ich sie nie wieder verlassen muß.«
Er zog ihre Fingerspitzen behutsam an seine Lippen und sagte leise: »Dann soll es auch meine Heimat sein, Geliebte. Für immer.«
Als Andrew und Callista dem anderen Paar in das Hauptgebäude folgten, fanden sie Damon und Ellemir auf einer Bank neben Dom Esteban sitzen. Nun stand Damon auf und kniete vor dem alten Mann nieder. Er sagte etwas, das Andrew nicht hören konnte, und der Lord von Alton erwiderte lächelnd: »Du hast dich mir viele Male als Sohn erwiesen, Damon, mehr braucht es nicht für mich. Nimm meinen Segen.« Er legte seine Hand für einen Augenblick auf Damons Kopf. Der jüngere Mann erhob sich, beugte sich vor und küßte Dom Esteban auf die Wange.
Dom Esteban blickte mit ernstem Lächeln über Damons Kopf hinweg. »Bist du zu stolz, für meinen Segen niederzuknien, Ann’dra?«
»Nicht zu stolz, Sir. Wenn ich jetzt oder zu anderen Zeiten gegen den Brauch verstoße, bitte ich Euch, Lord Alton, darin nur meinen Mangel an Kenntnis dessen, was als schicklich gilt, zu sehen, und keine bewußte Verletzung der Sitten.«
Dom Esteban winkte das Paar zu einem Platz neben Damon und Ellemir. »Ann’dra …« – er benutzte immer noch die darkovanische Abwandlung des Namens – »… ich weiß nichts wirklich Schlechtes von deinen Leuten, aber ich weiß auch wenig, das gut ist. Ich nehme an, sie sind wie die meisten Menschen, einige gut und einige schlecht, und die meisten werden weder das eine noch das andere sein. Wärst du ein schlechter Mann, so hätte meine Tochter wohl nicht den Wunsch, dich gegen alle Sitten und den gesunden Menschenverstand zu heiraten. Aber du kannst es mir nicht übel nehmen, wenn ich nicht besonders glücklich dabei bin, mein geliebtestes Kind einem Außenweltler zu geben, sei es auch einer, der sich als ehrenhaft und tapfer erwiesen hat.«
Andrew, der neben Ellemir auf der Bank saß, spürte, daß sie die Hände fest ballte, als er von Callista als seinem geliebtesten Kind sprach. Es war grausam, dachte Andrew, das in ihrer Gegenwart zu tun. Schließlich war es Ellemir gewesen, die als pflichtgetreue und gehorsame Tochter all diese Jahre zu Hause geblieben war. Die Empörung über die Taktlosigkeit des alten Mannes machte seine Stimme kühl.
»Ich kann nur sagen, Sir, daß ich Callista liebe und versuchen will, sie glücklich zu machen.«
»Ich glaube nicht, daß sie unter deinen Leuten glücklich sein wird. Hast du die Absicht, mit ihr fortzugehen?«
»Wenn Ihr unserer Heirat nicht zugestimmt hättet, Sir, wäre mir keine andere Wahl geblieben.« Aber hätte er dies empfindsame Mädchen, das unter Telepathen aufgewachsen war, wirklich in die terranische Zone bringen können, wo sie zwischen hohen Gebäuden und Maschinen gefangen war? Hätte er sie den Leuten zur Schau stellen sollen, die sie wie eine exotische Mißgeburt betrachteten? Ihr Laran hätte man ihr schon als Geisteskrankheit oder Scharlatanerie ausgelegt. »Wie die Dinge stehen, Sir, will ich mit Freuden hier bleiben. Vielleicht kann ich Euch beweisen, daß Terraner nicht so fremdartig sind, wie Ihr denkt.«
»Das weiß ich bereits. Hältst du mich für undankbar? Ich weiß ganz genau: Wärst du nicht gewesen, dann wäre Callista in den Höhlen gestorben, und das Land würde immer noch unter der verfluchten Dunkelheit liegen!«
»Ich glaube, das waren mehr Damons Taten als meine, Sir«, erklärte Andrew fest. Der alte Mann lachte kurz und trocken auf.
»Und nun ist es so wie im Märchen, daß ihr beiden mit der Hand meiner Töchter und der Hälfte meines Königreichs belohnt werden solltet. Nun, ich habe kein Königreich zu verschenken, Ann’dra, aber du hast hier den Platz eines Sohnes, solange du lebst, und wenn du es wünschst, deine Kinder nach
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