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Der verbotene Turm

Der verbotene Turm

Titel: Der verbotene Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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… nicht leicht.« Ihr war bewußt, wie lächerlich unangemessen diese Formulierung war. Sie ließ nichts von den Monaten eiserner körperlicher und geistiger Disziplin erkennen, bis ihr Gehirn unglaubliche Kräfte erworben hatte, bis ihr Körper die unmenschlichen Flüsse und Drücke ertragen konnte. Callista schloß leise und bitter: »Jetzt wünschte ich, ich hätte auch versagt!« Sie hörte ihre eigenen Worte, entsetzte sich über sie und verstummte.
    Ellemir flüsterte: »Ich wünschte, wir hätten uns nicht so weit voneinander entfernt, Breda .« Beinahe zum ersten Mal benutzte sie das Wort für »Schwester« in der vertraulichen Form; es konnte auch »Liebling« bedeuten. Callista antwortete eher auf den Ton als auf den Inhalt.
    »Es war ja nicht so, daß ich … daß ich dich nicht mehr liebte oder nicht mehr an dich dachte, Ellemir. Aber man lehrte mich – oh, du kannst dir nicht vorstellen, wie! –, mich jeden menschlichen Kontaktes zu enthalten. Und du warst meine Zwillingsschwester – ich hatte dir am nächsten gestanden. In meinem ersten Jahr weinte ich mich abends in den Schlaf, weil ich mich so nach dir sehnte. Aber dann … dann bist du mit dem Rest meines Lebens, das vor Arilinn lag, verschmolzen, warst wie jemand, den ich nur in einem Traum gekannt habe. Später, als mir erlaubt wurde, dich hin und wieder zu sehen, dich zu besuchen, versuchte ich deshalb, dich fern von mir zu halten, dich als Teil des Traums zu sehen, damit ich nicht von jeder neuen Trennung wieder zerrissen wurde. Unsere Lebensbahnen liefen verschiedene Wege, und ich wußte, es mußte so sein.«
    Die Traurigkeit in ihrer Stimme war schlimmer als Tränen. Um sie zu trösten, legte sich Ellemir impulsiv neben ihre Schwester und nahm sie in die Arme. Callistas Körper wurde steif, doch dann seufzte sie und blieb still liegen. Ellemir spürte die Anstrengung, die es ihre Schwester kostete, sich ihr nicht zu entwinden. Mit heftigem Zorn dachte sie: Wie konnten sie ihr das antun? Es ist eine Deformierung, als hätten sie aus ihr einen Krüppel oder eine Bucklige gemacht!
    Sie drückte die Schwester an sich. »Ich hoffe, wir können wieder einen Weg zueinander finden.«
    Callista ließ sich die Umarmung gefallen, wenn sie sie auch nicht erwiderte. »Das hoffe ich auch, Ellemir.«
    »Mir kommt es schrecklich vor, daß du nie verliebt warst.«
    Ihre Schwester antwortete leichthin: »Oh, so schlimm ist das nicht. Wir standen uns im Turm so nahe, daß ich glaube, auf die eine oder andere Art waren wir immer verliebt.« Es war zu dunkel, um Callistas Gesicht zu erkennen, aber Ellemir spürte ihr Lächeln, als sie hinzusetzte: »Und wenn ich dir nun erzähle, daß Damon noch in Arilinn war, als ich dort anfing, und daß ich mir kurze Zeit einbildete, in ihn verliebt zu sein? Bist du sehr eifersüchtig, Ellemir?«
    Ellemir lachte. »Nein, nicht sehr.«
    »Er war fertig ausgebildeter Techniker, und er lehrte mich das Überwachen. Natürlich war ich für ihn keine Frau, ich war nur eins der kleinen Mädchen, die er unterrichtete. Es gab für ihn überhaupt keine Frau, ausgenommen Leonie –« Sie unterbrach sich und sagte schnell: »Das ist natürlich lange vorbei.«
    Ellemir lachte laut heraus. »Ich weiß, daß Damons Herz ganz mir gehört. Wie könnte ich auf eine Liebe eifersüchtig sein, die ein Mann einer Bewahrerin entgegenbringt, die das Gelübde der Jungfräulichkeit abgelegt hat?« Ellemir erschrak über ihre eigenen Worte. »Oh, Callista, ich habe nicht gemeint –«
    »Doch, das hast du gemeint«, widersprach Callista sanft, »aber Liebe ist Liebe, auch wenn nichts Körperliches dabei im Spiel ist. Wenn ich das nicht schon vorher gewußt hätte, hätte ich es in den Höhlen von Corresanti gelernt, als ich meine Liebe zu Andrew entdeckte. Es war Liebe, und sie war wirklich, und wenn ich du wäre, würde ich nicht verächtlich auf Damons Liebe zu Leonie hinabsehen, als wäre es die Schwärmerei eines grünen Jungen gewesen.« Sie dachte, sprach es jedoch nicht aus, daß diese Liebe genug an Realität gehabt hatte, um Leonies Frieden zu stören, auch wenn niemand außer Callista je etwas davon geahnt hatte.
    Sie hat recht getan, Damon wegzuschicken …
    »Mir kommt es merkwürdig vor, ohne Begehren zu lieben«, sagte Ellemir, »und, was du auch sagst, nicht ganz wirklich.«
    »Männer haben mich begehrt«, erwiderte Callista ruhig, »ungeachtet des Tabus. Das kommt vor. Meistens hat es in mir gar nichts erregt, es gab mir nur das

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