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Der verbrannte Garten - Ulysses Moore : Staffel 2 ; 5

Der verbrannte Garten - Ulysses Moore : Staffel 2 ; 5

Titel: Der verbrannte Garten - Ulysses Moore : Staffel 2 ; 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Coppenrath Verlag GmbH & Co. KG
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Brandstifter. In seiner Stimme lagen weder Nervosität noch Gereiztheit. Er war von der ruhigen Ausstrahlung dieser sanften alten Dame fasziniert.
    Die Lehrerin lächelte ebenfalls und auf ihrem Gesicht zeichnete sich ein Netz feiner Fältchen ab. »Nein, Mister Voynich. Wirklich, ich habe nichts zu erzählen. Ich wüsste nicht, was.«
    Â»Sind Sie sich da sicher?«
    Sie saßen im Wohnzimmer im ersten Stock des Hauses von Stella Evans, der ältesten Lehrerin von Kilmore Cove. Nachdem das einzige Hotel im Ort von der Überschwemmung beschädigt worden war, hatte Miss Evans angeboten, in ihrem großen Haus einige der Leute aufzunehmen, die durch die Katastrophe obdachlos geworden waren. Voynich hatte das gesamte Dachgeschoss für sich und genoss von hier aus einen herrlichen Ausblick auf die Bucht und die Dächer des Städtchens. Er verbrachte die meiste Zeit mit seinem Roman, den er bei weit geöffneten Fenstern in sein Notizbuch schrieb.
    Die Stunden schienen ihm wie im Flug zu vergehen. Es kam ihm vor, als sei es gleich nach dem Frühstück schon wieder Zeit für das Abendessen. Und auch an diesem Abend unterhielt sich Voynich, wie an allen Abenden zuvor, bei einer Tasse wohlschmeckendem Rhabarbertee mit der alten Dame.
    Bereits mehrmals war ihm ihre Intelligenz und Kultiviertheit aufgefallen. Und etwas an ihrer Art war ihm auf unerklärliche Weise vertraut vorgekommen. Gerade deshalb plauderte er so gerne mit ihr.
    Â»Um ehrlich zu sein, wäre da doch etwas«, gab Miss Stella zu. »Heute Abend, als ich das Essen kochte …«
    Â»Apropos«, unterbrach Voynich sie. »Ich hatte ganz vergessen, Ihnen zu der Suppe zu gratulieren. Sie war wirklich vorzüglich!«
    Â»Das ist sehr freundlich von Ihnen … Ich wollte Ihnen aber gestehen, dass ich zufällig ein paar Seiten Ihres Romans gelesen habe.«
    Â»Das sind nur Entwürfe, die keinerlei Anspruch darauf erheben können, als Literatur gelten zu dürfen …«
    Â»Ich widerspreche Ihnen nur ungern, Mister Voynich, aber ich finde, dass Sie sehr gut schreiben!«
    Â»Tatsächlich?«
    Â»Ja, ganz bestimmt.«
    Â»Ach, wissen Sie … wenn Sie es sagen …«
    Â»Ach, ich bitte Sie! Ich bin nur eine einfache alte Grundschullehrerin in einem abgelegenen Städtchen in Cornwall. Was kann Ihnen mein Urteil schon nützen? Dazu noch zu einer Liebesgeschichte! Ich habe in meinem ganzen Leben nur einen Menschen geliebt, und das war mein Mann!«
    Die Lehrerin wies mit einer Handbewegung zu den ausgestopften Tieren, die ringsherum um sie standen: ein Dachs, ein Reh, ein Hase, ein Pferdekopf an der Wand, eine Katze, ein Löwe, ein Affe … Andere, von denen einige kurios oder sogar makaber wirkten, standen in Nischen an den Treppen. Der Gatte von Stella Evans war ein sehr begabter Tierpräparator gewesen. »Ich würde mir zu Ihren Aufzeichnungen aber gerne eine Bemerkung erlauben«, fuhr die alte Dame fort.
    Â»Ich höre sie gerne«, versicherte Voynich ihr.
    Â»Auf den Seiten, die ich las, war ein Satz, der mir sehr gut gefallen hat: der über die Gans.«
    Â»Der, in dem ich schreibe, dass wir die Gans wegen der Dummheiten, die mit ihren Federn niedergeschrieben wurden, für ein dummes Tier halten?«
    Â»Genau. Das finde ich sehr treffend. Und deshalb wollte ich Ihnen von einem Gedanken erzählen, der meinen Mann sehr beschäftigte. Er behauptete, die Tiere würden jedes Mal, wenn sie uns anschauen, merken, dass wir Menschen ihnen ähnlich sind, aber dass uns etwas verloren geht. Sie sehen in uns Tiere, die erröten, die lachen, die weinen, die unglücklich sind. Und sie verstehen nicht, warum. Und deshalb haben sie Angst vor uns.«
    Voynich hob seine Teetasse. »Eine sehr treffende Beobachtung. Ich würde sie mir gerne notieren.«
    Â»Ja, das war eigentlich schon alles, Mister Voynich«, sagte Miss Stella lächelnd. »Und jetzt werde ich mich zurückziehen, wenn Sie gestatten.«
    Marius Voynich stand auf und deutete eine leichte Verbeugung an. Er sah der alten Dame nach, die mit einer Kerze in der Hand aus dem Zimmer ging. Dann setzte er sich wieder und verfiel ins Grübeln.
    Â»Fantasierende Tiere, das ist genau das, was wir sind«, sagte er laut zu sich selbst.
    Stella Evans stieg die Treppe zu ihrem Schlafzimmer hinauf. Sie stellte den Kerzenhalter auf ihr Nachttischchen und ging ins Bad. Als sie in ihr Zimmer

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