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Der vergessene Turm: Roman (German Edition)

Der vergessene Turm: Roman (German Edition)

Titel: Der vergessene Turm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert M. Talmar
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Landhüter durchaus könnte. Doch lass es dir gesagt sein: Wenn ich einem von euch mein Leben anvertrauen würde, dann wäre es Mellow und nicht du. Solange dir dein Dünkel wichtiger ist als die Einsicht in Notwendigkeiten   … solange wirst du deiner Zunft, deinem Land und   – was am schlimmsten ist   – allen Vahits, die dir aufgrund deines Hutes vertrauen, am Ende schmerzlichen Schaden bereiten. Wehe denen, die dir folgen! Dein Hut mag größer sein als die der anderen, weil dein Kopf darunter kein Maß kennt. Doch beide, wären sie auch doppelt so groß, sind zu klein für die Aufgaben, die vor euch liegen. Deshalb wirst du versagen, wenn die Lage wirklich ernst wird!«
    Damit wandte er sich ab.
    Vor dem Tor der Bücherey stellten sie die Wagen ab, spannten die Ponys aus und läuteten.
    Wieder war es Tuom Mürmdohl, der ihnen öffnete, und diesmal erschrak er wirklich, als er ihre zerrissenen, verdreckten und blutverkrusteten Kleider sah.
    Die endlich in Mechellinde angelangten Vahits waren, jeder für sich, müder als jemals zuvor in ihrem Leben. Sie fühlten sich zerschlagener als ein Haufen Brautlaufkrüge, während sie wortlos an dem alten Gildendiener vorbei in den Torweg wankten und in Richtung des Gästehauses der Bücherey verschwanden. Tuom sah ihnen nach und kratzte sich am Hinterkopf, ehe er das doppelflügelige Tor verschloss. Das Schlurfen der Vahitfüße verklang.
    Nur einer stand da und rührte sich nicht. Tuom fuhr zusammen, als er sich vom Tor abwendete.
    Der große Mensch beugte sich stattdessen zu ihm herab, und Tuom lehnte sich zurück, denn der Mönch war nicht weniger besudelt als die anderen. Müdigkeit lag in seiner Stimme, als der Dir sagte:
    »Ich weiß, ich verlange allzu viel in dieser Nacht von deinen Beinen, Tuom Torwächter. Aber lass eilends Bäder vorbereiten, wenn du kannst. Das vor allem, dazu heiße Getränke und frische Kleider. Sowie einen Ballen ausgekochter Stoffe zum Verbinden der Wunden. Und etwas zu essen, wenn das nicht zu viel verlangt ist. Wer dem Tod nahe war, den verlangt es dringend nach Nahrung , sagen wir in Vindland. Und wir waren ihm nahe. Allzu nahe!«
    Die letzten Worte flüsterte er, mehr zu sich selbst als zu dem ihn anstarrenden Vahit. Er lächelte seltsam, grimmig und traurig zugleich, ehe er sich aufrichtete. Das Haar fiel ihm in dicken, verkrusteten Strähnen ins Gesicht, sein Bart war mit Dreck und einer Menge anderem verschmiert, und er roch so streng, wie er aussah.
    »Gewiss, Herr«, stammelte Tuom. »Zu   – zu deinen Diensten.« Der alte Vahit eilte davon, so schnell ihn seine Füße trugen. Zu gleichen Teilen, um das Gewünschte zu besorgen und um möglichst rasch aus der Nähe des murmelnden Menschen zu entkommen.
    Circendil hinkte ihm hinterdrein.
    Für einen Augenblick verlassen, für einen weiteren allein.
    Er sah Lichter rechts im Gästehaus und murmelte dankbar Amans Namen, als er aus dem Torgang ins Freie trat. In diesem Moment zerfetzte ein Blitz die Nacht über Mechellinde. Er tauchte alle Fenster in ein zuckendes Rosarot; ein krachender, hallender Donnerschlag, ein mächtiger Stanayitlén, rollte über die Dächer und Straßen hinweg. Und als habe es nur dieses Zeichens bedurft, begann es, wie aus Kübeln zu gießen.

19 . KAPITEL
    Der Rat von Mechellinde
    N ICHTS WAR F INN JE so willkommen gewesen wie das heiße Bad, in dem er sich zu seiner eigenen Verwunderung wenig später wiederfand. Seiner aufgeschürften Stellen und Prellungen eingedenk seifte er sich so vorsichtig ein wie nur möglich, was aber auch nicht ohne Schmerzen abging. Dann schrubbelte er sein verklebtes Haar. Mit einer Bürste entfernte er das eingetrocknete Blut unter den Fingernägeln. Anschließend lag er dann für eine kleine Weile still; erstaunt darüber, dass er noch lebte und in der dünnen, zerbrechlichen Sicherheit eines Vahithauses seinen Gedanken nachhängen konnte, während draußen ein dumpfer Donner grollte und ein heftiger Regenguss aufs Dach pladderte.
    Neben ihm plantschten auch Mellow und seine Brüder in hölzernen Zubern. Manches Stöhnen war zu hören, unterbrochen von einem oder zwei »Tut das gut«, ansonsten herrschte bedrücktes Schweigen; eine Weile war nur Schwammauswringen und Bürstengeschrubbe zu hören, bis Geng irgendwann seine Nase durch die Tür streckte. Er nuschelte etwas von angerichteter kalter Platte , und das klang ermutigend.
    Müde kletterten die Vahits aus dem Wasser und erinnerten sich nicht, wann sie jemals

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