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Der vergessene Turm: Roman (German Edition)

Der vergessene Turm: Roman (German Edition)

Titel: Der vergessene Turm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert M. Talmar
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nächtens um zwei noch gebadet hätten. Nach dem Abtrocknen fanden sie zu ihrer Verwunderung (und grenzenlosen Erleichterung) bereitgelegte, frische Kleider vor. Ihre eigenen, teilte Geng ihnen mit, seien, ob man sie nun wüsche oder nähte, einfach nur hinüber und der Mühe nicht mehr wert gewesen. Er, berichtete er, habe Anweisung erhalten, sie in der Küche zu verbrennen, er bitte nachsorglich um Entschuldigung.
    Schon war er wieder fort.
    Er und andere Angehörige der Schülerschar, so erfuhren sie wenig später, waren von Tuom Mürmdohl aufgescheucht und mit der Herrichtung all der Dinge beauftragt worden, die Circendil draußen im Torweg erbeten hatte.
    Umgeben von Seifendunst und eingehüllt in eine selige Mattigkeit verließen sie schlurfend das Badezimmer. Einen Raum weiter trafen sie wieder auf Mellows Eltern. Gemeinsam aßen die Vahits ein allen Sitten widersprechendes, weil viel zu spätes Abendbrot. Mit jedem Bissen erschien es ihnen umso unwirklicher, dass sie hier wohlbehalten zusammensitzen und essen konnten; hatte doch ein jeder in ihrer Runde auf seine Weise geglaubt, das letztes Stündlein habe draußen auf den Flusswiesen begonnen. Und doch half das Mahl, die angeschlagenen Gemüter ein wenig aufzurichten.
    Die unfassbare Nachricht, es habe eine regelrechte Schlacht am Mürmelkopf gegeben, verbreitete sich wie ein Lauffeuer in der Bücherey. Wer von den Schülern und Cuorderin, den Schriffern oder den Gildendienern in dieser Nacht nicht schlafen konnte, fand irgendeinen fadenscheinigen Grund, dem Gästehaus einen nächtlichen Besuch abzustatten. So lugten etliche Köpfe wenigstens einmal um die Ecke, in der Hoffnung, mehr als nur das Bruchstück eines Gerüchts zu erfahren.
    Indes sprachen die Neuankömmlinge wenig, und schon gar nicht darüber, welche Schrecken hinter ihnen lagen. Dafür griffen sie umso beherzter bei der kalten Platte zu, die nach Vahitart aus Brot und Quark und mehreren Sorten Käse bestand; dazu gab es Nüsse, Beerenmus, Tee und für die, die wollten, heißen, verdünnten Wein. Dhela fütterte wortlos Gatabaid, die nach der Hälfte ihrer Brotscheibe auf ihrem Schoß einschlief, und sie stand auf, um sich im Gästehaus nach einem Bett für die Nacht zu erkundigen. Gevatter Rorig, der inzwischen neben frischen Kleidern einen Kopfverband trug, verabschiedete sich gleichfalls und begleitete sie.
    Gerade, als sie sich zu fragen begannen, wo denn Circendil abgeblieben sei, betrat der Davenamedhir den Raum, und sie mussten unwillkürlich lachen, als sie ihn erblickten. Auch er hatte eine Gelegenheit zur Reinigung gefunden. Seine schmutzigen Kleider hatte er abgelegt und trug stattdessen einen weiten, leinenen Überwurf, eine Art langes Hemd mit weiten Ärmeln, das bis zum Boden reichte. Abgesehen von der Größe, sah es einem Vahitnachthemd ziemlich ähnlich. Seine bloßen Beine steckten in ledernen Sandalen. Er erinnerte Finn an ein etwas ratloses Gespenst, wie er fragenden Blickes dastand. Gerade in diesem Augenblick zuckte ein Blitz am Fenster in seinem Rücken und tauchte ihn ins gruseligste aller Lichter. Als der mehrfache Donnerschlag verklungen war und er im Lichtschein der Lampen auf einer der (für ihn viel zu niedrigen) Bänke Platz nahm, hatte er mehr Ähnlichkeit mit etwas anderem. Was genauso zum Lachen reizte oder sogar mehr. Es fehlt, dachte Finn erheitert, nur noch ein ausgefranster Hut, und sie machen ihn zum Anführer aller Vogelscheuchen des Hüggellandes.
    »Ihr müsst meinen nicht ganz standesgemäßen Aufzug entschuldigen«, sagte der Mönch in seinem immer noch fremd klingenden vindländischen Tonfall in das allgemeine Grinsen hinein. »Ich hätte besser gewählt, wenn ich gekonnt hätte. Allerdings ist die Auswahl an passenden Kleidungsstücken hier im Hüggelland für meine Größe begrenzt, wie ihr euch vorstellen könnt. So muss ich mit dem vorliebnehmen, was da ist   – und mehr gibt mein Rucksack leider nicht mehr her.«
    »Schon gut«, nickte Mellow kauend und übertrieben ernst. »Dieses   – äh   – Dings da verhindert, dich nackt herumlaufen zu sehen, was für uns alle ein Glück ist; und ohne Frage verscheucht es zudem alle noch draußen herumstreichenden Nachtgespenster, da bin ich mir sicher.«
    Circendils Mundwinkel zuckten milde in das wieder aufbrandende allgemeine Gelächter hinein. »Ganz ohne Frage. Ob es allerdings auch die Gidrogs oder ihre Criargs erschreckt, wage ich indes zu bezweifeln. Dafür bräuchte ich schon deinen

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