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Der vergessene Turm: Roman (German Edition)

Der vergessene Turm: Roman (German Edition)

Titel: Der vergessene Turm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert M. Talmar
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Ein jeder eilte so rasch wie möglich an die vor ihm liegende Aufgabe. Plötzlich herrschte eine fast beängstigende Stille unter der verlassenen Linde, in die nur der Brunnen sein Plätschern schickte. Finn kam es fast unwirklich vor, als er die halb geleerten Becher und die verwaisten Tische betrachtete, deren Tischtücher bekleckert, schief und zerknickt herabhingen. Ihm war, als erwache er aus einem Traum am Nachmorgen eines rauschenden und zu langen Festes. Erst als der Vahogathmáhir neben ihn trat, merkte er, dass er doch nicht völlig allein unter der Linde stand.
    »Du hast dir kein gutes Jahr für deine Volljährigkeit ausgesucht, mein Junge.«
    »Ich wollte, ich hätte es mir aussuchen können.«
    »Ja«, nickte Wredian. »Dennoch bin ich dankbar, dass du es nicht konntest. Ohne deine Fahrt zum Acaeras wäre das Unheil ohne Warnung über uns hereingebrochen. Was du und deine Freunde in den vergangenen Tagen geleistet habt, ist in der Geschichte der Vahits beispiellos. Wir verdanken euch viel, und weit mehr, als ich auch nur sagen kann.«
    »Danke«, erwiderte Finn und kratzte sich verlegen am Ohr. »Ach, ich weiß nicht, Herr Wredian. Was wir getan haben   – was wir tun konnten, meine ich, das scheint mir so wenig zu sein. Außerdem hat sich alles sozusagen ganz von allein ergeben. Ehe wir uns versahen, steckten wir schon mittendrin. Andere hätten in meiner oder unserer Lage gewiss ähnlich gehandelt.«
    »Gewiss?« Der Vahogathmáhir schüttelte den Kopf. »Du bist zu bescheiden. Die meisten, die ich kenne, wären einfach davongelaufen.«
    »Ja«, sagte Finn. »Davonlaufen trifft den Nagel ziemlich auf den Kopf. Viel mehr als das haben auch wir nicht getan, wenn du es wissen willst. Aber lass uns nicht länger von den zurückliegenden Tagen sprechen. Da ist etwas anderes, das mir vorhin im Kopf herumging. Aber später ist es mir sozusagen entwischt. Was ich dich nämlich fragen wollte: Nach Moorreet ist noch kein Bote geschickt worden, nicht wahr?«
    Wredian sah ihn einen Moment verblüfft an. »Jetzt, wo du es sagst   – ja, das stimmt. Wir schickten alle nach Süden.«
    »Dann möchte ich gern diesen Botengang übernehmen, wenn du es erlaubst. Auch in meinem Heimatdorf muss jemand die Nachricht vom bevorstehenden Krieg verkünden. Sie ahnen dort nichts. Die Moorreeter sind einfache Leute, aber auch sie können helfen. Einige von ihnen schneiden Schilf für die Korbmacher. Sie wäreneine willkommene Unterstützung bei –   na, bei dieser Pfeilernte, von der Herr Circendil sprach. Und sie könnten in Mechellinde mit zugreifen, so sie sich dorthin in Sicherheit bringen wollen.«
    Herr Wredian zog eine zweifelnde Miene. »Falls sie kommen, Finn. Dein Vater wird seine Werkstatt nicht verlassen wollen«, gab er zu bedenken.
    »Ich weiß«, antwortete Finn. »Auch deshalb muss ich dorthin. Er ist an dem Tag mit meiner Mutter verreist, als ich zum Acaeras Alamdil aufbrach. Vielleicht ist er schon zurück, vielleicht nicht. Ich fand keine Zeit zu fragen, ob jemand meine Eltern zurückkehren sah in all der Aufregung.«
    »Ich verstehe. Dann geh, aber eile dich. Der Dir braucht deine Hilfe, wie du weißt. «
    »Ja. Ich bin zur Nacht zurück«, versprach Finn.
    »Nun, da du mich daran erinnerst   – auf deinem Weg nach Moorreet, liegt dort draußen nicht auch eine Schmiede?«
    Der Vahogathmáhir stammte, wenn Finn sich recht erinnerte, aus dem Hohengau, aus Salzbuckel sogar, einem Brada noch jenseits von Vahindema, der größten Siedlung im Hintergau. Es hieß, des Nachts könne man dort schon das Meer hören, ein Flüstern von Wellen, das durch die Täler drang, aber Finn hielt das für ein Hohengauer Gerücht. Umso mehr beeindruckte es ihn zu hören, dass sich Herr Wredian trotz seiner seltenen Aufenthalte im Obergau zu erinnern wusste, ob und ungefähr wo sich am anderen Ende des Hüggellandes eine Schmiede befand. Er selbst hätte Gleiches für die Gegend um Salzbuckel nicht zu sagen vermocht.
    »Ja, die Hammerschmiede von Abhro Rabner.«
    »Dann bestell ihm Grüße. Und den Beschluss des Rates. Er soll sich spätestens morgen bei mir einfinden. Er wird kräftig zu tun bekommen.«
    Finn lächelte. »Wegen Herrn Circendils Pfeilspitzen, nehme ich an?«
    »Du sagst es. Und Finn   – nur unter uns beiden   – vertraust du ihm?«
    »Abhro Rabner? Verzeih, aber ich kenne ihn kaum.«
    Wredian seufzte. »Nein. Ich meine den Dir.«
    »Circendil? Ihm verdanke ich mein Leben. Und   – ja, ich würde es

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