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Der vergessene Turm: Roman (German Edition)

Der vergessene Turm: Roman (German Edition)

Titel: Der vergessene Turm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert M. Talmar
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sich an den zweiten, »du lässt sie nicht aus den Augen, bis ich zurück bin. Und du holst ihren Käfig her, Tuluk. Vorwärts!«
    Die gesättigten Criargs ließen sich jetzt williger lenken. Der Gidrog ergriff ihre Zügel und führte sie durch den Torrahmen in die Vorburg hinunter. Saisárasar drehte sich um und schritt durch das, was von Anselmas Leichnam noch übrig war, in Richtung des Wohnhauses davon. Beiläufig versetzte er dem blutverschmierten Kopf einen Tritt. Der rollte, in ein Netz aus grauroten Haarsträhnen gehüllt, über das Gras und blieb in einem Kotfladen eines der Criargs liegen.
    Der Gidrog namens Udrak, der zu Finns und Mellows Wächter bestimmt war, zog sein Axtschwert und heftete den Blick auf sie. Der mit Tuluk bezeichnete marschierte zum Brunnen hinüber und verschwand dahinter in dem Gemäuer, das den Borkers als Stall gedient hatte.
    Lange Schatten schoben sich jetzt über den Hof des Acaeras. Die Sonne war inzwischen hinter der Mauerkrone versunken. DunkleWolken quollen von Osten heran und ballten sich zu drohenden Türmen. Es sieht nach baldigem Regen, wenn nicht gar nach einem Unwetter aus, dachte Finn geistesabwesend, als ob er zu Hause am Gänseweiher stünde, müßig nach getaner Arbeit und voller Vorfreude auf ein bevorstehendes Abendbrot. Dann jedoch fiel sein Blick auf den verzweifelten alten Vahit, der halb aufgerichtet auf dem Boden saß und leise schluchzte, und er war wieder hier, beim Alten Turm, inmitten eines Schlamassels, wie er größer nicht sein konnte. »Herr Banavred!«, rief er besorgt und wollte sich zu ihm niederbeugen, doch ein Grollen, das sich in der Kehle der Gidrogs erhob, beendete die Bewegung im Ansatz.
    »Was sollte das denn?«, zischte er kurz darauf Mellow an. »Der König von Revinore, ja?«
    »Er hat mich reingelegt«, erwiderte Mellow leise. »Ich dachte, es wäre ein guter Plan. Ihn zu überzeugen, meine ich, das Hüggelland besser nicht leichtfertig anzugreifen. Ich konnte nicht ahnen, wie gut er Land und Leute dort kennt.«
    »Jedenfalls kennt er sie besser als du oder sonst ein Vahit, fürchte ich.«
    Ihr Wächter schien nichts dagegen zu haben, wenn sie sich unterhielten. Doch sobald sie nur eine Hand bewegten, begannen seine Augen bösartig zu funkeln.
    »Und was sollte das mit dem   – na, das mit dem Brunnen?«, fragte Finn, so ruhig er es vermochte, obwohl alles in ihm bebte. »Ist das noch so ein guter Plan von dir?«
    »Es ist der einzige, den ich noch habe«, antwortete Mellow. »Ihn und ein wenig Hoffnung.«
    »Alles auf eine Karte setzen, ja? Es wird bald regnen, und wir werden darin ersaufen wie die Ratten, und …«
    »Wart’s ab. Und still jetzt! Man kommt.«
    Mellow hatte Recht.
    Im Haus der Borkers öffnete sich die Tür, und Saisárasar trat heraus. In der einen Hand hielt er Mellows Landhüterstab mit der fingerlangen Eisenspitze, in der anderen Hand führte er sein langesSchwert. Der Dunkle ging über den Turmhof und zum Mauereingang hinüber. Er sprach mit dem Gidrog, der dort seinen Posten bezogen hatte. Dann kehrte er zur Anhöhe und seinem Thronsitz zurück.
    Zuletzt erschien Tuluk, der Gidrog, der in das Stallgebäude geschickt worden war, um ihren Käfig zu holen. Tatsächlich schleppte er etwas heran, das wie eine Art übergroßer Vogelkäfig aussah. In eine breite Baumscheibe hatte jemand Löcher entlang des Randes gebohrt und darin fingerdicke Stäbe aus Weidenholz befestigt, die oben zusammengebunden waren. Eine feste Schlaufe und ein noch daran befindliches Seilende verrieten, dass der so gebildete Käfig irgendwo aufgehängt gewesen war, bis ihn der Gidrog abgenommen hatte und ihn nun mitsamt seines Inhalts herübertrug.
    Das zusammengekrümmte Bündel, das darin lag, bewegte sich, als der Gidrog den Käfig vor Saisárasar abstellte. Finn entfuhr ein Stöhnen, als er zu ahnen begann, was sich da regte   – kaum erkennbar unter verfilzten Haaren und Schmutz und bleich und stumm vor Angst. Er verstand plötzlich, und nichts hätte ihn in diesem Augenblick mehr jammern mögen. Eine winzige Hand griff nach einem der Stäbe und klammerte sich daran fest.
    »Bitte! Ich will heim!«, hörten sie das Kind heiser krächzen, gefolgt von einem Weinen, das keine Tränen mehr hatte.
    »Gatabaid!« Mellow konnte den Namen nur noch flüstern; seine Stimme versagte.
    »Wie nett, ihr kennt euch bereits«, sagte Saisárasar voller Genugtuung. »Na, das gibt dem Ganzen einen ganz und gar unerwarteten Reiz. Und wir können uns alle

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