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Der vergessene Turm: Roman (German Edition)

Der vergessene Turm: Roman (German Edition)

Titel: Der vergessene Turm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert M. Talmar
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entschuldige mich aber wirklich. Der Ofen wird kalt und kälter, was dem Kuchen gar nicht bekommt. Und wenn’s dem nicht bekommt, bekommt’s mir nicht, verlass dich drauf.«
    »Wenn du es sagst«, entgegnete Finn fassungslos. »Kann ich wenigstens Gauvogt Gesslo sprechen?«
    »Du solltest einmal zum Bader gehen mit deinen Ohren«, erwiderte der dicke Vahit und schüttelte den Kopf, dass sein Doppelkinn wackelte wie Pudding. »Hast du nicht zugehört? Es ist niemand da, also auch nicht der Gauvogt. Er ist auf Reisen und wird nicht vor morgen Abend zurückerwartet. Selbst dann bezweifle ich, ob er für dich zu sprechen wäre. Aber ich bestelle ihm gern deine Grüße, Herr   … wie war gleich wieder dein Name?«
    »Der steht da auf dem Zettel!«, fauchte Finn und wandte sich zur Tür. »Da wir gerade von Namen sprechen –   wie lautet eigentlich der deinige? Und warum kenne ich dich nicht?«
    »Ich bin Bholobhorg Feldschwirl. Ich stamme aus Tanning im Untergau. Seit kurzem versetzt nach hier oben in den Norden. Und ihr hier seid, das kann ich jetzt schon sagen, seltsame Leute allesamt. Und nun wird es für mich höchste Zeit, wenn du verstehst. Ich kann nichts weiter für dich tun.« Sprach’s und verschwand grußlos hinter der Tür, die ihn zurück zu Herd und Pflaumenkuchen führte.
    »Als hättest du überhaupt etwas für mich getan«, murrte Finn. Er verließ die Amtsstube des Gauvogts, trat auf den Markplatz hinaus, drehte sich um und betrachtete gedankenverloren die im Wind tanzende Fahne des Vahogathmáhirs.
    Wenn das unsere Verwaltung ist, so brauchen wir sie nicht! Und wenn wir sie so nicht brauchen und dennoch so belassen, dann, oh Hüggelland, schwebst du schon mit einem Fuß über dem Sturz!
    Er kam der Wahrheit in diesem Augenblick näher, als er ahnte.
    Inzwischen war die Mittagsstunde angebrochen. Der Marktplatz lag verlassen da. Nur noch die Tauben pickten dort, wo die Frauen am Brunnen geschwatzt hatten. Für einen Augenblick überlegte Finn, ob er im Rauschenden Adler ein schnelles Mahl und ein Bier zu sich nehmen sollte; es gab auf Meilen nichts Köstlicheres als einen Krug Adlerbräu.
    Der Blick auf die Sonnenuhr über dem Brunnen belehrte ihn eines Besseren. Bis Rudenforst lagen noch über dreißig Meilen vorihm. Von dort bis zum Acaeras Alamdil waren es noch einmal acht oder neun Meilen, auf einer Straße, die hinter Rudenforst meistenteils durch dichten Wald führte. Die beiden Äpfel, die er sich vor der Fahrt zugesteckt hatte, mussten einstweilen genügen.
    Er aß sie, während er Smod zum Brunnen führte, an dem sich das Pony aus einem der Tröge satt trank. Die beiden Griebsche schmauste Smod mit freudigem Schnauben. Dann kletterte Finn auf den Wagen und rollte vom Marktplatz zur Einmündung der Straße der Schneider hinüber, die zum östlichen Ortsausgang führte.
    Bolaths Lohgerberei lag ganz am Rand des Khênbrada, noch hinter einer Schafswiese, zum Segen für die Nachbarn. Am Heckenzaun angekommen, schwankte er einen Moment lang, ob er seines Vaters Forderung um rasche Lederlieferung gleich jetzt oder erst bei seiner Rückkehr ausrichten sollte. Dann siegte seine Nase über sein Pflichtgefühl: Ein Schwall der stechenden Gerberdünste wehte über die Wiese heran. Mit jedem Schritt Smods vermischte er sich stärker mit dem Gestank von Kekros Fischräucherey, die sich ganz in der Nähe und linksseitig der Straße unmittelbar am Mürmelufer in Gestalt eines uralten Brochs erhob. Kekro stand in seiner speckigen Schürze davor und spaltete Holzscheite mit einer Axt; sie winkten sich zu, als Finn vorüberfuhr.
    Hinter dem Dorfheckentor wurde die Luft sogleich besser. Finn atmete auf. Der Wind wehte sanft über die Hügelkuppen und trieb die Dünste davon. Die Straße folgte indes weiter dem Lauf der Mürmel, deren Wasser hinter dichtem Buschsaum nun über breite Kiesbette dem Lammspringer See entgegenrauschten.
    Wellenförmige Wiesenhänge erstreckten sich, wie fast überall im Hüggelland, auch jenseits des Großdorfes zu beiden Ufern, doch die Straße erkletterte sie nicht, sondern wand sich dankenswerterweise darum herum. Sie verlief umso ebener, je länger sie dem Tal der Mürmel folgte, und so warf Smod seine Hufe leichtfüßig auf den Weg. Sein Klippediklapp bildete bald das einzige Geräusch außer dem Säuseln des Windes in den Büschen.
    Felder gab es hier keine mehr. Schon nach kurzer Zeit begegnete Finn niemandem mehr auf der Straße, und er sah weit und breit keinen Vahit.

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