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Der verlorene Freund: Roman (German Edition)

Der verlorene Freund: Roman (German Edition)

Titel: Der verlorene Freund: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos María Domínguez
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Verglichen mit der Verwegenheit anderer war es geradezu lächerlich – Isaak Babel trat ins Kosakenregiment ein, um das jüdische Gesetz übertreten und einen Menschen töten zu können –, aber ein Schicksal ist wie eine Zeichnung, es gibt viele Arten, einen Schatten zu schraffieren.
    Aufschluss konnte mir nur Wanda geben, die Einzige, die ihn auf dem Polizeirevier gesehen hatte, wo ihm vor Fassungslosigkeit gewiss die Luft weggeblieben war, als er begriffen hatte, dass sich hinter dem Sakrileg, hinter Gabino, hinter dem fortgeworfenen Schild nicht der Abgrund des Beliebigen auftat, wie er geglaubt hatte, sondern zwei Bergleute standen, die dem Elend hatten entfliehen wollen, und ein Verbrechen, das er selbst provoziert hatte. Er musste Entsetzen empfunden haben. Weniger abstrakt als das Entsetzen vor seiner dummen Laune, wenn er das Kreuz an der Wand betrachtete. Es wundert mich nicht, dass er sein einziges Delikt gegen sich selbst begangen hat, so die Schwester. Die Worte waren noch dieselben, aber nun schwang etwas anderes in ihnen mit, was weniger mit dem Tod zu tun hatte, als hörte ich sie zum ersten Mal.
    Ich besuchte Kunstgalerien und die Ausstellungseröffnungen der Museen. Bitten wollte ich sie nicht um ein Treffen, auch wenn sie mir eines schuldig war. Ich versuchte mein Glück bei zwei Versteigerungen von Castells-Gemälden, bei mehreren Vernissagen, erst bei den exklusiveren, dann bei den übrigen, ohne Glück. Eines Tages sah ich sie auf einem Bild in der Zeitung, bei einem Abendessen mit Unternehmern, und als ich die Einladung zu einem Cocktailempfang in der spanischen Botschaft erhielt, bat ich einen alten Freund, auch sie auf die Gästeliste zu setzen. Der Empfang fiel auf einen Mittwochabend, es war Herbst, die Frauen trugen leichte Mäntel, und zahllose Gäste schoben sich durch die Säle, inmitten der Tabletts voll Sekt, Whisky, Sherry und den Gesprächen derer, die bereits erprobt hatten, wie viel besser es sich nach einem Gläschen und einem Häppchen redet. Ich traf mehrere Kollegen, die ich seit Jahren nicht gesehen hatte, alte Bekannte aus Konsulatskreisen, und nachdem ich Fremde und Schmeichlerhinter mir gelassen hatte, all die eleganten Frauen, die allzu vielen Oberkörper, die sich rund um die Tabletts drängten, die Politiker, die fehlenden Freunde, die man hätte begrüßen können, trat ich durch die offenen Türen auf die Freitreppe zum Garten, wo sich die Raucher versammelten.
    Ich glaube, sie hatte mich zuerst gesehen, denn sie redete lange mit einem Schauspielerpärchen, ohne auch nur einmal in meine Richtung zu blicken. Er rauchte nervös, die Blonde voller Verachtung für die Leute, die sie anrempelten, und Wanda lehnte am Geländer, trank Limonade und hielt lässig ihren Stock, als wäre es ein Spielzeug. Es gibt einen Grad an Schönheit, der zwar die Erscheinung prägt, aber nicht wirklich Gestalt annimmt. Sie besticht nicht durch Perfektion, nicht durch Jugend oder Makellosigkeit. Da wird etwas seinem Schicksal überlassen, behauptet sich eigensinnig und wird durch den Verschleiß noch veredelt wie das Holz durch stetiges Berühren. Obwohl sich viele Gäste zwischen uns schoben, konnte ich erkennen, wie sie mit leichtem Unbehagen lächelte. Da trat ein Journalist zu ihr, den ich seit langem kannte, und kurz darauf winkte er mich zu sich. Er stellte uns so salbungsvoll und alkoholisiert vor, dass wir wohl oder übel seine peinlichen Schmeicheleien über uns ergehen lassen mussten, »die feinste Sammlerin des Landes«, sagte er, »und unser geheimnisvoller Bibliophiler«. Er wusste von meiner Rückkehr nach Montevideo, flocht immer wieder Anspielungen ein, die ich überhörte, in der Hoffnung, dass er es nicht wagen würde, zu fragen, auf welche Weise ich mich meiner Bücher entledigt hatte. Schon oft hatte ich mit diesen perfiden Andeutungen umgehen müssen, mit den verschwörerischen Blicken, die angeblich von nichts wissen, weil sie das Unterschwellige wohl dem Eindeutigen vorziehen, da es sich in Bars und bei Gesellschaften besser auswalzen lässt. Mein Gegenüber hier schwankte noch zwischen momentaner Neugier und künftigem Nutzen, während seine fleischigen Lippen uns mit seinem Atem bedrohten. Das Schauspielerpärchen wandte sich ein paar Kollegen zu, und ich nutzte die Gelegenheit, Wanda nach ihrem Sohn zu fragen, doch der Journalist nahm das nächste Glas Champagner vom Tablett, und ohne etwas auf unser Gespräch zu geben, ja als existierte ich nicht, setzte er Wanda

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