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Der verlorene Troll

Der verlorene Troll

Titel: Der verlorene Troll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Coleman Finlay
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tranken. Der Mann rieb seine Hände in der Strömung und schluchzte stumm, weil ihn das kalte Wasser schmerzte.
    »Wir müssen weiter«, sagte Made und wiederholte den Satz in der Sprache der Trolle. Der Mann schien zu verstehen und stemmte sich empor. Sie verließen den Weg am Fluss, in Richtung einer von Nord nach Süd verlaufenden Bergkette, in deren Ausläufer sich die Knochenhütte befand. Bleiches Mondlicht drang hier und da durch die Blätter und Zweige der Bäume.
    Die Lider des Mannes sanken immer wieder flatternd nach unten, obwohl er gleichmäßig weiterstapfte. Als Made schon dachte, sein Gefährte sei im Gehen eingeschlafen, bebte der Boden erneut ganz leicht, nur so viel, dass die Blätter an den Bäumen zitterten, und der Mann riss vor Angst die Augen auf.
    »Bleib wach«, sagte Made zu ihm. »Wir haben es fast geschafft.«
    Der Mann nickte energisch, tat zwei oder drei Schritte, dann fielen ihm die Lider wieder zu. Er entglitt Mades Griff und plumpste zu Boden. Zitternd rappelte er sich wieder auf. Während er sich vorwärtszwang, murmelte er einige Worte zu Made, legte die verkrüppelten Hände aufeinander und lehnte den Kopf seitlich dagegen.
    Made deutete auf die dunklen, unregelmäßigen Umrisse der Berge vor ihnen. »Schaffst du es noch bis dahin?«
    Der Mann nickte und ging in die Richtung weiter, die Made ihm gezeigt hatte, ohne erneut um eine Rast zu bitten. Made packte seinen Ellbogen und schob ihn vor sich her, damit er einfach nur vorwärtsstolpern musste. Doch als sie nur noch einen Steinwurf von dem Hügel entfernt waren, brach der Mann einfach zusammen.
    Made schaute zum heller werdenden Himmel empor. Am Hang entdeckte er den runden Umriss der Grabkammer und wuchtete sich den Mann über die Schulter. Sein Körper zitterte unter dem Gewicht, das beträchtlich schwerer war als Gelapas Leichnam. Er grub die Zehen in die Erde und stapfte bergauf.
    Es war, als würde er einen Felsbrocken auf einen Berg schieben. Doch irgendwie gelang es ihm, den Gipfel zu erreichen. Neue Ranken und Sträucher hatten den Bau überwuchert, aber Made zerrte den Fremden durch das Loch in der Wand. Das Morgenlicht fiel durch das eingestürzte Dach. Obwohl sie ihm den Zopf abgeschnitten und die Kleider geraubt hatten, und obwohl der Schmerz sein Gesicht gezeichnet hatte, erkannte Made den Mann sofort.
    Es war derjenige, den er Oberhaupt genannt hatte, der Soldat, den Made vor vielen Monaten im Tal gesehen hatte, und der ihn während des Gefechts unter den Tulpenbäumen verschont hatte.
    Mit diesen Verletzungen würde er bestimmt kein Oberhaupt mehr sein. Aber er kannte die Frau, der Made das Löwenfell gegeben hatte.

Kapitel 21

    Im Schlaf strafften sich Mades Muskelstränge wie die Sehnen an Keekyus Bogen. Als er aufgewacht war, kroch er zunächst auf Knien und Ellbogen und versuchte aufzustehen. Als es ihm nicht gelang, rollte er sich auf den Rücken und streckte vorsichtig seine Glieder. Dem anderen Mann ging es deutlich schlechter als ihm. Er lehnte steif an der Wand wie ein Wächter, der auf seiner Wacht eingedöst war.
    Jahre zuvor, auf dem Weg nach Süden zu einem Besuch bei der Horde von den Schaufelfelsen, hatte Windy sich tagsüber in einem Versteck verkrochen. Damals hatte Made gerade begonnen, bei Tag auf eigene Faust loszuziehen. Dabei kam er einmal auf eine Lichtung, wo er hinter einem Baum versteckt ein Kaninchen beobachtete. Ein Panther war aus dem hohen Gras hervorgesprungen und hatte es gefangen. Das Kaninchen schrie, und der Panther biss ein wenig an ihm herum. Dann gab er es frei, allerdings nur, um ihm erneut einen Hieb zu versetzen, als es zu fliehen versuchte.
    Fangen, loslassen, Prankenhieb - das Spiel setzte sich endlos fort.
    Vier blutige Striche zogen sich durch das graue Fell, während das Kaninchen schreiend Purzelbäume schlug und zu fliehen versuchte. Der bestürzte Made warf mit Stöcken nach der schlanken, gelben Raubkatze und lenkte sie lange genug ab, um dem Kaninchen zur Flucht zu verhelfen. Damals wusste Made noch nicht, dass Panther, anders als die stämmigen Großzahnlöwen, sehr wohl auf Bäume klettern konnten. Zum Glück war er damals noch klein und konnte auf Äste steigen, die die Katze nicht erreichte. Von dort aus warf er mit Stöcken nach ihr, bis es Nacht wurde und seine Mutter ihn suchen kam.
    Der Mann, der ihm nun gegenüberlag, war kein Kaninchen, aber auch seine Brust zierten blutige Striemen; vier lange, tiefe Wunden, aus denen eine rötlichgelbe Flüssigkeit

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