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Der verlorene Troll

Der verlorene Troll

Titel: Der verlorene Troll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Coleman Finlay
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untersuchte Zähne und Klauen. »Das Tier war weder krank noch verletzt.«
    Nun sprach ihr Anverlobter. »Ihr hattet Glück, dass der Wilde sein Messer nicht in Euch stach.«
    »Glück?« Ihr Blick war voller Hohn. »Glaubt Ihr etwa, Ihr könntet Euer Messer in mich stechen? Würde einer von Euch auch nur den Versuch wagen? Eure Mühe würde Euch nichts einbringen als eine zerbrochene Klinge.«
    »Herrin«, sagte Sebius und versuchte, sie beiseite zu nehmen. »Herrin, sprecht nicht so vulgär in Anwesenheit von Männern. Ihr wisst doch, wie erregbar sie sind, wie sehr sie von Launen und Gefühlen beherrscht werden. Außerdem dürft Ihr nicht vergessen, dass der Wilde ein Mörder ist.«
    »Hauptmann Bran?«, sagte sie und entzog sich Sebius.
    »Ja, Herrin.«
    »Habt Ihr je einen anderen Menschen getötet?«
    Er zögerte, ehe er antwortete. »Ihr wisst, dass ich das getan habe, im Dienste des Barons.«
    Sie warf die Arme in die Höhe. »Oh, nein, Sebius! Ein Mörder ist unter uns! Ich bin in schrecklicher Gefahr! Bran?«
    »Ja, Herrin?«
    »Baron Culufre könnte die Dienste eines Mannes gut gebrauchen, der einen Dolchzahnlöwen allein jagen und erlegen kann. Dann wären seine Kriegsmammuts, seine Ritter, seine Soldaten und die anderen Männer für wichtigere Aufgaben verfügbar, wie Bäume zu fällen und Palisaden zu bauen und sich im Schutz der Lagerfeuer zu verkriechen. In seinem Namen beauftrage ich Euch, diesen Mann zu finden.«
    »Ja, Herrin. Wie Ihr wünscht.«
    Sebius bedachte ihn mit einem bösen Blick, als hätte Bran ihn verraten. Die anderen Männer murrten. Portia lächelte nur. »Oder einen wie ihn, wenn Ihr das vorzieht. Wenn Ihr der Ansicht seid, einer von Euch könnte das Gleiche vollbringen, dann ist die Suche schon beendet. Nein? Das dachte ich mir schon.«
    Und nun hatte er ihn gefunden! Oder war von ihm gefunden worden.
    Der wilde Mann legte die Hand auf seinen Unterleib und versuchte, mit einer Geste etwas darüber anzuzeigen, wie Männer und Frauen dort zusammenpassten. »Frauen, groß da, riechen?«, fragte er.
    Bran überlegte. »Nein, die Nasen der Frauen sitzen meines Wissens woanders.«
    Nach einer Sekunde lachten beide, und nach dem Lachen verstummten sie, jeder in seine eigenen Gedanken vertieft.
    Das Heulen des Wolfs klang einsam, als er in der Ferne durch die Wälder streifte.

    *

    Made grub ein Loch. Derweil hob Bran in der Hütte sorgfältig die Knochen der beiden Menschenskelette auf, so wie Made einst diejenigen des Trollkinds zusammengesucht hatte. Während er mit einem scharfkantigen Stein eine weitere flache Grube in den Schmutz scharrte, bemerkte er einen metallischen Schimmer. Er entfernte die dünne Schicht aus Blättern und Schmutz und entdeckte ein langes Messer, ähnlich wie jenes, das Bran im Gefecht getragen hatte. Als seine Fingernägel an der rostigen Klinge kratzten, zerfiel das Leder der Schwerthülle.
    »Hier«, sagte Made und wollte es Bran geben.
    »Das kann ich nicht annehmen«, erwiderte dieser. Made hielt es ihm erneut entgegen, energischer nun, aber er weigerte sich wieder, es zu nehmen. »Dreimal sage ich dir, ich kann es nicht annehmen.«
    »Nimm es«, sagte Made.
    »Ich bin der Ehre nicht würdig«, antwortete Bran. »Aber da du mich dreimal darum gebeten hast, werde ich dich nicht beleidigen.«
    Er nahm das Schwert auf den Flächen seiner gemarterten Hände entgegen, die Spitze der Klinge zu ihm gewandt, bis Made es losließ. Nachdem er die fehlenden Finger an seiner rechten Hand grüblerisch betrachtet hatte, packte er den Heft des Schwerts und schwang es leicht hin und her. Die Waffe purzelte aus seinem Griff, und beide Männer sprangen beiseite.
    Made bückte sich nach dem Schwert, aber Bran kam ihm zuvor und packte die Waffe mit der linken Hand. Er stöhnte vor Schmerz, als sich seine Finger um das Heft schlossen. Dennoch schwang er die Waffe nun mit mehr Selbstvertrauen und ging in die Knie zu einer kurzen Attacke. »Keine schlechte Waffe. Ich kann die Klinge säubern und sie einigermaßen wieder herrichten.«
    »Du nennst das… «
    »Ein Schwert.«
    »Eisch-Wert?«
    »Schwert.«
    »Schwert. Du zeigst mir, wie man schwert?«
    »Wie man ein Schwert führt. Ja, es wird mir ein Vergnügen sein.«
    Made gefiel es über alle Maßen, dass Bran seine Sprache ständig verbesserte, bis er selbst die Fortschritte spürte. Mit der neuen Waffe machte er es ähnlich. Wochen vergingen, während Bran Made unterrichtete, manchmal mit dem Schwert, manchmal mit Ästen.

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