Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der verlorene Troll

Der verlorene Troll

Titel: Der verlorene Troll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Coleman Finlay
Vom Netzwerk:
gehen. Sollte ich nicht zurückkommen, verlässt du das Fest und die Stadt.«
    Sie säuberten sich oberflächlich und zogen die Kostüme an. Made nahm das Graukatzenkostüm. Es war viel zu weit und hing lose an seinem Bauch. Ein langer Schwanz ragte hinter seinem Rücken in die Höhe, von einem Draht gestützt, und Made drehte sich immer wieder, um zu sehen, was hinter ihm wippte. Brans Kostüm passte besser, aber Made wusste nicht, wie man die Knoten richtig band, die es zusammenhielten, und Bran musste es genau erklären.
    Draußen vor der Tür schrien und kratzten die Katzen, und Tubat und Crimey warfen ihnen vom Boden aus böse Blicke zu.
    Made setzte sich, froh, wieder trockene Kleider am Leib zu haben, während Bran durch den Raum ging und die Kissen umherwarf.
    »Was suchst du?«, fragte Made.
    »Die Einladungsschreiben, die uns Zutritt zur Burg verschaffen. Wir könnten uns vielleicht auch ohne sie reinmogeln, aber das wird viel schwieriger sein. Vielleicht sind sie gar nicht hier im Zimmer.«
    Made half ihm dabei, alles zu durchsuchen, doch ohne Erfolg. Bran wollte sich schon bücken, um die beiden gefesselten Männer danach zu fragen, aber er besann sich eines Besseren. Gelangweilt von der Suche nahm Made schließlich die Katzenmaske, um sie aufzusetzen. Ein helles Blatt Papier steckte darin. »Was ist das?«
    »Die Einladungen!«, rief Bran und zog ein zweites Papier aus seiner Wolfsmaske. »Ha! Nun sind wir bereit.« Er eilte zum Fenster, zog den Vorhang beiseite und spähte durch die Holzläden. Die Wolken hingen immer noch tief an einem grünlichen Himmel, aber es regnete nicht, und hier und dort kamen sogar ein paar Sonnenstrahlen durch, während allmählich die Dämmerung heraufzog. Menschen schlenderten singend und lachend durch die Straßen.
    »Sobald es dunkel ist, brechen wir auf«, sagte Bran und marschierte im Zimmer auf und ab.
    Made, daran gewöhnt, die Dunkelheit abzuwarten, verstand Brans Ungeduld. Als die Nacht schließlich hereingebrochen war, schob Bran das Fenster zur Seite und stieß den Fensterladen auf.
    »Wünsch mir Glück«, sagte er zu Tubat.
    Der große Mann schrie in seinen Knebel hinein, zerrte an seinen Fesseln und trat mit den Füßen gegen die herumliegenden Kissen.
    Bran half Made, seine Maske aufzusetzen, bevor er seine eigene befestigte. Wieder berührte er sich mit drei Fingern zwischen den Wolfsaugen, an der Schnauze und über seinem Herzen. »Bis jetzt waren die Götter mit uns, mein Freund. Hoffentlich lächeln sie weiterhin auf uns herab.«
    »Und wir werden zurücklächeln«, sagte Made. Bran lachte. Sie kletterten aus dem Fenster in einen kleinen Hof, zogen den Laden wieder zu und schlüpften durch das Gatter auf die Straße. Um sie herum drangen Stimmen und Gelächter aus Häusern, Höfen und Straßen. Andere Menschen in Kostümen strömten in die gleiche Richtung wie sie und schlängelten sich zwischen den Pfützen hindurch. Hirsche, Mammuts und Ringelschwänze, grüne Sittiche, rote Kardinäle und Blauhäher, Panther, Wölfe und Falken - es war, als hätten sich sämtliche Tiere des Waldes in Menschen verwandelt und die Stadt für eine einzige Nacht besetzt.
    Made und Bran ließen sich mit ihnen zu dem Gebäude treiben, das über allen anderen Dächern aufragte. Sie erreichten einen offenen Platz vor dem Schloss, auf dem sich Hunderte kostümierter Leute tummelten wie Bienen in einem Bienenstock. Junge Burschen fegten mit ihren Besen die Pflastersteine trocken. Durch das Dunkel drang aus einem Durchgang zum Schlosshof Licht und beleuchtete den Platz.
    Die Burg stand wie eine Insel in einem kleinen Teich, und der Lichtschein spiegelte sich im Wasser. Ein Durchgang führte zu einer Brücke, flankiert von einem in Stein gemeißelten Dolchzahnlöwen, ähnlich wie die Statuen vor Tubats Haus, aber weitaus größer als das lebende Tier. Er stand, wie Löwen es so tun, über seiner gefallenen Beute, das Maul weit aufgerissen, und brüllte die Aasfresser an.
    Eine wunderschöne Frau in einem orangefarbenen und blauen Gewand, mit einem Federkleid wie ein Sperber, blieb in dem lichtdurchfluteten Eingang stehen. Tief unten in Mades Magen machte sich eine Erinnerung bemerkbar.
    Nachdem der Wachposten ein paar Worte zu ihr gesagt hatte, überquerte sie die Brücke und verschwand im Schloss. Eine Dienerin folgte ihr, mit einem großen Bündel im Arm.
    Der Sperber war Portia, Lady Eleuate, die Frau! Entgegen aller Erwartung war sie an diesem Abend doch anwesend.

Kapitel

Weitere Kostenlose Bücher